Die Liebe Und Wie Sich Leidenschaft Erklaert
zweimal, dann verbeugen
sie sich zweimal tief und reiben wieder zweimal den Kopf, usw.
Den Rhythmus bestimmt jedes Paar selbst. Der Tanz ist ein Test: Je genauer es den beiden gelingt, einen gemeinsamen Takt zu finden, umso besser, glauben die Medlpa, passt das Paar zusammen. [63]
Tausende von Kilometern von Neuguinea entfernt, in amerikanischen Bars, konnten die Flirtforscher Givens und Perper ein ganz ähnliches Ritual beobachten. Im Laufe der Begegnung zwischen Mann und Frau stimmen beide ihre Bewegungen immer harmonischer aufeinander ab, bis es, wie bei den Medlpa, zu einem regelrechten Werbetanz kommt. Nach Perpers Auffassung stellt diese vierte Phase die höchste Stufe der Verführung dar.
Das erscheint Ihnen unglaubwürdig? Ein Werbetanz als Balzgebaren in einer Cocktail-Bar? Wer macht sich schon so lächerlich!
Nun, es beginnt auch alles ganz unscheinbar, zum Beispiel: Sie lehnt sich in ihrem Stuhl zurück, er folgt. Dann lösen sie sich wieder ... Das Körper-Echo wiederholt sich, wobei die Phasen, in denen die zwei auf der gleichen Wellenlänge schwingen, immer länger dauern.
Er greift zu seinem Glas, sie nimmt ihrs. Sie schlägt die Beine übereinander, er ebenfalls. Bald wirkt es, als hätte man einen Spiegel zwischen die beiden gestellt. Der Höhepunkt des Werbetanzes ist dann erreicht, wenn die Körper in einen vollkommenen Gleichtakt geraten, als wollten sie sich sagen: Ich empfinde ähnlich wie du. [64]
Neuere Studien bestätigen einerseits, dass es im Verlauf eines Flirts tatsächlich zu einem gegenseitigen Einklang des Verhaltens kommen kann. Andererseits zeigen sie, dass der Takt eines Paares nicht immer ganz so offensichtlich sein muss. Er kann sich auch im Verborgenen abspielen.
Mit Hilfe von Computeranalysen brachten Karl Grammer und seine Kollegen selbst diese fürs bloße Auge verborgenen Verhaltensmuster zum Vorschein. Das Computerprogramm ist in der Lage, aus einer »Flirtszene« sich wiederholende Interaktionsmuster zwischen Mann und Frau herauszufiltern.
Dabei entdeckten die Forscher, dass jedes Paar seine ganz individuelle Choreographie der Liebe entwickelt. Legt er zum Beispiel seine Arme in den Nacken, bewegt sie, nach einem gewissen Zeitabstand, ihre linke Hand auf die Stuhllehne. Hat die Frau Interesse an ihrem Gegenüber, werden diese Muster komplexer, und sie wiederholen sich häufiger. Er legt die Arme in den Nacken, sie ihre Hand auf den Stuhl, woraufhin er sich zurücklehnt und sie mit einem Überkreuzen der Beine kontert. Hält die Frau den Mann für einen Langweiler, sind solche Choreographien selten, und wenn sie überhaupt auftauchen, bleiben sie kurz und einfach.
Während sich ein Paar also näher kommt, stimmt es sich nicht nur im Gespräch aufeinander ab. Auch die Körper kommunizieren. In einer Geheimsprache teilen sie sich mit, ob die Chemie stimmt. Es ist was dran, lautet deshalb das Fazit der Forscher, an den viel beschworenen »good vibrations« zwischen Mann und Frau. [65]
Er wirbt, sie wählt
Verführen und verführt werden – was uns wie ein Spiel vorkommt, ist bereits der erste Schritt zu einer Lösung von Platons Problem. Keiner denkt beim Blickkontakt in der Bar oder wo auch immer daran, dass er nun bald irgendwelche »Stufen« durchlaufen wird. Aus unserer Sicht funkt es ganz einfach oder nicht.
Genauso wenig wird uns beim Verführen bewusst, was die Natur damit eigentlich im Sinn haben könnte. Warum gibt es das Flirten überhaupt? Weil es den Reiz erhöht und wir unseren Spaß daran haben? Klar, aber nicht nur. Beim Spiel zwischen den Geschlechtern handelt es sich auch um eine höchst ernste Angelegenheit der Evolution, was nicht heißt, dass wir es nicht trotzdem genießen können.
Werfen wir, nachdem wir uns die Psychologie des Flirtens angesehen haben, einen Blick auf die biologische Funktion der Verführung. Aus dieser Perspektive ist das Flirten – vom ersten Blick bis zum Werbetanz – der Versuch, einen potenziellen Partner
anzulocken, um dabei eine einzige Frage zu beantworten: Ist er oder sie, im Sinne Platons, die richtige andere Hälfte für mich?
Um das besser zu verstehen, ist es hilfreich, ein paar Millionen Jahre zurück in die Zeit zu gehen und sich in die Lage unserer haarigen Ahnen in der Savanne Afrikas zu versetzen. Bitte verstehen Sie das folgende Szenario als eine Art Science-Fiction-Reise in die Vergangenheit, nicht als hundertprozentig gesicherte Wahrheit. Keiner war dabei, als aus unseren Keulen schwingenden Vorfahren
Weitere Kostenlose Bücher