Die Liebe zu Rosen mit Dornen
ich hätte dabei kein schlechtes Gewissen wie er.
Ich zücke die Karten. »Was möchten Sie spielen?«
»Cribbage?«
»Klar.« Mein Vater hat es mir beigebracht, als ich klein war.
Wir stellen das Brett mit den Löchern auf und legen die Stifte bereit, mit denen der Punktestand angezeigt wird.
»Wie ist denn bei Ihnen so der Stand der Dinge, Miss Garner?« Er gibt jedem von uns sechs Karten.
»Was meinen Sie?«
»Sind Sie Ihrer Niere schon näher gekommen?«
Ich lache. »Darauf habe ich keinen Einfluss.«
Er tippt an seine Schläfe. »Denken Sie positiv. Denken Sie: âºBis Weihnachten werde ich eine neue Niere haben.â¹ So habe ich es auch gemacht. Nur dass ich âºvierter Juliâ¹ gesagt habe. Und wie Sie sehen, hat es geklappt.«
»Wenn solches Denken funktioniert, wie kommt es dann, dass nicht mehr Leute im Lotto gewinnen?« Ich sehe mir meine Karten an, werfe zwei ab.
»Weil sie es nicht dringend genug wollen. Nicht mit ganzer Seele.« Er legt nur eine Karte weg.
»Mr Walters, ich hätte Sie gar nicht für einen New-Age- Guru gehalten.«
»Hey, ich bin älter als Sie, Gal. Ich gebe nur meine Erfahrung weiter.«
»Manchmal bete ich«, gestehe ich.
»Dachte ich mir. SchlieÃlich unterrichten Sie an einer katholischen Schule.« Er dreht die oberste Karte vom Stapel um. »Zwei«, sagt er.
»Man muss nicht unbedingt katholisch sein. Meine Freundin Dara ist es nicht.« Ich lege eine Vier. »Sechs.«
»Ich persönlich bin ein stolzer Heide. Ungetauft, ungezähmt. Das hat auch Mrs Walters nicht geschafft.« Er legt eine Fünf. »Elf.«
»Ich freue mich, dass Sie stolz sind. Aber deshalb muss man ja nicht gleich an Zauberei glauben, oder?« Ich füge eine Königin hinzu. »Einundzwanzig.«
»Ha! Perfetto.« Er knallt einen König darauf. »EinunddreiÃig.« Er setzt den Zählstift wieder auf Null, und wir beginnen von vorn. »Wissen Sie, wohin ich fahre, sobald das hier verheilt ist?«
Ich schüttle den Kopf. »Irgendwo an einen schönen, warmen Strand?«
Er winkt ab. »Ach, ich habe in meinem Leben mehr als genug warme Strände gesehen. Mich reizt die Kälte.« Er schüttelt sich, als würde er frieren.
»Wohin? Alaska?«
»Antarktis.« Er grinst triumphierend, denn er hat gewonnnen, ist alle Karten losgeworden. Er hebt beide Hände. »Hab ichâs nicht gesagt? Ich wusste, dass ich gewinne.«
Ich rolle mit den Augen. »Sie sind echt unmöglich, wissen Sie das? Noch âne Runde. Wie kommen Sie denn in die Antarktis?«
»Mit einem von diesen Schiffen, die sich durch das Eis schneiden, natürlich.« Er wackelt mit den Augenbrauen. »Vielleicht lerne ich auf der Fahrt ja eine nette Reisebegleitung kennen.«
Antarktis. Auf so eine Reise kann nur Mark kommen. »Den Kontinent würde ich mir auch gern ansehen.« Ich lege eine Karte hin.
»Na, dann los.« Er steckt sich den letzten Keks in den Mund.
»Es kommt mit auf die Liste. Aber erst die Niere.« Wir schweigen, und unsere Blicke treffen sich. Wir lächeln beide. »Mark! Haben Sie etwa alle Kekse auf einmal verputzt?«
»Bestellen Sie Ihrer Mutter, dass sie einfach zu gut backen kann.«
Ich gewinne diese Runde. Wir spielen, bis die Sonne ganz untergegangen ist.
35
Meine Eltern reisen am Morgen ab und lassen Moms Auto und einen dicken Kuss für Riley da.
»Vergiss nicht: Du kannst es dir mit Riley auch anders überlegen«, flüstert mir meine Mutter zum Abschied ins Ohr.
Ich habe nur wortlos genickt. Hätte ich aufgepasst, hätte ich gewusst, dass mein Entschluss schon eine ganze Weile feststand.
Ich bringe Riley zur Arbeit, fahre zügig durch den Ort, werfe einen kurzen Blick zum blauen Himmel auf. »Wird heià heute.«
»Trink lieber etwas mehr Wasser.«
Ich behalte die StraÃe im Blick. »Wir sollten zu Brads Abschiedsparty gehen«, erkläre ich. »Der kommt bestimmt nie wieder hierher.«
»Warum sagst du das?« Sie starrt mich an. Ich sehe es im Augenwinkel.
»Was soll er denn hier? In so einer Kleinstadt.«
Sie schluckt. »Okay, wenn ich es dir verrate, versprichst du mir, dass du nicht ausflippst?«
»Wann bin ich denn schon mal ausgeflippt?«
Das ignoriert sie. »Brad und Samantha waren zusammen.«
Ich halte an einem Stoppschild und schlage meine Faust
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