Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Liebe Und Wie Sich Leidenschaft Erklaert

Die Liebe Und Wie Sich Leidenschaft Erklaert

Titel: Die Liebe Und Wie Sich Leidenschaft Erklaert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bas Kast
Vom Netzwerk:
anders erklären. Sie denken anders.
    Paare, die nicht allzu gute Aussichten auf ein gemeinsames Glück haben, neigen zu einem vorwurfvollen Denkstil, wie in Reaktion A. Missgeschicke ihres Partners legen sie als Charakterdefizite aus. »Mein Partner kommt nicht nur jetzt zu spät, sondern immer, das ist typisch für ihn«, sagen sie sich. »Außerdem ist er nicht nur in dieser Hinsicht unzuverlässig, sondern in jeder.« Das lässt dann meist nur noch einen Schluss zu: »Mein Partner ist einfach ein Egoist.« Das Verhängnisvolle ist: Auch positive Verhaltensweisen werden in das destruktive Denkmuster gezwängt. Kommt der Partner rechtzeitig, wird das nicht etwa als Gegenbeweis in Betracht gezogen, sondern den Umständen, dem Zufall oder sogar selbstsüchtigen Motiven zugeschrieben, nach dem Motto: »Na gut, jetzt ist er zwar pünktlich, aber doch nur weil er den Anfang des Fußballspiels nicht verpassen möchte! Mistkerl!«
    Glückliche Paare argumentieren genau umgekehrt. Wenn etwas schief läuft, schieben sie das auf äußere Umstände statt auf den Partner, wie in Reaktion B. Wenn sie ihn kritisiert, schlussfolgert er nicht sofort: »Schlampe! So etwas sagt keiner zu mir!«, sondern eher: »Sie steht ja auch sehr unter Stress in letzter Zeit, ich kenne das, es geht mir manchmal genauso.« Positive Verhaltensweisen deuten sie als Zeichen des guten Charakters des anderen. Bringt er Blumen mit, denkt sie nicht: »Ja, schon klar, jetzt gibt’s den Blumenstrauß, weil er sein schlechtes Gewissen loswerden
will«, sondern: »Er hat mir Blumen geschenkt, weil er ein charmanter Mann ist.« [270]
    Studien legen nahe, dass die Art und Weise, wie wir uns das Verhalten unseres Partners erklären, entscheidend zum Erfolg oder Misserfolg unserer Beziehung beiträgt.
    Unser Denkstil bestimmt zum Beispiel, wie wir uns streiten. In einem Versuch baten die Beziehungsforscher Thomas Bradbury und Frank Fincham 47 Ehepaare ins Labor, um, wie üblich, vor laufender Kamera einen ihrer ewigen Konflikte zu diskutieren. Zuvor klopften die Forscher mit Hilfe eines Fragebogens den Denkstil der Probanden ab.
    Der Befund war eindeutig: Paare, die dazu tendierten, Probleme der Partnerschaft auf äußere Umstände und nicht auf den Charakter des Lebensgefährten zu schieben, zeigten während des Wortgefechts weitaus weniger negative Verhaltensweisen. Vor allem den Frauen mit einem positiven Erklärungsstil war es zu verdanken, wenn der Konflikt nicht eskalierte. [271]
    Das heißt: Es gibt ein Rezept dafür, wie Sie den Streitereien mit Ihrem Partner, die es immer geben wird, die Schärfe nehmen können. Mit Hilfe dieses Rezepts werden Sie Ihre Konflikte konstruktiver lösen. Dieses Rezept lautet: Sie müssen lernen, die Verhaltensweisen Ihres Partners in ein positives Licht zu stellen. »Das große Geheimnis jeder guten Ehe ist, jeden Unglücksfall als Zwischenfall und keinen Zwischenfall als Unglücksfall zu behandeln«, sagte schon der britische Diplomat Harold Nicolson ( 1886 bis 1968 ). [272] Da kann die Wissenschaft nur zustimmen. Wenn Sie die Maxime des Diplomaten beherzigen, wird Ihnen das nicht nur in Konfliktsituationen helfen. Sie werden Ihre Beziehung insgesamt glücklicher gestalten. So entdeckten die Psychologen Bradbury und Fincham in einer Langzeitstudie an rund 100 Ehepaaren, dass diejenigen, die das Verhalten ihres Partners am Anfang der einjährigen Beobachtungszeit günstig auslegten, am Ende glücklicher mit ihrer Ehe waren. [273]

Der Negativdetektor im Kopf
    Schon gut. An dieser Stelle wollen wir den Pessimisten in uns auch mal zu Wort kommen lassen. Er zweifelt nämlich, ist anderer Meinung, protestiert. Er findet uns naiv. Er sagt: Positiver Denkstil, das ist ja rührend! Aber können Sie mir vielleicht auch verraten, wie ich das machen soll?
    Was also ist, wenn jemand nun mal zum Negativen neigt? Was dann? Ist es nicht sinnlos, diesem Menschen zu sagen, er solle das Verhalten seines Partners freundlich statt feindselig deuten? Er solle sich gar einen positiven Denkstil zulegen? Der Denkstil ist schließlich eine Charakter-, eine Erziehungssache, eine Sache der Gene, was auch immer, auf jeden Fall etwas, das sich nicht so leicht ändern lässt!
    Daran ist etwas Wahres. Und doch: Wir sind es, die das Verhalten unseres Partners deuten. Wir nehmen unseren Partner so wahr, wie wir ihn wahrnehmen. Nicht, wie er ist. Wir haben bei der Wahrnehmung unseres Partners die Wahl, unsere Aufmerksamkeit auf das Gute oder immer nur

Weitere Kostenlose Bücher