Die Liebenden von Leningrad
klopfte es, und als sie öffnete, stand Alexander vor der Tür.
»Ich kann dich nicht hereinlassen.« Tatiana wies auf Zhanna Sarkowa, die im Flur stand und sie misstrauisch beäugte. »Mach dir keine Gedanken!«, erwiderte Alexander und trat einfach ein. »Auf mich wartet vor dem Haus eine ganze Einheit. Wir errichten Barrikaden in den Straßen im Südosten der Stadt.« Er schwieg. »Es gibt schreckliche Nachrichten. Mga ist gestern an die Deutschen gefallen.«
»Oh nein, nicht Mga!« Tatiana fielen Alexanders Worte über die Bedeutung Mgas für den gesamten Zugverkehr in Russland ein. »Was heißt das für uns?«
Alexander schüttelte den Kopf. »Das ist das Ende. Ich wollte mich nur vergewissern, dass es dir wieder gut geht. Und dass du nicht arbeiten gehst!«, sagte er nachdrücklich.
»Doch, das tue ich.«
»Tatia, nein!«
»Doch, Shura!«
»Nein!« Er hob die Stimme.
Tatiana blickte auf den Flur hinaus und sagte: »Diese Frau wird meiner Familie garantiert erzählen, dass du hier gewesen bist.« »Gib mir meine Mütze zurück, die ich gestern bei euch vergessen habe! Ich habe heute früh beim Appell deswegen bereits einen Verweis bekommen. Das ist ein vortrefflicher Grund dafür, dass ich hierher gekommen bin.«
Tatiana ließ die Tür offen und Alexander holte seine Mütze aus dem Schlafzimmer.
»Bitte, geh nicht ins Krankenhaus!«, bat er, als er wieder herauskam.
»Alexander, ich werde hier verrückt. Im Krankenhaus sehe ich wirkliches Leid. Das wird mich ablenken.« »Dein Bein wird nie heilen, wenn du den ganzen Tag herumläufst. Es dauert noch ein paar Wochen, bis der Gips abgenommen wird. Dann kannst du immer noch arbeiten gehen.« »Wenn ich noch länger hier zu Hause bleibe, kann man mich in die Nervenheilanstalt einweisen!«
»Läge Kirow nicht an der Frontlinie, könntest du dort weiter arbeiten«, sagte Alexander leise. »Und ich könnte dich jeden Tag abholen.« Er schwieg und lächelte sie an. »Wie früher, weißt du noch?«
Tatianas Herz klopfte heftig. Aber Zhanna Sarkowa stand immer noch im Flur und sah neugierig herüber. »Ich habe es satt!«, verkündete Alexander und schloss die Tür. »Oh nein, tu das nicht!«, flehte sie. »Wir bekommen nur noch mehr Probleme.«
Er machte einen Schritt auf sie zu. »Wie geht es deiner Nase?« »Sie ist nicht gebrochen.« »Woher willst du das wissen?« Er trat näher. Sie hob abwehrend die Hände. »Shura, bitte!« Laut wurde an die Tür geklopft. »Taneschka, alles in Ordnung?«
»Ja, danke!«, rief Tatiana.
Die Klinke bewegte sich und Zhanna Sarkowa öffnete die Tür. »Ich wollte nur fragen, ob ich dir etwas zu essen machen soll.« »Nein, danke, Zhanna«, erwiderte Tatiana mit unbewegter Miene.
Die Nachbarin musterte Alexander finster. Er wandte Tatiana das Gesicht zu und verdrehte die Augen. Tatiana platzte fast vor Lachen.
»Wir wollten gerade gehen«, erklärte sie.
»Oh, wohin geht ihr denn?«
»Nun, ich gehe arbeiten ...«
Alexander flüsterte: »Nein, das tust du nicht!«
»... und Leutnant Below errichtet Barrikaden in der Stadt.«
Alexander drehte sich zu Zhanna um. »Barrikaden, Genossin Sarkowa. Wissen Sie, was das ist? Das sind hohe Wälle, die sich entlang der Stadtgrenze erstrecken.«
Zhanna Sarkowa wich zurück.
»Und jede Barrikade ist ausgestattet mit Maschinengewehrnestern, Stellungen für Panzerabwehrwaffen, Granatwerfer und Maschinengewehre.« »Oh!«
»So schützen wir unsere geliebte Stadt«, sagte Alexander und schlug ihr die Tür vor der Nase zu.
Tatiana stand kopfschüttelnd hinter ihm und lächelte. »Gut hast du das gemacht!« Sie ergriff ihre Tasche. »Lass uns gehen, Barrikadenbauer!«
Sie gingen hinaus und sperrten die Tür ab. Am Ende des langen Flurs ergriff Alexander Tatianas Hand, um ihr die Treppe hinunter zu helfen. Tatiana entzog sie ihm. »Alexander ...«
»Nein!« Er umarmte sie stürmisch.
Tatiana wurde heiß vor Aufregung. »Weißt du was?«, fragte sie. »Ich werde Vera bitten, mich für die Krankenhauskantine einzuteilen. Vielleicht kannst du ja zum Mittagessen kommen!« Sie lächelte. »Dann bediene ich dich.« Alexander schüttelte den Kopf. »Es gibt nichts, was ich lieber täte«, verkündete er. »Aber wir sind heute zu weit im Süden. Ich schaffe es bestimmt nicht bis zum Mittagessen ins Krankenhaus ...«
Er gab ihre Hand nicht frei und ahnungsvoll fragte sie: »Was ist los?«
Alexander zögerte und sah sie traurig an. »Tania, ich muss mit dir reden!« Er seufzte. »Ich
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