Die Liebe Und Wie Sich Leidenschaft Erklaert
andere Geschlecht zu beeindrucken. An der Wiege unserer Zivilisation stand das Flirten.
Kapitel 2 Die Chemie der Schönheit
Welche Rolle spielt das Aussehen?
Stanford, Kalifornien, wir schreiben das Jahr 1963 . Elaine Hatfield hat gerade ihre Doktorarbeit an der US -Elite-Universität abgeschlossen und steht vor dem akademischen Aus. Frustriert muss sie mit ansehen, wie viele ihrer männlichen Kommilitonen begehrte Professuren angeboten bekommen. Und sie?
Für sie gibt es einen Job im Studentenbüro der Universität von Minnesota. Ihre Aufgabe dort besteht darin, eine Willkommenswoche für Erstsemestler (»Freshman Welcome Week«) zu organisieren. Die meisten amerikanischen Hochschulen veranstalten solche Einführungstage, zur ersten Orientierung und vor allem: um sich gegenseitig kennen zu lernen. Üblicherweise endet die Woche mit einem kleinen Fest.
Die junge Frau aber will nicht feiern, sondern forschen. Und so verwandelt sie das Fest kurzerhand in einen Versuch.
Was sie verkündet, muss den verblüfften Erstsemestlern geradezu futuristisch in den Ohren geklungen haben. Die Forscherin verspricht ihnen einen Tanzabend mit einem Partner, den ein IBM -Computer eigens für sie ausgesucht hat (zum Vergleich: Der erste PC von IBM kam in Deutschland 1983 auf den Markt! [72] . Die Studenten sollen lediglich ein paar Persönlichkeitstests ausfüllen, die Maschine wird dann, passend zu den Daten, das perfekte Date berechnen.
Selbstverständlich ist das alles geflunkert. Hatfield und ihr Team ziehen die Namen der Personen, die zum Tanzpaar werden sollen, aus einem Goldfischglas. Die Studenten werden rein zufällig zusammengewürfelt. Doch die Informationen, die sie »dem Computer« anvertraut haben, versetzen die Forscher in die Lage,
von jedem der Erstsemestler ein detailliertes Persönlichkeitsprofil zu erstellen. Darüber hinaus beschaffen sich die Wissenschaftler die Schulnoten der Studenten sowie deren Ergebnisse eines Eignungstest für die Universität, einer Art IQ -Test.
Wozu der Aufwand? Nur, um die Antwort auf eine Frage zu bekommen: Worin besteht das Geheimnis der Anziehungskraft? Welche Eigenschaft, fragt sich Frau Hatfield, ist es, von der sich das jeweils andere Geschlecht besonders beeindrucken lässt? Intelligenz? Soziale Kompetenz? Selbstbewusstsein? Erst im letzten Moment fällt der Forscherin noch ein Faktor ein: Natürlich könnte auch die äußere Erscheinung eine Rolle spielen. Also lässt sie beim Verkauf des Tickets jeden der Studenten von den »Ticketverkäufern« insgeheim danach beurteilen, wie gut sie aussehen.
Die Studenten sind begeistert. Über 600 erscheinen zur Feier, viele bereits mit ihrem Date. Es wird getanzt, geredet, und man lernt sich kennen. Während einer Pause um 22 Uhr 30 kommt es zum Moment der Wahrheit: Hatfields Mitarbeiter schwärmen aus, um die Erstsemestler – einzeln – nach dem Eindruck ihres »Computerpartners« zu befragen.
Die Antworten der Studenten stellen für alle eine große Ernüchterung dar: »Wir hofften, sie würden so vernünftig sein und die Intelligenz, den Charakter oder die Freundlichkeit ihres Tanzpartners berücksichtigen, oder vielleicht gemeinsame Interessen«, hat mir die Psychologin erzählt.
Doch nichts dergleichen. Ob die Erstsemestler von ihrem Partner beeindruckt sind, ob sie ihn wieder sehen wollen, hängt, egal, ob die Forscher eine Frau oder einen Mann befragen, nur von einer einzigen Sache ab: dem Aussehen. [73]
Dieser Befund markiert die Geburtsstunde der modernen Attraktivitätsforschung. Zunächst nahmen viele ältere Kollegen das Ergebnis der jungen Außenseiterin nicht sonderlich ernst. Niemand, auch Hatfield selbst nicht, konnte damals ahnen, dass der Schönheitsforschung noch eine große Karriere bevorstand, in dessen Verlauf so manches Geheimnis der menschlichen Psyche ans Licht kommen sollte.
Heute, rund 40 Jahre nach ihrer Pionierarbeit, ist Elaine Hatfield
keine Außenseiterin mehr. Längst forscht sie auf der Sonnenseite des Lebens: Sie ist Psychologieprofessorin an der Universität von Hawaii, Autorin mehrer Wissenschaftsbücher und eine der renommiertesten Forscherinnen ihres Fachs, der Liebe.
Schönheit als Empfehlungsbrief
Schon Aristoteles ( 384 – 322 v. Chr.), Platons langjähriger Schüler, behauptete: Schönheit ist besser als jeder Empfehlungsbrief. [74] Die Wissenschaft kann dem griechischen Denker mittlerweile uneingeschränkt Recht geben. Bei unserer Suche nach einer passenden Hälfte lassen wir
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