Die Liebe zu Rosen mit Dornen
ist krank?«
»Du solltest niemandem wünschen, dass er krank wird.«
»Tu ich ja nicht. Ich hab nur überlegt, ob Mr Morton dich heute Morgen angerufen hat.«
»Nein.« Mit Mr Morton habe ich seit unserer Begegnung vor Bubâs Eiscafé nicht mehr gesprochen.
Riley sieht mich schräg von der Seite an. »Ich weià jetzt, wie man dieses MaÃband benutzt.«
»Das ist gut.«
»Auch wenn ich nichts anderes zu tun bekomme, das kann ich jedenfalls jetzt.« Sie fummelt am ReiÃverschluss ihres Kapuzenpullis herum, zieht ihn rauf und runter, langsam und schnell, bis ich fürchte, dass sie sich gleich die Haut einklemmt.
»Wusstest du, dass ich erst mit sieben gelernt habe, wie man die Uhrzeit abliest?«
»Was soll das denn heiÃen?« Ich denke an die Digitalanzeigen an Herden und Computern und Mikrowellen.
»Eine normale Uhr, mit Zeigern. Ich wusste nicht, wie man sie abliest. In der Schule haben wir es nie durchgenommen. Vielleicht dachte jeder Lehrer, man hätte es uns schon erklärt. Ich weià nicht.« Sie lächelt ihre FüÃe an. »Ich war mit so was noch nie so gut.«
Ãber meinem Kopf braut sich eine kleine Wolke zusammen und regnet auf mich herab. Ich bin gleichzeitig glücklich und traurig. »Ich hätte dir beibringen sollen, wie man so ein MaÃband abliest, auch wenn du nicht in meinem Team bist.«
Sie zuckt mit den Schultern. »Ich mag mit der Blide schieÃen.«
»Das macht bestimmt SpaÃ.« Ich biege auf den Parkplatz der Highschool ein, in der das Treffen stattfinden soll.
Mr Morton steht bei seinem Wagen, mit einem Klemmbrett in der Hand, und macht einen äuÃerst offiziellen Eindruck. Seine Haare sehen aus wie wilde Brombeerbüsche im Wind. »Sie sind spät dran.« Sein Ton ist forsch.
»Warum stehen Sie dann hier drauÃen?« Ich sehe auf meine Uhr, eine Swatch, auf der kleine Geckos abgebildet sind. Es ist erst acht. Stimmt schon, wir hatten zehn vor acht gesagt, aber acht ist völlig in Ordnung, wenn man bedenkt, dass die Veranstaltung erst um halb neun beginnt. »Wir haben noch reichlich Zeit.«
»Brad und Samantha sind krank.« Er notiert irgendwas auf einem Blatt Papier. »Riley, du springst bei der Blide ein.«
»Was?«, sagen Riley und ich gleichzeitig.
»Warum haben Sie mich nicht angerufen?«, frage ich.
»Das habe ich.«
Ich hole mein Telefon hervor. »Oh. Stimmt. Aber ich bin gefahren. Ich konnte nicht rangehen.«
Die Grippezeit ist vorbei. Beiden Kindern ging es gestern noch gut. Ich kann einfach nicht glauben, dass Brad sich diesen Tag entgehen lässt, oder auch Samantha, wo sie doch so auf gute Noten und auÃerschulische Aktivitäten aus sind. Na gut, Brad vielleicht. Er steht vor dem Abschluss, und von daher kann es ihm egal sein. Aber Samantha? Hat sie ihre rebellische Phase?
»Tante Gal?« Riley steht neben mir. Sie zwinkert hektisch. »Ich bin aufgeregt.«
Ich lege ihr beide Hände auf die Schultern. »Das schaffst du schon, Riley.«
Die Aula der Highschool ist eigentlich eher eine Turnhalle für Basketballturniere, mit Körben an beiden Enden und Holzböden und Tribünen. Es ist unerträglich laut, weil alle Stimmen nachhallen. Ich hole die kleinen, roten Schaumstoffstöpsel aus meiner Gürteltasche, nehme mein Tribünenkissen und hocke mich in die unterste Reihe.
Die Bliden stehen nebeneinander aufgereiht bereits am einen Ende der Halle. Einige sind aus Metall, aber die meisten aus Holz, wie unsere. Unser gesamtes Team trägt dunkelblaue T-Shirts mit dem Bild unseres Maskottchens und dem Namen unseres Teams â St. Markâs Lions. Auf dem Rücken ist ein Löwe abgebildet, der sich vor seinen Gegnern auf die Hinterbeine stellt.
Der Schiedsrichter verteilt die Gewichte und die Wurfgeschosse. Es sind kleine Säckchen, vermutlich mit Schrot gefüllt. Ich hoffe, von denen landet keines im Publikum. Sie hätten das Ganze drauÃen abhalten sollen. Die Schüler müssen vorausberechnen, wie weit die Säckchen fliegen, basierend auf ihren bisherigen Erfahrungen.
Riley steht mit einem Taschenrechner und einem Notizbuch voller Grafiken und Tabellen da und sucht die Tribüne ab. Wen sucht sie? Oh. Mich. Ich winke. Sie winkt zurück. Ich halte beide Daumen hoch. »Das schaffst du«, sage ich, obwohl sie mich auf die Entfernung sicher nicht hören kann. Sie nickt,
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