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Die Liebenden von Leningrad

Die Liebenden von Leningrad

Titel: Die Liebenden von Leningrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paullina Simons
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muss mit dir über Dimitri reden.« »Was ist mit ihm?«
    »Jetzt nicht. Ich muss in Ruhe und vor allem allein mit dir reden. Komm heute Abend in die Isaakskathedrale!« Tatiana schlug das Herz bis zum Hals. »Alexander, ich kann doch kaum die drei Blocks bis zum Krankenhaus laufen! Wie soll ich denn zur Isaakskathedrale kommen?« Aber ihr war klar, dass sie es versuchen würde, und wenn sie dorthin kriechen musste.
    »Ich weiß«, gab Alexander zu. »Ich will auch nicht, dass du den ganzen Weg ohne Hilfe zurücklegst.« Er streichelte ihr Gesicht. »Hast du nicht jemanden, der dich begleiten kann?«, fragte er. »Nicht Anton! Vielleicht besser eine Freundin, der du vertrauen kannst? Sie könnte dich dorthin bringen.« Tatiana schwieg. »Und wie soll ich wieder nach Hause kommen?«, wollte sie wissen.
    Alexander zog sie lächelnd an sich. »Wie immer«, erwiderte er.
    »Ich bringe dich nach Hause.«
    Sie starrte auf die Knöpfe seiner Jacke.
    »Tania, bitte sag ja!«, drängte er.
    »Na gut.«
    »Wirst du kommen?«
    »Ich versuche es. Und jetzt geh!«
    Tatianas Lippen näherten sich seinem Gesicht. Sie küssten sich leidenschaftlich. »Hast du eigentlich die leiseste Ahnung, was ich empfinde?«, flüsterte Alexander und streichelte ihre Haare. »Nein«, erwiderte Tatiana und klammerte sich an ihm fest. »Ich weiß nur, was ich empfinde!«
    An diesem Tag geschah ein Wunder: Das Telefon von Tatianas Kusine Marina funktionierte! Tatiana bat Marina hastig, zu Besuch zu kommen. Marina erschien gegen acht Uhr. Tatiana umarmte sie innig. »Marinka, ich habe dich so vermisst!«, rief sie aus. »Wo bist du gewesen?«
    »Wo ich gewesen bin?«, erwiderte Marina lachend. »Wo bist du denn gewesen? Ich habe von deinen Eskapaden in Luga gehört ...« Sie blinzelte. »Es tut mir Leid wegen Pascha.« Doch schnell hellte sich ihre Miene wieder auf und sie fragte: »Warum siehst du eigentlich aus wie ein Junge?« »Ich habe dir so viel zu erzählen!«
    »Offensichtlich.« Marina setzte sich an den Esstisch. »Habt ihr etwas zu essen? Ich habe großen Hunger.« Marina hatte breite Hüften und kleine Brüste. Ihre Augen und ihr kurz geschnittenes Haar waren dunkel und ihr Gesicht war übersät von Sommersprossen. Sie war neunzehn Jahre alt und besuchte seit einem Jahr die Leningrader Universität. Sie war normalerweise Tatianas engste Vertraute. Marina, Tatiana und Pascha hatten gemeinsam viele Sommertage in Luga und in der Umgebung von Nowgorod verbracht und der Altersunterschied zwischen ihnen war erst im letzten Jahr deutlich geworden. Marinas Clique bestand hauptsächlich aus ihren Bekannten von der Universität. Mit ihnen hatte Tatiana nichts gemeinsam.
    Tatiana servierte hastig etwas Tee, Brot und Käse und sagte dann: »Marina, beeil dich bitte! Ich möchte spazieren gehen. Du siehst übrigens hübsch aus in diesem Kleid. Wie hast du den Sommer verbracht?«
    »Wir können nicht spazieren gehen. Du kannst doch gar nicht richtig laufen! Lass uns hier reden!« Mama, Papa und Dascha waren nebenan und hörten Radio. Seit dem Tag zuvor sprachen sie nicht mehr mit Tatiana. Marina musterte ihre Kusine aufmerksam. »Also, erzähl! Was hast du mit deinen Haaren gemacht? Und warum trägst du einen so langen Rock?« »Meine Haare habe ich abgeschnitten. Und der Rock verdeckt den Gips. Los, steh auf! Lass uns nach draußen gehen!« Tatiana zog Marina am Arm. Sie hatte es eilig. Alexander hatte sie gebeten, nach zehn Uhr zu kommen. Jetzt war es schon beinahe neun Uhr und sie war immer noch zu Hause. Sollte sie Marina alles erzählen, damit sie ihr half? »Aber du kannst ja kaum humpeln! Warum können wir nicht hier bleiben?«
    »Ich möchte lieber hinausgehen. Wie sehe ich aus?« Marina hörte auf zu kauen und betrachtete Tatiana eingehend. »Was hast du gerade gesagt?« »Ich habe gesagt: Lass uns gehen!«
    »Na gut«, lenkte Marina ein. Sie wischte sich den Mund ab und stand auf. »Was ist hier eigentlich los?« »Nichts. Warum?«
    »Tatiana Metanowa! Ich weiß, dass irgendetwas nicht stimmt!« » Wovon redest du ?«
    »Tania! Ich kenne dich seit siebzehn Jahren und du hast mich noch nie gefragt, wie du aussiehst!«
    »Vielleicht hätte ich das getan, wenn dein Telefon etwas häufiger funktioniert hätte. Willst du mir die Frage nun beantworten oder nicht?«
    »Dein Haar ist kurz, dein Rock zu lang und deine Bluse ziemlich eng - was zum Teufel geht hier vor?« Endlich gelang es Tatiana, Marina zur Tür hinauszuschieben. Langsam schlenderten

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