Die Liebe zu Rosen mit Dornen
rot-weià geblümten Kleid. »Gehst du nicht mit?«
Ich schüttle den Kopf. »Es ist deprimierend, die Sämlinge rauszureiÃen. Als müsste man den Weihnachtsschmuck wegräumen.«
Mom nickt, und das Eis in ihrem Tee klirrt. Sie sieht zum Haus der alten Mrs Allen hinüber. »Ich wette, ich könnte ihre Sympathie gewinnen.« Mom trinkt von ihrem Tee.
»Tu dir keinen Zwang an.« Wenn irgendwer es könnte, dann meine Mom. »Ich fürchte, ich finde bei ihr nicht den richtigen Ton.«
»Tante Gal?« Riley kommt um die Hausecke gerannt. »Das musst du dir ansehen. Im Gewächshaus.«
Ich springe auf, in Panik. »Was ist?«
»Komm mit!« Riley macht kehrt. Ich haste ihr hinterher, woraufhin meine Mom schreit: »Langsam! Nicht dass du fällst.« Ich komme mir vor wie ein kleines Kind, das seiner Mutter vorausläuft.
Riley führt mich zu den eingetopften Sämlingen. Sie zeigt auf einen ganz links.
»Was ist damit?« Ich sehe nur die Rückseite einer violetten Blume. »Die ist ganz normal violett. Von denen habe ich ein halbes Dutzend.«
Sie dreht die Blüte, damit ich sie betrachten kann. Diese ist nicht nur violett, sondern hellviolett mit weiÃen Punkten, dazu der rote Fleck. Ich gebe einen Laut von mir. Einen entzückten Laut.
»Riech mal dran«, sagt sie.
Ich schnüffle.
Eine SüÃe steigt auf, kriecht bis in mein Gehirn, hinter meine Augen. Ich atme tief und gierig. Diesmal entdecke ich eine leichte Schärfe, wie von Paprika. Sie duftet wunderbar.
Ich muss mich setzen.
Ein Bild entsteht in meinem Kopf. Meine Schwester Becky und ich, wie wir uns im Garten unserer GroÃmutter bei den Händen halten. Wie wir Pfirsiche essen und unsere Kleider bekleckern, mit klebrigen Gesichtern. Meine Mutter wischt uns mit mildem Tadel sauber. Mein GroÃvater schenkt jedem von uns ein kleines Holzauto, das er selbst geschnitzt hat.
Mir kommen die Tränen.
Plötzlich vermisse ich meine Schwester.
Das habe ich, glaube ich, noch nie.
Unablässig beklage ich mich, dass sie mir keine gute Schwester ist, aber was habe ich für sie getan? Was für eine Schwester war ich ihr? Darauf weià ich keine Antwort.
»Tante Gal? Gefällt sie dir nicht?« Riley beugt sich über mich.
»Ich finde eigentlich auch, dass sie ganz gut riecht«, sagt Dad, der kaum jemals irgendeinen Geruch kommentiert, ob gut oder schlecht. Er wischt seine Hände an der Jeans ab.
SchlieÃlich taucht auch meine Mutter im Gewächshaus auf. Alle drei stehen da, halten die Luft an und warten, was ich sage.
Ich schnappe nach der kühlen Abendluft und bewundere die makellosen, leuchtend grünen Blätter und die veilchenblauen Blüten. »Sie ist perfekt«, bringe ich hervor. Ich streiche mir durch die Haare. »Sie ist perfekt.«
Sie jubeln und klopfen mir auf die Schulter. Meine Familie, alle versammelt. Eine fehlt.
Wahrscheinlich würde sie sich sowieso nicht für mich freuen, sage ich mir, und den ganzen Aufstand nicht verstehen.
Oder vielleicht doch.
34
Ich muss die Hulthemia im Auge behalten. Sie sollte noch mal neue Blüten treiben. Wenn ich Glück habe.
Ich glaube daran.
Ich treffe eine Entscheidung. Die American Rose Society hält ihr jährliches Treffen in diesem Herbst in Los Angeles ab. Ich werde sie anmelden, damit sie für den Internationalen Testgarten in Betracht gezogen wird, eine zweijährige Prüfung, bei der die Rosen unterschiedlichen klimatischen Bedingungen ausgesetzt werden.
Noch habe ich mich nicht für einen Namen entschieden. Ihre Kreuzungsnummer ist G213, aber sie hat einen richtigen Namen verdient.
»Kannst du sie so registrieren lassen wie Byron seine?«, fragt Riley. Sie sitzt am Schreibtisch und blättert in meinem Kreuzungsbuch herum.
»Zu teuer für mich. Meine beste Möglichkeit ist die Bewerbung bei der American Rose Society. Um zu sehen, wie sie sich in kälterem Klima verhält.«
»Was glaubst du denn, wie sie sich in anderen Gegenden macht?«
»Keine Ahnung. Wir müssen noch ein paar mehr davon ziehen und es rausfinden.«
»Was ist, wenn die Bewerbung nicht angenommen wird?«
»Dann mach ich es selbst.« Eisige Temperaturen könnte ich zum Beispiel erzeugen, indem ich sie im Kühlschrank deponiere.
Sie hört auf zu blättern. »Meinst du, Byron würde die Kosten für die Registrierung
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