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Die Liebe zu Rosen mit Dornen

Die Liebe zu Rosen mit Dornen

Titel: Die Liebe zu Rosen mit Dornen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Dilloway
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als könnte sie Lippenlesen.
    Es ist seltsam. Ich sehe die anderen Eltern um mich, die ihren Kindern winken. Klar habe ich in meiner Rolle als Lehrerin schon mal Kinder angefeuert, aber zum ersten Mal nehme ich dermaßen Anteil am Schicksal einer Schülerin.
    Weil sie zu mir gehört.
    Ich beuge mich vor, mit den Ellbogen auf den Knien. »Los geht’s, Riley! Komm schon!«
    Sie kratzt sich mit dem Bleistift am Kopf, dann geht sie in die Hocke und fängt hastig an zu schreiben. Sie richtet die Blide aus, platziert das Säckchen und nimmt das Band in die Hand. Wenn sie daran zieht, löst das Katapult aus und schießt sein Säckchen ab.
    Â»Feuer eins!«, ruft der Schiedsrichter.
    Das erste Team schießt. Das Säckchen fliegt fast bis zum anderen Basketballkorb.
    Â»Feuer zwei!«
    Das sind wir. Ihr Teamkollege Jim löst die Blide aus. Das Säckchen fliegt etwas weiter. Riley reißt triumphierend beide Arme in die Luft.
    Als alle Teams geschossen haben, schickt jedes einen Mitstreiter mit Maßband los. Ein Schiedsrichter wird nachprüfen, ob sie auch richtig abgelesen haben. Wenn nicht, gibt es einen Punktabzug.
    Ich bete darum, dass Riley das metrische System beherrscht.
    Â»Riley. Riley. Riley.« Ich rufe laut, ohne es zu merken. Die anderen Eltern sehen zu mir herüber. Ich bin die Einzige, die ruft. O Gott. Ich habe mich in eine von diesen nervigen Müttern verwandelt, die bei der Abschlussfeier aufstehen und klatschen, obwohl wir alle gebeten haben, mit dem Applaus bis zum Ende zu warten. Diese Leute, die am Spielfeldrand die Footballtrainer anschreien. Wie schnell man sich doch verändert.
    Sie misst und mustert das Maßband. Sie richtet sich auf, hält den Daumen hoch, schenkt mir das strahlendste Lächeln, das ich je bei ihr gesehen habe.
    Ich kann nicht anders. Ich stehe auf und juble ihr zu.
    Es ist ihr nicht peinlich. Sie macht einen kleinen Hüpfer und klatscht in die Hände. Zweiter Platz. Das macht nichts. Ich johle, so laut ich kann. Alle starren herüber und staunen, was für ein Lärm aus so einer kleinen Frau herauskommt.
    Mr Morton, der von der anderen Seite herübersieht, schüttelt den Kopf und lächelt.
    Am Nachmittag, wieder in der St. Mark’s Highschool, kommen die Eltern, die nicht dabei waren, um ihre Kinder abzuholen. Ich lasse Riley plaudernd bei Jim zurück und gehe zu Mr Morton hinüber.
    Er sitzt allein unter einem chinesischen Flammenbaum. Es ist ein junges Exemplar, der Stamm noch voller Dornen, fast ohne gelbe Blüten. Wenn er älter wird, glätten sich die Dornen zu grüner Borke.
    Mr Mortons Haare, die auf dem Parkplatz noch so zerzaust waren, sind nun ordentlich gekämmt. Er sieht aus wie Barbies Ken. Selbst sein Bart ist ungewöhnlich gepflegt. Er wirkt streng und abgespannt, als säße er mit geballten Fäusten und knirschenden Zähnen da.
    Ich setze mich neben ihn. »Das lief doch insgesamt ganz gut. In all den Jahren, die ich das jetzt mache, habe ich noch nie einen Ersatz gebraucht.« Auch bei den Bazillenjägern und den anderen Wettbewerben haben wir gut abgeschnitten.
    Mr Morton blinzelt auf den Innenhof hinaus, ohne eine Sonnenbrille vor den Augen. »Von jetzt an sollten wir vermutlich immer Ersatzleute benennen.«
    Â»Vermutlich.« Ich denke an Dara, und ich möchte ihn am liebsten fragen, wie es im Kino war. Ich fürchte nur, er könnte es missverstehen, als Eifersucht oder Neugier. »Manchmal macht man eben Fehler. Schließlich sind wir alle nur Menschen, oder?«
    Verdutzt sieht er mich von der Seite an.
    Ich hole tief Luft und beschließe, doch danach zu fragen. »Warum haben Sie Ihre Firma verlassen? Und Frau und Kind?«
    Mr Morton rückt ab, als zeigte ich Symptome von Ebola. »Nehmen Sie bloß kein Blatt vor den Mund.«
    Ich tappe mit dem Fuß. »Nein. Im Ernst. Weiß Dara davon? Weiß sie das alles?«
    Â»Vielleicht sollten Sie es ihr sagen, wenn Sie schon so viel wissen.« Er presst den Mund zusammen. »Verdammt, wahrscheinlich wissen Sie darüber mehr als ich.«
    Â»Ich passe nur auf sie auf. Irgendwer muss es ja tun.« Ich denke an Dara, wie kühl wir in letzter Zeit miteinander umgehen, und ich merke, dass mir die Tränen kommen. Ich habe ihr noch nicht einmal erzählt, dass ich auf der Liste für eine neue Niere stehe.
    Â»Wenn Sie es genau wissen wollen, habe ich Dara nicht mehr gesprochen,

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