Die Liebe zu Rosen mit Dornen
schwarzer Muttererde angereichert, dem Geruch nach auch mit Fischdünger. Bestimmt kommen bald die Nachbarshunde. Der Gestank stört andere Leute mehr als mich. (Ich hoffe inständig, dass der Wind ihn nicht zu der alten Mrs Allen weht.) Es riecht fruchtbar und vielversprechend.
Etwas Blaues liegt auf dem weiÃen Zaun beim Bürgersteig. Es ist Mr Mortons Sweatshirt. Ich nehme es in die Hand. Es ist alt und weich vom vielen Waschen. Der geschwungene, gelbe Schriftzug »Cal« ist fast ausgeblichen. Ohne weiter nachzudenken, drücke ich es an mein Gesicht. Ein undefinierbarer Duft â grün und zitronig â steigt auf. Und schwerer, süÃlicher SchweiÃ. MännerschweiÃ. Ganz, ganz anders als der von meinem Vater. Unwillkürlich atme ich ein.
Peinlich berührt lasse ich das Sweatshirt sinken. Ich schau mich um, ob mich jemand beobachtet. Die StraÃe ist leer, bis auf ein paar Nachbarn weiter hinten, die ihre groÃen Mülltonnen an die StraÃe stellen.
Ich nehme das Shirt mit zu meinem Wagen. Und schon fahre ich rückwärts auf die StraÃe. Ich kann mich nicht mal erinnern, meine Autoschlüssel eingesteckt zu haben.
33
Im Wohnzimmer von Mr Mortons Bungalow brennt Licht. Er ist im Craftsman-Stil gebaut, mit steinernen Säulen und abstrakten Sprossenfenstern aus Buntglas, ein Haus, von dem ich nur träumen kann.
Offensichtlich bin ich die geborene Stalkerin. Im Licht der untergehenden Sonne erkenne ich, dass er in seinem Garten hart geschuftet hat. An beiden Enden der Veranda wachsen lila Büsche auf einem Beet aus Bodendeckern, die noch keine Knospen treiben. Ich kann nicht sagen, was für Blüten sie haben werden.
Er erhebt sich. Keine Vorhänge. Ein flacher Fernseher läuft, irgendein Film. Er sieht mich drauÃen auf dem gepflasterten Weg stehen und öffnet die groÃe Eichentür. »Gal!«
»Was für ein Bewässerungssystem verwenden Sie?« Ich deute mit seinem Sweatshirt auf die Pflanzen.
»Unterirdisch.«
Ich nicke. »Ich persönlich bevorzuge Tropfbewässerung.« Ich halte das Shirt hoch, als hätte ich es vergessen. Als würde es mir nicht wie verhext in den Händen brennen. »Das hier haben Sie liegen lassen.«
Er hält mir die Tür auf. »Kommen Sie doch rein.«
Ich trete ein, putze mir demonstrativ die Schuhe auf der FuÃmatte ab.
Er deutet auf eine kleine Keramikplakette mit einem Bild von Flip-Flops. ALOHA , BITTE DIE SCHUHE AUSZIEHEN steht da. Ich streife meine Crocs ab. »Und wieso konnten Sie bei mir nicht daran denken, wenn Sie es bei sich zu Hause tun?«, frage ich.
Er zuckt mit den Schultern. »Vielleicht hatte ich nur noch den Kaffee im Sinn.«
»Sind Sie aus Hawaii?«
»Nein, aus Kalifornien. Aber ich bin gern auf den Inseln. Warmes Wasser.« Er schaut mich an. »Waren Sie schon mal da?«
Ich schüttle den Kopf.
»Sollten Sie sich ansehen.«
»Es gibt so vieles, was ich tun sollte.« Ich muss ihm nicht erklären, wie schwierig es ist. Er nickt kurz.
Ich folge ihm ins Wohnzimmer und sinke in einen schokoladenfarbenen Ledersessel. Er sitzt auf einer rostfarbenen Couch und schaltet den Fernseher aus. Seine Hände sind bandagiert.
»Was ist los?« Ich zeige auf die Bandagen, die mehrfach um seine Handflächen gewickelt sind, wie bei einer Mumie.
Er hält sie hoch. »Blutblasen. Vom Schaufeln.«
Ich verziehe das Gesicht. »Haben Sie sie gekühlt?«
Er schüttelt den Kopf.
Ich schüttle meinen. »Jetzt sagen Sie nicht, Sie sind auch so ein typisch sturer Mann.«
»Typisch zu sein hat mir noch niemand vorgeworfen.« Er legt die Hände in den SchoÃ.
Ich setze mich neben ihn auf die Couch. »Lassen Sie mal sehen.« Ich nehme eine Hand. Sie ist stark geschwollen. Ich schnalze mit der Zunge und wickle den Verband ab. Und tatsächlich hat er zwei blutige Blasen pro Handfläche, direkt unter den Fingern. »Sie hätten Handschuhe tragen sollen.«
»Die hatte ich zu Hause vergessen.«
»Ich hole Ihnen Eis.« Ich gehe in seine Küche. Er folgt mir.
»Sie wissen doch gar nicht, wo hier was ist.«
»Hm. Wäre es wohl möglich, dass ich das Eis im Kühlschrank finde?« Ich mache ihn auf. Er hat so einen mit Doppeltüren, ohne Eiswürfelspender. Ich hole eine Eiswürfelschale heraus. »Elementar, mein lieber Watson.«
»In der Tat.« Er setzt sich
Weitere Kostenlose Bücher