Die Liebenden von Leningrad
»Die Liebe ist uns dazwischengekommen«, erwiderte Dimitri gereizt. »Tatiana ist mir jetzt wichtiger. Ich möchte diesen verdammten Krieg überleben - für sie!«
»Oh Dimitri«, seufzte Alexander. »Wer hindert dich denn daran?«
Dimitri flüsterte: »Das ist bestimmt nur die alberne Verliebtheit eines unreifen Mädchens! Wie könnte es anders sein? Sie weiß ja noch nicht einmal, wer du bist.« Dimitri schwieg. »Oder weiß sie es?«
Alexanders Herzschlag setzte einen Moment lang aus. Er blickte Dimitri finster an. »Natürlich nicht«, gab er schließlich zurück. »Sie weiß absolut nichts!«
»Wenn sie etwas wüsste, Alexander, dann könnte es sehr gefährlich werden, meinst du nicht auch? Für uns beide!« Alexander trat einen Schritt auf Dimitri zu, der abwehrend die Hände hob und zurückwich. »Dimitri, spiel keine Spielchen mit mir!«, knurrte Alexander. »Ich habe dir doch gesagt: Sie weiß nichts.«
»Ich will niemanden verletzen«, erwiderte Dimitri kleinlaut. »Ich möchte nur bei Tania eine Chance haben.« Mit zusammengebissenen Zähnen wandte Alexander sich ab und ging ins Zimmer zurück.
Marasow, der mit hinter dem Kopf verschränkten Armen im Bett lag, fragte beiläufig: »Alexander, möchtest du, dass ich mich um Chernenko kümmere? Macht er dir Schwierigkeiten?«
Alexander schüttelte den Kopf. »Mach dir keine Gedanken!
Ich werde schon mit ihm fertig.«
»Wir könnten ihn versetzen.«
»Er ist bereits viermal versetzt worden.«
»Ach, und weil niemand ihn will, teilst du ihn mir zu?«
»Nicht dir, sondern Kaschnikow.«
»Ja, und Kaschnikow gehört zu mir.«
Marasow zog eine Flasche hervor, trank einen Schluck Wodka und reichte ihn Alexander. »Wir haben nicht genug Männei; um Hitlers Panzer aufzuhalten. Wir werden uns ergeben müssen.« »Ohne mich«, verkündete Alexander. »Wenn es nötig sein sollte, werden wir sogar mit Steinen nach den Deutschen werfen.« Er lächelte.
Marasow salutierte auf seinem Bett und sank dann in seine Kissen zurück. »Leutnant Below, in der letzten Zeit habe ich außerhalb des Dienstes nicht viel von dir gesehen. Du glaubst nicht, welche Mädchen jetzt im Club verkehren!« Er grinste. Alexander erwiderte das Grinsen und schüttelte dann den Kopf. »Das ist nichts mehr für mich.«
Marasow hob überrascht den Kopf. »Ich habe zwar gehört, was du eben gesagt hast, Leutnant, aber ich verstehe es nicht. Was in Teufels Namen ist los mit dir?«
Als Alexander nicht antwortete, sagte Marasow: »Warte, warte! Du bist doch nicht etwa ... oh nein!« Er lachte. »Jetzt weiß ich, dass du verloren bist!«
»Na, zumindest kann ich nicht schlafen«, stellte Alexander fest. »Wen von den anderen soll ich zuerst aufwecken? Das kann ich nicht für mich behalten!«
Er beugte sich aus seiner Koje und schlug dem Soldaten im Bett unter ihm mit einem Kissen auf den Kopf. »Grinkow, wach auf! Du glaubst nicht, was ...«
»Lass mich in Ruhe«, knurrte Grinkow. Er warf das Kopfkissen zu Boden und drehte sich um.
Alexander lachte. »Hör auf, du verrückter Hund!«, forderte er. »Hör auf, bevor ich dich versetzen lasse!« »Wer ist es?«
»Ich weiß nicht, wovon du redest«, erwiderte Alexander und zog sich die Decke über den Kopf.
»Es ist garantiert das Mädchen, von dem du ständig im Schlaf sprichst!«
Alexander schlug die Decke zurück und blickte ihn überrascht an. »Ich rede nicht im Schlaf!«
»Oh doch, das tust du!«, beteuerte Marasow. »Und wie. Grinkow, was sagt Below immer, wenn er schläft?«
»Du sollst mich schlafen lassen, verdammt«, knurrte Grinkow wieder.
»Nein, das sagt er nicht. Er nennt den Namen eines Mädchens. Es ist ... Alexander, es ist gemein, dass du die Geschichte vor deinen Freunden geheim hältst!«
»Ich weiß, aber du bist einfach zu redselig«, erwiderte Alexander und drehte sich um.
Marasow klatschte in die Hände. »Die will ich kennen lernen«, verkündete er. »Ich muss das Mädchen kennen lernen, dass unserem Alexander das Herz gestohlen hat!« Als Alexander später schlaflos in seinem Bett lag, war ihm klar, dass er sein Herz tatsächlich verloren hatte. Er musste unbedingt bald wieder mit Tatiana sprechen. Offenbar war ihre Zeit einfach noch nicht gekommen. Aber für sie würde er die Sterne vom Himmel holen!
Am nächsten Morgen fragte Mama: »Bist du jetzt zufrieden mit dem, was du angerichtet hast?« Tatiana schwieg betreten. Als alle gegangen waren, machte sie sich bereit für die Arbeit im Krankenhaus. Da
Weitere Kostenlose Bücher