Die Liebe kommt auf leisen Pfoten
wie er dann jetzt reagiert, wenn Ihr an seine Wunde wollt.“
„Wir werden es herausfinden.“ Anna richtete ein wenig Salbe für Myria zum Mitnehmen. Dann wies sie Gwen an, die Kräuter und Salben mit hinaus zu nehmen und ging an Myrias Arm langsam zu dem Hengst. Myria führte die alte Frau erst einmal vor das Tier und sprach beruhigend auf ihn ein. Dann führte sie die Hand der Frau zu seinem Kopf. Zu ihrem Erstaunen schien der Hengst keineswegs nervös zu sein. Im Gegenteil, er schien Gwens Großmutter voll zu vertrauen. Dennoch blieb Myria auf der Hut, als Anna sich seinem Hinterfuß näherte.
„Euer Pferd scheint eine genauso gute Wundheilung wie Ihr zu haben. Auch hier hat sich nichts entzündet. Versucht ihn jetzt aber bitte ein wenig abzulenken. Ich möchte ihm eine schmerzstillende Salbe auftragen. Das wird zunächst wahrscheinlich ein wenig unangenehm für ihn. Ich möchte nicht, dass er sich erschreckt.“ Während Myria noch überlegte, wie sie ihn ablenken sollte, streckte Gwen ihr eine Hand voll Hafer hin. „Wunderbar, genauso etwas in der Art habe ich gesucht.“
„Wir sind nun mal gute Gastgeber“, lächelte Gwen sie an.
Anna gab Myria das Zeichen und sie hielt ihrem Pferd den Hafer hin. Kaum strecke ihr Hengst sein Maul danach aus, begann Gwens Oma, die Salbe aufzutragen. Casper zuckte kurz zusammen und versuchte, seinen Hintern außer Reichweite zu bringen. Aber die alte Frau sprang zu Gwens und Myrias Erstaunen flink hinterher und schaffte es, auch den Rest der Salbe aufzubringen.
„So, das hätten wir geschafft“, triumphierte die Oma. „Jetzt müsst ihr nur noch darauf achten, dass die Wunde sauber bleibt. Es wird ihm noch ein oder zwei Tage etwas weh tun, aber wie ich ihn einschätze, ist er hart im nehmen. Wie seine Besitzerin.“ Bei diesen Worten blickte sie Myria tief in die Augen. Die wusste gar nicht, wie ihr geschieht. Sie hatte das Gefühl, als drang die alte Frau immer tiefer in sie vor und sie konnte sich auch nicht dagegen wehren.
„Was läuft denn hier für ein Schauspiel? Werden wir nun auch noch eine Anlaufstation für Landstreicher?“ Myria wurde wieder ins Hier und Jetzt zurückgeschleudert. Sie brauchte einen Moment, um sich zu erinnern, wo sie eigentlich war.
„Sie ist keine Landstreicherin!“ Gwen stellte sich wütend einer vornehm gekleideten Frau entgegen, die plötzlich vor dem Hof stand. „Sie ist die Botin eines reichen Kaufmannes.“
„Eine Frau in Hosen? Ha, wie lächerlich.“
„Es ist wirklich beschämend, wie Du Dich unseren Gästen gegenüber benimmst, Klara“, in Gwens Stimme war unterdrückter Zorn zu hören.
„Nenn` mich nicht Klara. Ich bin Deine Mutter!“
„Du bist nicht meine Mutter. Du bist nur die Frau, die mein Vater leider geheiratet hat.“
„So lasse ich nicht mit mir reden!“, schrie die andere Frau Gwen an.
„Was ist denn hier schon wieder los?“ Nun kam auch noch ein älterer Mann hinzu, der sich zwischen die beiden Streitenden stellte.
„Deine Tochter behandelt mich wieder einmal respektlos“, keifte die Frau.
„Und Deine Frau führt sich wieder einmal auf, als wäre sie die Königin persönlich!“, warf Gwen zurück.
Myria folgte dem Schauspiel mit offenem Mund und versuchte derweil, ihr Pferd fest an den Zügeln zu halten. Dieses Geschrei machte ihn nun wirklich ein bisschen nervös. Sie selbst fühlte sich ebenfalls etwas unwohl und sah Hilfe suchend zu Anna. Die nahm das alles jedoch scheinbar ohne große Regung auf und zuckte nur mit den Schultern. „Das ist fast immer so, wenn die beiden aufeinander treffen“, flüsterte sie Myria zu.
„Jetzt beruhigt Euch endlich und geht auseinander!“ Der Mann versuchte es wie ein Machtwort anhören zu lassen, aber es schien nicht recht zu wirken.
„Es ist unerhört Gunther, dass Deine Tochter so mit mir spricht, noch dazu vor Fremden“, keifte seine Frau.
„Und es ist auch unmöglich, wie Deine Frau sich unseren Gästen gegenüber verhält, Vater“, sagte dann Gwen, wenn auch mehr an ihre Stiefmutter als an ihren Vater gerichtet.
„Genug jetzt, ich will nichts mehr hören“, sagte Gwens Vater. Diesmal mit etwas mehr Bestimmtheit in seiner Stimme.
„Ich glaube, ich gehe dann mal besser“, Myria kramte in ihrer Tasche. Sie streckte der Großmutter zwei Silbermünzen hin. Vielen Dank für alles.
„Das ist viel zu viel, das kann ich nicht annehmen“, wehrte Anna ab.
„Dann nehmt wenigsten eine Münze an. Ich möchte nicht, dass Ihr denkt, dass ich
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