Die Liebe kommt auf leisen Pfoten
Sie nicht einfach mich gefragt? Das wäre doch viel einfacher gewesen.“
„Ich wollte Sie nicht stören.“
„Sie stören mich doch nicht, dafür bin ich hier. Aber um noch einmal auf die OP zurück zu kommen. Dreißig bis vierzig Minuten sind der Idealfall. Machen Sie sich keine Sorgen, wenn es etwas länger dauert.“
Tanja schien durch diese Aussage trotzdem nicht sehr beruhigt.
„Wenn Sie wollen, werde ich mich informieren.“
„Ja bitte, das wäre mir sehr recht.“
„In Ordnung. Warten Sie hier, ich komme gleich wieder.“
Die Ärztin verschwand nun im Treppenhaus und kehrte nach ein paar Minuten wieder zurück.
„Also, es ist alles in Ordnung. Da es zu einen kleinen Stau im OP kam, hat es etwas länger gedauert, bis er in Narkose gelegt werden konnte. Außerdem lassen sich die Ärzte Zeit mit der Operation. Schließlich müssen sie kein Wettrennen gewinnen, sondern den Oberschenkel wieder gescheit flicken.“
„Tut mir leid, dass ich Sie umsonst bemüht habe.“
„So war das nicht gemeint. Ich habe gerne nachgefragt. Es ist völlig normal, dass Sie sich Sorgen machen. Wir Ärzte hier vergessen das manchmal, weil es für uns Routine ist.“
„Können Sie auch sagen, wie lange es noch dauern wird?“
„Bis er aus dem OP raus und wach ist, wird es mindestens noch eine Stunde gehen. Dann erst kommt er hier her.“
„Gut, dann werde ich hier weiter warten.“ Tanja kramte weiter in den Zeitschriften, in der Hoffnung, doch noch irgendetwas Interessantes zu Lesen zu finden. Nach etwa einer halben Stunde kam Dr. Maus mit einer Decke zu ihr.
„Ihr Großvater hat die OP gut überstanden. Er ist jetzt im Aufwachraum.“
„Gott sei Dank“, Tanja wäre der Ärztin vor Erleichterung beinah um den Hals gefallen. Sie konnte sich gerade noch bremsen. Außerdem musste sie die Decke entgegen nehmen, die ihr von der Ärztin hingestreckt wurde.
„Tun Sie mir den Gefallen und nehmen Sie für die letzten paar Minuten noch die Decke. Es muss ja nicht sein, dass Sie sich heute Abend mit Gewalt erkälten und ihrem Opa dann morgen was vorhusten.“
„Sie haben recht. Es ist wirklich kalt hier.“ Tanja wickelte die Decke um sich und nahm wieder Platz.
„Wollen Sie noch einen Tee?“
„Nein, danke.“ Warum eigentlich nicht? Vielleicht hätte sich die Ärztin dazu gesetzt? Tanja tadelte sich selbst. Kaum war ihr Opa über den Berg, wollte sie schon mit seiner Ärztin flirten. Das gehörte sich nicht. Auch nicht, wenn jemand so wunderschöne Augen hatte.
„Ist alles in Ordnung?“ Die Frage von Frau Dr. Maus riss sie aus ihren Gedanken. Offenbar hatte Tanja sie die ganze Zeit über angestarrt.
„Ja, natürlich. Ich bin nur froh, dass alles überstanden ist.“
„Gut, dann bis nachher.“
Tanja überlegte sich, was so eine Ärztin wohl die ganze Nacht über zu tun hatte. Ob sie schlafen konnte, wenn nichts los war oder ob sie Patienten überwachen musste? Vielleicht fragte sie sie bei Gelegenheit mal.
Nachdem nun die ganze Anspannung von Tanja abgefallen war, kehrten ihre Gedanken wieder zu ihrem unschönen Arbeitstag zurück. Sofort verschlechterte sich ihre Laune. Sie hatte überhaupt keine Lust, morgen wieder in den Elektronikmarkt zu gehen und sich mit dem Juniorchef herumschlagen zu müssen. Zwar hatten mittlerweile fast alle anderen Mitarbeiter mitbekommen, wie sie ständig von ihm angemacht wurde, aber keine machte den Mund auf. Der Seniorchef bekam von dem allem leider nichts mit. Er hielt seinen Sohn für einen anständigen, fleißigen Burschen und es würde nichts bringen, sich beim Alten über ihn zu beschweren, weil er ihr nicht glauben würde. Am liebsten würde sie ihren Job hinschmeißen, aber mangels Alternative musste sie die Zähne zusammenbeißen und hoffen, dass der Juniorchef von selbst aufhörte.
Während sie noch ihren Gedanken nachging, wurde ihr Opa im Bett über den Gang geschoben. Er hatte die Augen auf, schien aber noch etwas orientierungslos zu sein. Als er im Zimmer an seinen Platz geschoben worden war, ging Tanja noch einmal kurz zu ihm. Er sah ziemlich mitgenommen aus, hatte aber schon etwas Farbe im Gesicht. „Ich komme morgen in der Mittagspause gleich zu Dir.“ Ihr Opa nickte ihr zu und sie verließ leise das Zimmer.
Draußen faltete sie die Decke und brachte sie zum Schwesternzimmer. „Ist Frau Dr. Maus nicht da?“
„Nein, sie ist gerade in einem Patientenzimmer. Aber Sie können die Decke bei mir lassen.“
„Sagen Sie ihr bitte vielen Dank für
Weitere Kostenlose Bücher