Die Liebenden von Leningrad
»Ich möchte lieber ein schlechtes Leben in der Sowjetunion führen als einen schönen Tod haben. Du nicht auch?«
»Wenn es ein Leben mit dir wäre, dann ja.« Nickend sagte Tatiana: »Außerdem habe ich noch keinen schönen Tod erlebt.«
»Doch, das hast du. Was hat Dascha gesagt, bevor sie starb?« Sie drückte sich an ihn. Am liebsten wäre sie in ihn hineingeschlüpft. »Sie hat gesagt, ich sei eine gute Schwester.« Alexander streichelte ihr sanft über den Kopf. »Du warst eine sehr gute Schwester. Sie hat das Richtige gesagt. Sie ist einen schönen Tod gestorben.«
Tatiana küsste die Haut über seinem Herzen. »Was wirst du zu mir sagen, Alexander Barrington, wenn du mich allein in dieser Welt zurücklässt?«, flüsterte sie, »Was wirst du zu mir sagen?«
Alexander drückte sie zurück aufs Bett, damit er sich über sie beugen konnte. »Tania«, flüsterte er, »hier in Lazarewo gibt es keinen Tod. Keinen Tod, keinen Krieg, keinen Kommunismus. Hier gibt es nur dich und mich und das Leben.« Er lächelte. »Das Eheleben. Lassen wir uns also leben.« Er sprang aus dem Bett. »Komm mit mir nach draußen. Und zieh dein Kleid an.« Er selbst zog seine Armeeshorts über. »Nur dein Kleid.«
Lächelnd sprang sie vom Ofen. »Wohin gehen wir?«
»Wir gehen tanzen.«
»Tanzen?«
»Ja. Am Hochzeitstag muss man tanzen.« Er zog Tatiana mit sich auf die Lichtung. Der Fluss rauschte, und die Lärchen dufteten. »Sieh dir den Mond an, Tatia«, sagte Alexander und wies auf das helle Leuchten zwischen den Bergen des Ural.
»Ja, ich sehe ihn«, erwiderte sie, hatte aber nur Augen für Alexander. »Wir haben keine Musik.«
Er zog sie an sich und flüsterte: »Unter dem Hochzeitsmond tanze ich mit meiner Frau in ihrem Hochzeitskleid ...« Und dann tanzten sie auf der Lichtung, und er sang dazu. Er sang ein amerikanisches Liebeslied, und Tatiana verstand das meiste. »Du hast so eine schöne Stimme, Shura, Liebster. Du musst mir den Text beibringen, damit ich es mit dir singen kann.«
Er drückte sie an seine nackte Brust und flüsterte: »Komm, Tatiascha.«
In dieser Nacht schliefen sie nicht.
Alexander.
Alexander.
Alexander.
Ihre Jahre in der Datscha, ihr Boot, ihr Ilmensee, an dem sie einst die Königin war - alles verschwand für immer in der Vergessenheit der Kindheit, und es gab nur noch Alexander.
In der Morgendämmerung saß Tatiana auf einer Decke am Fluss, Alexanders Kopf lag in ihrem Schoß. »Liebling«, flüsterte sie, »willst du schwimmen gehen?«
»Ich würde ja gern«, erwiderte Alexander, »wenn ich mich nur bewegen könnte.«
Sie schliefen ein paar Stunden, dann schwammen sie, zogen sich an und gingen schließlich zu Nairas Haus. Die Frauen saßen auf der Veranda, tranken Tee und unterhielten sich. »Sie reden bestimmt über uns«, sagte Tatiana im Näherkommen und trat einen Schritt zur Seite.
»Warte nur, bis wir ihnen wirklich etwas zu reden geben«, bemerkte Alexander und gab ihr einen Klaps auf den Po. Die Frauen waren böse auf Tatiana. Dusia weinte und betete, Raisa zuckte noch mehr als sonst. Naira starrte Alexander vorwurfsvoll an, und Axinja rutschte aufgeregt hin und her, als könne sie es kaum erwarten, am Nachmittag ihren Freundinnen von der ganzen Sache zu erzählen.
»Wo seid ihr gewesen? Wir wussten nicht, ob euch etwas passiert ist. Wir fürchteten, man hätte euch umgebracht!«, sagte Naira.
»Tania, sag es ihnen. Sag ihnen, welcher Schrecken dir widerfahren ist«, murmelte Alexander und unterdrückte ein Lächeln. Die Frauen - einschließlich Tatiana - blickten ihn finster an. Er nickte ihnen zu und ging hinter das Haus, um sich zu rasieren. Tatiana fand, dass er mit seinen Stoppeln aussah wie ein Pirat. Was sollte sie tun? Konnte sie diesen Frauen, die es doch nur gut mit ihr meinten, erzählen, was geschehen war? Noch vor ein paar Tagen waren sie ganz aufgeregt gewesen, weil Alexander die weite Reise zurückgelegt hatte, um seine Verlobte zu heiraten, und jetzt das ...
»Tatiana, würdest du uns bitte sagen, wo ihr wart?« »Nicht weit weg, Naira Michailowna. Wir waren in Molotow. Wir haben einige Dinge eingekauft, ein paar Lebensmittel, etwas, das ... Wir ...« Was sollte sie bloß sagen?
»Wo habt ihr geschlafen? Ihr wart drei Tage weg! Wir wussten nicht, was dir passiert ist!«
Alexander kam die Treppe zur Veranda herauf und sagte ohne jede Einleitung: »Hast du ihnen gesagt, dass wir geheiratet haben?«
Ein kollektives »Aaahhh!« entwich den Lungen der
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