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Die Liebenden von Leningrad

Die Liebenden von Leningrad

Titel: Die Liebenden von Leningrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paullina Simons
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nehmen sie sich eine Braut.« Marina schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, wie du dir Dimitri vom Leib halten kannst. Für einen Soldaten ist es gleich, welche Art Frau er vor sich hat - es geht nur ums Erobern.«
    Entsetzt entgegnete Tatiana: »Was redest du da, Marinka? Das ist doch nur im Westen so, in Amerika. Aber doch nicht in Leningrad!«
    Marina brach in Lachen aus. »Tania, ich liebe dich!«, rief sie und legte ihr den Arm um die Schultern. »Wirklich, du bist einfach ...«
    »Alexander ist nicht so«, murmelte Tatiana erschüttert. »Wer? Oh, du redest von Daschas Freund. Frag doch Dascha! Wie hat er sie denn deiner Meinung nach kennen gelernt?« Dascha hatte Alexander im Sadko getroffen. »Du willst doch nicht behaupten ...« »Frag Dascha, Tania!«
    »Du weißt ja nicht, was du redest!« Inzwischen tat es Tatiana Leid, dass sie Marina überhaupt angerufen hatte. Als Tatiana schwieg, fuhr Marina fort: »Sieh mal, ich will dich doch bloß vor einem Soldaten wie Dimitri warnen. Sie erwarten bestimmte Dinge, und wenn sie sie nicht bekommen, dann nehmen sie sie sich. Verstehst du?«
    Tatiana war geschockt. Wie waren sie überhaupt auf dieses Thema gekommen?
    »Bist du immer noch mit Anton Iglenko befreundet? Er ist ein netter Junge und er hat dich wirklich gern.« »Marina!« Tatiana schüttelte den Kopf. »Anton ist mein Freund.« Sie holte tief Luft. »Er hat mich nicht gern!« Marina lächelte und wuschelte Tatiana durch die Haare. »Du bist hinreißend, Tania. Und blind wie immer. Kannst du dich noch an Mischa erinnern? Weißt du noch, wie verliebt er in dich war?«
    »Wer?« Tatiana dachte nach. »Du meinst Mischa aus Luga?« Marina nickte. »Drei Sommer lang konnte Pascha ihn nicht von dir fern halten!«
    »Du bist verrückt!« Tatiana und Mischa waren zusammen auf Bäume geklettert. Sie hatte ihm das Radschlagen beigebracht. Marina fragte: »Tania, hast du jemals mit Dascha über diese Dinge geredet?«
    »Um Gottes willen, nein!«, rief Tatiana aus und versuchte aufzustehen.
    Marina half ihr. »Nun, das solltest du vielleicht einmal tun. Sie ist immerhin deine ältere Schwester und sie weiß Bescheid. Sei vorsichtig mit Dimitri, Tania! Du möchtest doch sicher nicht eine seiner zahllosen Trophäen sein!«
    Tatiana dachte an Alexander. Sie kannte nur einen Teil von ihm. Sie erinnerte sich daran, wie er sie sanft auf die Brust geküsst hatte, als sie in seinem Zelt lag.
    Sie schüttelte den Kopf. Was Marina da beschrieb, traf nicht auf Alexander zu.
    Doch dann kam ihr Dimitris Bemerkung über Alexanders Aktivitäten in den Sinn. Ihr wurde übel. »Lass uns nach Hause gehen!«, sagte sie unvermittelt. Langsam gingen sie auf die Straßenbahnhaltestelle zu. Tatiana erklärte, sie könne allein nach Hause fahren. »Ich schaffe das schon. Vom Auferstehungsplatz schaffe ich es zu Fuß. Ehrlich! Dein Bus muss jede Minute kommen. Mach dir keine Gedanken um mich!« Marina wollte Tatiana nicht mitten in der Nacht allein lassen. Aber Tatiana hatte keine Angst. »Alexander hat gesagt, dass es seit Kriegsausbruch kaum noch Gewaltverbrechen gibt.« »Tja, wenn Alexander das gesagt hat...« Marina musterte Tatiana prüfend. »Geht es dir gut?«
    »Großartig. Nun geh schon!«, drängte Tatiana. Sie bemerkte, dass Marina zögerte, und streichelte ihr über die Wange. »Wer erwartet dich zu Hause, Marina?«, erkundigte sie sich leise, »Niemand«, erwiderte Marina genauso leise. »Mama ist im Krankenhaus, Papa ist fort. Unten wohnen die Lublins ...« »Dann komm doch zu uns! Wir haben jetzt Platz. Deda und Babuschka sind fort. Du kannst bei Dascha und mir schlafen.« »Wirklich?«, fragte Marina. Tatiana nickte. »Natürlich!« »Tania, willst du nicht erst deine Eltern fragen?« »Das brauche ich doch nicht. Pack einfach deine Sachen und komm! Deine Mutter ist die Schwester meines Vaters. Er wird bestimmt nicht nein sagen.«
    Marina umarmte Tatiana. »Danke«, flüsterte sie. »Ich habe mich ohne Mama und Papa so allein gefühlt ...« Tatiana strich ihr über den Arm. »Ich weiß. Da kommt dein Bus.«
    Marina winkte Tatiana zu und lief dann schnell über die Straße, um ihren Bus zu erreichen. Tatiana setzte sich auf die Bank und wartete auf ihre Straßenbahn. Ihr war noch immer übel.
    Als die Bahn kam, machte sie keinerlei Anstalten einzusteigen. Sie musste Alexander einfach sehen!
    Also stand sie auf und humpelte auf die Isaakskathedrale zu. Zwei Soldaten kamen ihr entgegen. Sie blieben vor Tatiana stehen und

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