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Die liebe Verwandtschaft

Die liebe Verwandtschaft

Titel: Die liebe Verwandtschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
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älter geworden und ihre Geisteskräfte lassen nach. Ich versuchte alle möglichen Ausflüchte, das zu verhindern, erkannte aber bald, dass es gescheiter wäre, das Ei zu nehmen, als den Bus zu versäumen. Ich nahm das Ei und verabschiedete mich. Da ein erwachsener Mensch, der mit einem Ei in der Hand daherkommt, auf seine Umwelt vielleicht ein wenig seltsam wirkt, ließ ich das Ei in meine Aktentasche gleiten.
    War schon das ein schwerer Fehler, so beging ich einen noch schwereren, als ich, nach einer Viertelstunde Warten auf den Bus und nach all dem Gedränge beim Einsteigen und im Bus selbst, völlig vergaß, dass sich in meiner Aktentasche ein rohes Ei befand.
    Ein leises Splittern erinnerte mich daran.
    Ich steckte meine Hand in die Aktentasche, wo sie auf etwas Klebriges traf. Als ich sie herauszog, war sie von kränklich gelber Färbung. Ich versuchte sie mit dem anderen Ärmel abzuwischen, denn ich besitze glücklicherweise zwei Ärmel und hatte daraufhin außer einer gelben Hand auch noch einen gelben Ärmel.
    Der Versuch, mit dem Taschentuch in der gelben Hand den gelben Ärmel zu säubern, hatte zur Folge, dass jetzt der größere Teil meiner äußeren Erscheinung gelb war. In meiner rechten Hosentasche musste sich ebenfalls ein wenig Gelb angesiedelt haben. Schüchtern, wie ich bin, hatte ich alle diese Operationen so unauffällig wie möglich durchgeführt und in der Hoffnung, niemand habe etwas bemerkt.
    »Es tropft!«, hörte ich direkt hinter mir eine ungehaltene Männerstimme.
    Offenbar war Tante Ilkas Original-Ei durch die Nähte der Aktentasche hindurchgesickert und tropfte jetzt auf die wunderschönen, hocheleganten Schlangenlederhalbschuhe meines Hintermanns.
    »Was ist das, zum Teufel?«, fauchte er und rieb das Schlangenleder mit seinem Handschuh ab.
    »Es ist ein Ei«, antwortete ich wahrheitsgemäß. »Entschuldigen Sie bitte.«
    Der Mann tat mir von Herzen leid. Das Ei ließ ihn einen ähnlichen Schmerzensweg durchlaufen wie vorher mich: vom Schlangenleder zum Handschuh, vom ersten Handschuh zum zweiten, vom zweiten Handschuh zum Taschentuch und vom Taschentuch – dies allerdings schon unabsichtlich – an die scharf hervorspringende Nase einer knochigen Dame, die unter lautem Gackern die Eierspuren mit ihrem Seidenschal wegzuputzen begann. Nun sind Eierspuren bekanntlich sehr klebefreudig, so dass auf dem Schal in kürzester Zeit ein anmutiges Dottermuster prangte. Die Knochige hielt den Schal zwischen Daumen und Zeigefinger angeekelt von sich weg.
    »Ruhe!« Es klang autoritär und befehlsgewohnt von links. »Alles bleibt ruhig! Keine Bewegung!«
    Höchste Zeit, dass jemand das Kommando übernahm. Vielleicht war es ein General der Reserve. Die Fahrgäste nahmen Haltung an.
    Schon machte ich mir Hoffnungen, dass das Schlimmste vorbei sei, als ich einen unwiderstehlichen Drang zum Niesen verspürte.
    Ich musste ihm nachgeben und griff instinktiv nach meinem Taschentuch.
    Rings um mich entstand Panik.
    »Rühren Sie mich nicht an!«, kreischte eine dicke Frau, als hätte ich mich ihr unsittlich genähert. Auch die übrigen Fahrgäste gingen auf feindselige Distanz. Allmählich kam ich mir wie ein Aussätziger vor.
    »Hören Sie, Mann«, sagte der General, der mit seinen zwei gelben Streifen auf der Stirn wie ein indianischer Medizinmann aussah. »Möchten Sie nicht den Bus verlassen?«
    »Fällt mir nicht ein«, gab ich wagemutig zurück. »Ich habe noch drei Stationen zu fahren.«
    Aber die Menge schlug sich auf die Seite des Generals und brach in laute Aufmunterungsrufe aus, als er, vom Schlangenleder unterstützt, Anstalten traf, mich gewaltsam aus dem Bus zu befördern. Wieder einmal stand ich allein gegen die öffentliche Meinung.
    Da schritt ich zur Tat. Blitzschnell tauchte ich meine Hände in die Aktentasche, erst die rechte, dann die linke und hielt sie tropfend hoch.
    »So, jetzt könnt ihr mich hinauswerfen«, rief ich.
    Murrend wich der Mob zurück. Ich hatte den Wagen in meiner Gewalt. Gebt mir einen Korb mit rohen Eiern und ich erobere die Welt.
    Aus der Schar der angstvoll Zusammengedrängten ertönten zaghafte Stimmen.
    »Bitte, lieber Herr«, baten sie. »Würden Sie so gut sein und wenigstens die Aktentasche wegtun? Bitte!«
    »Na schön. Warum nicht.«
    An meinem Großmut hat noch niemand vergebens appelliert. Ich bückte mich nach der Aktentasche.
    In diesem Augenblick fuhr der Bus über ein Schlagloch.
    Im Vergleich zu dem, was nun folgte, ist eine Slapstickposse aus

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