Die Liebe kommt auf leisen Pfoten
Tochter nur ungern verlieren wollte, irgendwann müsste sie sowieso den Hof verlassen. Außerdem hatte er seiner Frau am Sterbebett versprochen, dass er für sie einen guten Mann finden würde, bei dem sie versorgt wäre.
Es half alles nichts. Er musste mit seiner Tochter reden. Da er nicht wusste, wie er anfangen sollte, begann er etwas unbeholfen. „Wie war es heute auf dem Feld, meine Kleine?“ Gwen stutzte. ‚Meine Kleine’, das hatte er schon sehr lange nicht mehr zu ihr gesagt. „Wie immer“, antwortete sie deshalb etwas verwirrt.
„Haben die Leute über die Hitze geschimpft?“
„Nicht mehr wie sonst.“
„Haben sie sich den neuesten Klatsch und Tratsch erzählt?“
„Ja, so wie immer eben.“
„Und was gibt es Neues?“ Nun ließ sogar Gwens Großmutter ihre Scheibe Brot sinken. Ihr Schwiegersohn hatte sich noch nie für das Geschwätz der Leute interessiert.
„Was ist los, Papa?“, fragte Gwen direkt. Ihr war nun auch klar, dass irgendwas nicht stimmte.
„Also gut“, ihr Vater hatte eingesehen, dass es keinen Sinn hatte, drum herum zu reden. „Haben die Leute auch von dem Prinzen erzählt, der ins Dorf kommen will?“
„Ja, haben sie. Aber das ist doch nur Blödsinn. Oder Papa?“ Jetzt ließ auch Gwen ihr Essen sinken und sah ihren Vater direkt an.
„Nein, ist es nicht.“ Ihr Vater konnte dem Blick nicht stand halten und sah stattdessen zu Gwens Stiefmutter. Diese hatte sich bis jetzt ganz aus der Unterhaltung raus gehalten. Ihrem Gesicht war jedoch anzusehen, dass sie das Gespräch zu genießen schien. Um ihren Mann aufzufordern, weiter zu sprechen, legte sie ihre Hand auf seine und nickte ihm zu. „Es ist tatsächlich so, dass morgen im Laufe des Tages ein Königssohn in unser Dorf kommen wird.“, fuhr er fort. „Er ist von weit her gekommen, um sich eine Frau in unserem Land zu suchen. Bis jetzt war ihm aber scheinbar noch keine gut genug.“ Gwen fühlte einen kalten Schauer über ihren Rücken laufen. Mit offenem Mund starrte sie ihren Vater an. Sie hoffte immer noch, irgendwo in seinem Gesicht einen Hinweis darauf zu finden, dass er sich einen bösen Scherz erlaubte. Aber die Miene ihres Vater ließ keinen Zweifel, dass er alles ernst meinte.
„Und falls er hier eine Gefährtin findet, wird er nicht nur die Familie der Braut mit einhundert Goldstücken entlohnen, er wird auch das Dorf reich beschenken.“
„Und was habe ich damit zu tun?“ Gwen kannte die Antwort natürlich schon, aber sie wollte es von ihrem Vater selbst hören, dass er sie an irgendeinen Fremden verkaufen würde wie ein Stück Vieh.
„Es werden sich morgen alle Mädchen, die im heiratsfähigen Alter sind, auf dem Dorfplatz versammeln. Der Prinz wird sie persönlich anschauen und auch gleich entscheiden.“
„Du willst mich tatsächlich verkaufen wie auf dem Sklavenmarkt?“ Gwens Augen funkelten vor Wut.
„Jetzt übertreib nicht. So eine Chance bekommst Du nicht wieder. Er ist immerhin ein Prinz und wird Dir viel bieten können.“
„Zum Beispiel eine ordentliche Erziehung“, mischte sich nun ihre Stiefmutter ein.
Gwen sprang vom Stuhl auf. „Aber dass er ein völlig Fremder ist und wir gar nichts über ihn wissen, das ist völlig egal, oder wie?“
„Es wird ein anständiger, junger Mann sein“, sagte ihr Vater, wenn auch mehr, um sich selbst das Gewissen zu beruhigen.
„Ja genau, deshalb muss er auch soweit reisen, um eine Frau zu finden“, warf Gwen ein. In diesem Moment kam ihr wieder in den Sinn, was die anderen auf dem Feld gesagt hatten. „Oder vielleicht liegt es auch nur daran, dass er so hässlich ist, dass ihn in seinem Land niemand heiraten will.“
„Das stimmt doch gar nicht. Du musst nicht alles glauben, was die Leute reden“, ihr Vater wurde langsam etwas ungehalten.
„Es stimmt also nicht, dass bis jetzt noch niemand sein Gesicht gesehen hat?“ Gwen wusste zwar, dass es nur Gerüchte waren, aber in diesem Moment war ihr das egal.
„Jetzt hör mit diesem Theater auf!“, ging ihre Stiefmutter dazwischen. „Schließlich würdest Du in königliche Kreise einheiraten. Da ist es doch ganz egal, wie Dein Gatte aussehen wird.“
„Ich will aber gar nicht in solche Kreise einheiraten“, sagte Gwen trotzig, „ mir gefällt mein Leben so wie es ist.“
„Ich möchte aber nicht, dass Du Dein ganzes Leben im Dreck arbeiten musst oder hungern musst, wenn mal eine Ernte nicht so gut ausfällt. Ich habe es Deiner Mutter versprochen“, versuchte ihr Vater an
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