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Die Liebenden von Leningrad

Die Liebenden von Leningrad

Titel: Die Liebenden von Leningrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paullina Simons
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fragten sie nach ihrem Ziel.
    Einer der Soldaten teilte ihr mit, dass die Isaakskathedrale um diese Zeit geschlossen sei. Sie wolle zu Leutnant Below, erklärte sie. Die Soldaten kannten ihn und ihre ernsten Gesichter entspannten sich. Einer der Soldaten sagte: »Und wer sind Sie?« »Ich bin seine Kusine aus Krasnodar«, erwiderte Tatiana. »Oh, die Kusine«, wiederholte der Soldat. »Na, dann kommen Sie mal mit! Wir bringen Sie zu ihm. Ich weiß allerdings nicht, wie Sie mit Ihrem Gips auf die Säulengalerie kommen wollen! Man muss zweihundertzweiundsechzig Stufen hinaufsteigen.« »Das schaffe ich schon«, versicherte Tatiana. Die Isaakskathedrale war gar nicht weit entfernt und dennoch erschien Tatiana der Weg endlos. Als sie dort ankamen, keuchte sie und ihr Bein pochte vor Schmerz. Aus der Ferne erkannte Tatiana die Umrisse der Statue Peters des Großen - den ehernen Reiter. Er war von Katharina der Großen zu Ehren von Peter dem Großen errichtet worden. Heute Abend jedoch war nur wenig von dem schwarzen Pferd oder dem majestätischen Reiter zu sehen. Sandsäcke sollten die Statue vor den Angriffen der Deutschen schützen.
    Der Soldat, der sich inzwischen als Viktor vorgestellt hatte, sagte: »Morgen wird eine Ausgangssperre über die gesamte Stadt verhängt. Nächtliche Spaziergänge sind dann nicht mehr möglich. Also nutzen Sie Ihr Treffen mit Leutnant Below!« Die Männer begleiteten Tatiana in die riesige Halle. An der schmalen Öffnung zur Wendeltreppe fragte der Wachposten Viktor, ob Tatiana Waffen bei sich trage. »Ich glaube nicht. Sie hat jedenfalls keine Bombe bei sich.« »Hast du sie durchsucht?«
    »Lass mich das machen!«, wies Viktor ihn an. Er fuhr mit den Händen über Tatianas Rippen und sie verzog das Gesicht. Der Gedanke, mit drei Soldaten in einem dunklen Gebäude allein zu sein, erfüllte sie mit einer unbestimmten Furcht. Von Alexander war nichts zu sehen. Viktors Hände glitten zu ihren Hüften hinunter. Er packte sie ein wenig fester. »Vielleicht kann einer von Ihnen hinaufgehen und ihm sagen, dass ich hier bin«, sagte sie und versuchte, sich den Händen zu entwinden. Sie holte tief Luft. »Ich habe noch eine bessere Idee: Ich gehe zurück. Sie können ihm ja sagen, dass ich da war.« Von der Treppe befahl plötzlich eine Stimme: »Lasst sie los!« Alexander erschien in der Öffnung. Tatiana atmete erleichtert auf.
    Viktor ließ sie rasch los. »Wir haben sie nur auf Waffen durchsucht, Leutnant. Sie sagt, sie sei Ihre Kusine aus ...« »Gefreiter!« Alexander baute sich vor Viktor auf. »Es gibt Regeln in der Roten Armee, Gefreiter! Diese Regeln erlauben uns nicht, junge Mädchen anzufassen. Wenn Sie kein Disziplinarverfahren angehängt bekommen wollen, sollten Sie sich nicht noch einmal von mir erwischen lassen!« Er legte die Hand auf Tatianas Rücken und sagte zu seinen Leuten: »Ihr beide geht zurück auf die Straße! Feldwebel, Sie bleiben hier, bis Sie von Petrenko und Kapow abgelöst werden!« »Jawohl, Genosse Leutnant!«, sagten die drei Soldaten im Chor. Der Feldwebel nahm seinen Posten an der Tür ein. Alexander unterdrückte ein Lächeln. »Es ist ein anstrengender Aufstieg«, kündigte er an und schob Tatiana zur Treppe. »Komm!« Als sie die erste Biegung hinter sich hatten, strahlte er sie an. »Tania ... ich bin so glücklich, dass du da bist!« »Ich auch!«, seufzte Tania leise.
    »Haben sie dir Angst eingejagt? Sie sind aber ganz harmlos«, sagte er und streichelte ihr über die Haare. »Wenn sie so harmlos sind, warum bist du dann heruntergekommen?«
    »Ich habe eure Stimmen gehört. Du hast verängstigt geklungen.« Er betrachtete sie auf eigenartige Weise. »Was ist los?«, fragte Tatiana schüchtern. »Nichts!« Alexander hockte sich vor sie. »Leg die Arme um meinen Hals. Weißt du noch, wie das geht?« »Willst du mich etwa zweihundert Stufen hinauftragen?«
    »Das ist doch das Mindeste, was ich tun kann, nachdem du den ganzen langen Weg hierher gekommen bist. Kannst du mein Gewehr halten?«
    Er hielt sich am Geländer fest und begann den beschwerlichen Aufstieg. Tatiana drückte heimlich einen Kuss auf seine Uniformjacke.
    Alexander brachte sie in eine runde, verglaste Arkade mit Säulen, die teilweise den Blick auf den Himmel verdeckten. Er setzte Tatiana ab und lehnte das Gewehr gegen die Wand der goldenen Kuppel. »Auf dem Balkon ist die Aussicht noch besser.« Er lächelte. »Wir sind hier sehr hoch oben. Du hast doch keine Höhenangst, oder?«

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