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Die liebe Verwandtschaft

Die liebe Verwandtschaft

Titel: Die liebe Verwandtschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
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Oder: »Was trödelst du schon wieder herum? Hast du keine Hausaufgaben aufbekommen?«
    »Nein«, kommt prompt die Antwort, »unser Lateinlehrer lässt sich morgen scheiden.«
    »Immer diese dummen Ausreden«, antwortet Papi dann und kehrt beschwingt zu seinem Schreibtisch zurück, bewaffnet mit der Idee zu einer hervorragenden Humoreske über einen frustrierten Lateinlehrer, der sich scheiden lässt, weil … weil seine rotzfrechen Schüler in seinem Namen eine Heiratsannonce in die Zeitung gesetzt haben …
    Die lustige Geschichte erscheint in der Zeitung und tags darauf erscheint der Rotschopf an meiner Tür und kündigt mir an:
    »Der Lateinlehrer möchte mit dir sprechen.«
    Meine Kinder geben sich aber keineswegs damit zufrieden, literarische Quelle zu sein. Im Gegenteil, meine schriftstellerischen Ergüsse werden von ihnen laufend kontrolliert, aber nicht etwa, weil sie meine Texte gern lesen. Keineswegs. Mit gerunzelter Stirn wird Wort für Wort geprüft und nicht der Anflug eines Lächelns, geschweige denn ein anerkennendes Wort kommt über ihre Lippen, alles dient nur dem juristischen Ziel, eine Verleumdung zu entdecken. Und ihre Mutter macht mit ihnen gemeinsame Sache.
    »Ich habe schon Klügeres gelesen«, lautet die Literaturkritik, wenn ich Glück habe. Der Lieblingskommentar meiner zartbesaiteten Gattin ist: »Die Schlusspointe ist dir aber total danebengeraten« und ein Standardzitat meiner Tochter: »Papa, gib’s auf.«
    Gern haben sie nur die Illustrationen, auf denen sie gut zu erkennen sind.
    »Könntest du deinem Zeichner nicht endlich beibringen«, klagt nur Raphael immer wieder, »dass ich noch nie Sommersprossen gehabt habe.«
    Für die Kinder ist es ganz normal, dass sie in Zeitungen abgebildet sind, dass ihre Porträts die Titelseiten von Büchern schmücken und dass ihr Vater manche abenteuerliche Geschichte über sie schreibt. Es ist für sie nichts Besonderes, bekannt zu sein. Wenn Renana auf der Straße angesprochen wird: »Bist du nicht zufällig …«, antwortet die Kleine: »Selbstverständlich.«
    Habe ich schon erwähnt, dass sie rote Haare hat?
    Kritik höre ich auch, wenn ich meine literarische Gunst ungleich verteile.
    »Papa«, klagt dann Amir vorwurfsvoll, »als Rafiin meinem Alter war, hast du viel öfter über ihn geschrieben als über mich heute.«
    Ja, sie sind ziemlich eingebildet, diese Ministars an meinem Familienhimmel. Aber da ich sie auf dem Altar des hebräischen Humors geopfert habe, kann ich keine große Dankbarkeit erwarten.
    Ich werde mich dem Wunsch der besten Ehefrau von allen endlich beugen, die kürzlich ein Machtwort sprach.
    »Ephraim«, meinte sie zu ihrer größtmöglichen Höhe aufgerichtet, »hör auf, uns zu Allgemeingut zu machen. Such dir gefälligst neue Helden.«
    Ich werde wirklich aufhören. Nach dem nächsten Buch, meine ich.

Der archaische Großvater oder Schonzeit für Regenschirme
    Es war einmal eine Großfamilie, die in einer ziemlich engen Wohnung hauste. Sie bestand aus Vätern und Müttern, Kindern und Enkeln und einem Großvater. Sie alle lebten glücklich und in Eintracht, obwohl Großvater schon 529 Jahre alt war und einige Macken hatte, die in diesem Alter jedoch nicht ungewöhnlich sind.
    Großvater hatte zum Beispiel ein Zimmer, in das niemand hineindurfte. Deshalb war dieses Zimmer in den letzten 200 Jahren auch nicht mehr sauber gemacht worden. Auch die Fensterläden waren immer geschlossen. Großvater fühlte sich eben nur in seinem dunklen Kämmerchen wohl. Mühsam war nur, dass er auch von den anderen Familienmitgliedern verlangte, die Fensterläden vor der verdammten Sonne zu schließen, die sich seiner Meinung nach nicht nur um die Erde drehte, sondern auch die Nacht verkürzte. Er verbot auch elektrischen Strom im Hause, denn Großvater hatte schließlich anno 1465 das Licht der Welt erblickt und damals war Kerzenlicht in Mode gewesen.
    Die Familie litt schwer unter Großvater, aber niemand wagte, ihm zu widersprechen, da der kleinere, erst 400jährige Bruder Großvaters immer ein wenig Geld aus dem Ausland schickte. Man tröstete sich: »Nur Geduld. Wir sind jung, er ist alt. Irgendwann wird uns Großvater ja doch einmal, Gott behüte, verlassen.«
    Nein, es war nicht einfach, mit Großvater auszukommen. Er hatte recht sonderbare Ansichten und war man damit nicht einverstanden, so fluchte er ganz schrecklich, zertrümmerte Fensterscheiben und verbrannte die Möbel. Er verbot der Familie auch Kartoffeln zu essen, da sie in

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