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Die Liebenden von Leningrad

Die Liebenden von Leningrad

Titel: Die Liebenden von Leningrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paullina Simons
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auf ihn zu.
    »Danke, Taneschka, ja«, erwiderte er niedergeschlagen. Seine Hände zitterten.
    »Was ist los? Geh doch zur Arbeit, dort gibt es bestimmt etwas zum Mittagessen. Sie geben euch doch in Kirow immer noch zu essen, oder?«
    Kirow war vom deutschen Artilleriefeuer fast zerstört worden, aber die Sowjets hatten innerhalb der eingestürzten Fassade eine kleinere Fabrik wieder aufgebaut, und bis vor wenigen Tagen war Petr jeden Tag mit der Straßenbahn Nummer eins dort hingefahren, direkt an die Front.
    »Was ist los?«, fragte Tatiana noch einmal. »Hast du keine Lust?«
    Er schüttelte den Kopf. »Mach dir keine Gedanken um mich, Taneschka. Du musst dir schon um genug andere Dinge Gedanken machen.«
    »Erzähl es mir doch.« Sie schwieg. »Liegt es an den Bomben?« Er schüttelte den Kopf.
    »Was ist es dann?« Sie blickte auf seinen kahlen, eingesunkenen Kopf und schloss die Zimmertür. »Was ist los?«, fragte sie leise. Petr Pawlowitsch erzählte ihr, dass er erst kürzlich nach Kirow versetzt worden war, um die Motoren von Panzern zu reparieren. Dabei gab es keine Ersatzteile und eigentlich auch keine Panzermotoren.
    »Ich habe eine Methode entwickelt, Flugzeugmotoren passend für Panzer umzubauen. Und für die Flugzeuge repariere ich sie auch.«
    »Das klingt doch gut«, sagte Tatiana. »Dafür bekommst du eine Arbeiterration, nicht wahr? Dreihundertfünfzig Gramm Brot, oder?«, fügte sie hinzu.
    Petr nahm einen tiefen Zug aus seiner Zigarette. »Das ist es nicht. Es ist der verdammte NKWD.« Er spuckte aus. »Sie wollten die armen Teufel vor mir, die die Motoren nicht reparieren konnten, erschießen. Und als ich dann ankam, standen sie mit ihren verdammten Gewehren neben mir, um auch ganz sicherzugehen, dass ich die Maschinen reparieren konnte.« Tatiana hörte ihm wie gebannt zu. Ihr wurde eiskalt. »Aber du hast sie doch repariert, Genosse?«, fragte sie leise. »Ja, aber was wäre, wenn ich es nicht geschafft hätte?«, erwiderte er. »Sind die Kälte, der Hunger, die Deutschen denn nicht genug? Auf wie viel mehr Arten wollen sie uns denn noch umbringen?«
    Tatiana wich zurück. »Das mit deiner Frau tut mir Leid«, stammelte sie und öffnete die Tür.
    Als sie am Nachmittag dieses Tages nach Hause kam, stand die Tür immer noch offen. Tatiana warf einen Blick hinein. Petr Pawlowitsch Petrow saß immer noch an seinem Tisch, in der Hand die halb aufgerauchte Zigarette, die Tatiana ihm gedreht hatte. Er war tot. Mit zitternden Fingern schlug Tatiana das Kreuzzeichen und schloss die Tür.
    Die vier Frauen schliefen und aßen jetzt in einem Zimmer. Sie hielten die Teller auf dem Schoß und verschlangen so abends ihr Brot. Dann setzten sie sich vor die borsoika und blickten durch das kleine Fenster im Ofen in die Flammen. Sie besaßen noch Dochte und auch viele Streichhölzer, aber sie hatten nichts zum Verbrennen. Wenn sie nur etwas ... Ach, dachte Tatiana. Das Motoröl. An jenem Sonntag im Juni, als es noch Eiscreme, Sonne und ein bisschen Freude gab, da hatte Alexander ihr geraten, Motoröl zu kaufen. Aber sie hatte nicht auf ihn gehört. Und jetzt war es zu spät. »Marina, was machst du da?«
    Marina riss die Tapeten von den Wänden. Sie nahm einen Streifen, tauchte ihn in den Wassereimer und befeuchtete mit den Händen die Rückseite. »Was machst du da?«, wiederholte Tatiana. Marina nahm einen Löffel und begann, den Kleister von der Tapete abzukratzen. »Die Frau, die heute in der Schlange vor mir stand, hat gesagt, Tapetenkleister bestünde aus Kartoffelmehl.«
    Vorsichtig nahm Tatiana ihr das Stück Tapete aus der Hand. »Kartoffelmehl und Leim«, sagte sie zu Marina. Marina riss ihr das Papier wieder aus der Hand. »Rühr es nicht an. Hol dir selber eins.«
    Tatiana wiederholte: »Kartoffelmehl und Leim.« »Ja und?« »Leim ist giftig.«
    Marina lachte freudlos und löffelte gierig die feuchte Paste. »Dascha, was tust du da?«
    »Ich heize die borsoika.« Dascha stand vor dem Ofen und warf Bücher in die Klappe. »Du verbrennst Bücher?* »Warum nicht? Wir wollen es doch warm haben.« Tatiana hielt Daschas Hand fest. »Nein, Dascha. Hör auf! Verbrenn bitte keine Bücher. So weit sind wir noch nicht.« »Tania! Wenn ich mehr Energie hätte, würde ich sogar dich umbringen und essen«, erwiderte Dascha und warf ein weiteres Buch ins Feuer. »Sag mir doch nicht...« »Nein, Dascha.« Tatiana hielt ihre Schwester immer noch fest. »Keine Bücher.«
    »Wir haben aber kein Holz mehr«,

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