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Die Liebenden von Leningrad

Die Liebenden von Leningrad

Titel: Die Liebenden von Leningrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paullina Simons
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Alexander, dass dein Leben dir etwas bedeutet. Zeig ihm, dass du bis zum Lastwagen gehen kannst. Es ist deine Rettung. Komm, Dascha.« Sie zog ihre Schwester hoch. Nach ein paar Metern blieb sie jedoch wieder stehen. »Nein«, flüsterte sie.
    Alexander half Tatiana. Sie schleiften Dascha den rutschigen Abhang hinunter zum Lastwagen.
    Alexander hob Dascha hinein. Dann half er Tatiana, die sich auch kaum auf den Beinen halten konnte. »Komm, Tania«, sagte er. »Du musst stark sein für deine Schwester. Mach dir keine Sorgen wegen einer Bombardierung«, fügte er hinzu. »Nachts ist es für gewöhnlich ruhiger.«
    »Ich mache mir keine Sorgen«, erwiderte Tatiana und ließ sich von ihm hochheben.
    Er schloss sie fest in die Arme. »Sei stark für mich«, sagte er rau. »Rette dich - für mich.«
    »Das werde ich versuchen, Shura«, erwiderte Tatiana. »Ich rette mich für dich.«
    Alexander beugte sich zu ihr, aber sie hatte nicht die Kraft, den Kopf zu heben. Er drückte ihr einen Kuss auf die Mütze, und für ein paar Sekunden standen sie eng umschlungen da. »Es ist Zeit!«, schrie jemand, Alexander half Tatiana in den Wagen. Er selbst sprang auch noch einmal hinauf, um zu sehen, ob die beiden Mädchen es bequem hatten. Er bettete Daschas Kopf in Tatianas Schoß. »Ist das gut so?«, fragte er, und die Schwestern nickten. Dann kniete sich Alexander vor Dascha und sagte: »Und denk daran, wenn sie dir in Kobona zu essen geben, iss langsam und mit kleinen Bissen. Schling nicht alles sofort hinunter, das kann dir den Magen zerreißen. Nach und nach wirst du dich dann wieder ans Essen gewöhnen. Iss viel Suppe. Verstehst du mich?«
    Dascha ergriff seine Hand. Er küsste sie auf die Stirn. »Bis bald, Dascha.«
    »Auf Wiedersehen ...«, flüsterte Dascha. »Wie hat meine Schwester dich genannt? Shura?«
    Alexander warf Tatiana einen Blick zu. »Ja, Shura.«
    »Auf Wiedersehen, Shura«, sagte Dascha. »Ich liebe dich.«
    Tatiana schloss die Augen, damit sie Alexander nicht ansehen musste. Am liebsten hätte sie sich die Ohren zugehalten. »Ich liebe dich auch«, erwiderte Alexander. »Vergiss nicht zu schreiben.«
    Als er aufstand, sagte Dascha: »Verabschiede dich von Tatiana. Oder habt ihr das schon getan?« »Auf Wiedersehen, Tatiana«, sagte er.
    »Auf Wiedersehen, Alexander«, erwiderte sie und sah ihn dabei an.
    »Sobald ihr in Molotow seid, will ich von euch hören. Versprochen?«, rief Alexander, während er vom Lastwagen sprang. »Alexander!«, rief Dascha ihm nach. »Ja?« Er beugte sich noch einmal in den Wagen. »Sag mir, wie lange liebst du meine Schwester schon?« Alexander blickte von Dascha zu Tatiana und dann wieder zu Dascha. Er öffnete den Mund, aber es kam kein Ton heraus. »Wie lange? Sag es mir! Sieh uns doch an - was für Geheimnisse können wir denn noch voreinander haben? Sag es mir, Liebling. Bitte.«
    Alexander biss die Zähne zusammen, dann stieß er hervor: »Dascha, ich habe deine Schwester nie geliebt. Nie. Ich liebe dich. Du weißt, was uns verbindet.«
    »Du hast gesagt, dass wir nächsten Sommer heiraten werden«, murmelte Dascha mit schwacher Stimme. »Hast du das ernst gemeint?«
    Er nickte. »Natürlich. Nächsten Sommer komme ich und wir heiraten. Und jetzt fahrt.«
    Er warf ihr einen Luftkuss zu, ohne Tatiana überhaupt noch eines Blickes zu würdigen. Und sie hatte so verzweifelt auf einen letzten, kurzen Blick gehofft, damit sie die Wahrheit wenigstens in seinen Augen sehen konnte! Aber er hatte sie verleugnet. Die Plane wurde geschlossen, der Laster fuhr los und die Mädchen saßen wieder im Dunkeln. Nur, dass jetzt Alexander nicht mehr bei ihnen war. Es gab kein Licht, und man hörte nur das Artilleriefeuer in der Ferne. Schließlich schloss Tatiana die Augen, damit Dascha nicht sehen konnte, was ihr so deutlich im Gesicht geschrieben stand. »Tania?«
    Sie antwortete nicht. Ihre Nase schmerzte von der kalten Luft, die sie einatmete.
    »Taneschka?«
    »Ja, Dascha, Liebes?«, flüsterte sie schließlich. »Geht es dir gut?«
    »Mach die Augen auf, Schwester.«
    Sie öffnete sie. »Dascha, ich bin sehr müde. Du hast stundenlang geschlafen. Jetzt bin ich an der Reihe. Ich möchte nur für ein paar Sekunden die Augen schließen. In Ordnung?« Dascha antwortete nicht, sondern blickte Tatiana mit erschreckender Klarheit an. Tatiana umfasste das Gesicht ihrer Schwester und schloss die Augen.
    »Was war das für ein Gefühl, Tania, ihn sagen zu hören, dass er dich nie geliebt

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