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Die Liebenden von Leningrad

Die Liebenden von Leningrad

Titel: Die Liebenden von Leningrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paullina Simons
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wir ständig neu gruppiert werden. Aber ich glaube, beim nächsten Mal bin ich wieder mit Alexander zusammen.« »Ach ja?«, erwiderte sie, und ihre Beine gaben fast nach. »Nun, ich hoffe es für Sie. Es war schön, Sie zu sehen.« »Tania, geht es Ihnen gut?« Marasow sah sie besorgt an. Fast kam es ihr so vor, als wisse er von ihr und Alexander. Sie rang sich ein kleines Lächeln ab. »Natürlich, mir geht es sehr gut.« Sie legte ihm die Hand auf den Ärmel. »Danke, Leutnant.«
    »Soll ich Dimitri erzählen, dass Sie vorbeigeschaut haben?« »Nein, bitte nicht.«
    Er nickte. Als Tatiana schon fast um die Ecke gebogen war, rief er ihr nach: »Soll ich es Alexander erzählen?«
    Sie drehte sich um. »Nein, auch das bitte nicht!«, rief sie zurück.
    Als Tatiana am nächsten Abend aus dem Krankenhaus nach Hause kam, wartete Dimitri mit Inga und Stanislaw im Flur auf sie.
    »Dimitri!«, sagte Tatiana entsetzt. »Was ... wie ... was tust du denn hier?«
    »Wir haben ihn hereingelassen, Taneschka«, sagte Inga. »Er sagte, ihr wart letztes Jahr häufig zusammen.« Dimitri kam auf Tatiana zu und schlang die Arme um sie. Bewegungslos ließ sie seine Umarmung über sich ergehen. »Ich habe gehört, dass du dich nach mir erkundigt hast«, sagte er. »Ich war so gerührt! Sollen wir ins Zimmer gehen?« »Wer hat dir das gesagt?«
    »Burenitsch, die Torwache. Er sagte, ein junges Mädchen sei vorbeigekommen und habe nach mir gefragt. Du hast ihm deinen Namen nicht hinterlassen, aber er hat dich beschrieben. Ich bin wirklich sehr gerührt, Tania. Das waren harte Monate für mich.«
    Er sah zusammengesunken und hohläugig aus. »Dimitri, ich hatte auch keine besonders gute Zeit«, erwiderte sie und warf Inga und Stanislaw einen wütenden Blick zu. Sie wandte sich ab. »Ich bin sehr müde.«
    »Du bist doch bestimmt hungrig und möchtest etwas essen.« »Ich habe im Krankenhaus gegessen«, log Tatiana. »Und außerdem habe ich fast nichts hier.« Wie sollte sie ihn nur dazu bringen, wieder zu gehen? »Ich muss morgen früh um fünf aufstehen und habe dann zwei neunstündige Schichten hintereinander. Ich bin den ganzen Tag auf den Beinen. Ein andermal vielleicht...«
    »Nein, Tania, wer weiß, ob es ein andermal geben wird«, erwiderte Dimitri. »Komm schon. Vielleicht kannst du mir einen Tee machen? Und ein bisschen zu essen? Im Gedenken an die guten, alten Zeiten?«
    Tatiana wagte nicht, sich Alexanders Reaktion vorzustellen, wenn er herausfand, dass Dimitri sich mit ihr in einem Zimmer aufgehalten hatte. Sie wusste nicht, was sie tun sollte. Aber dann dachte sie daran, dass sich auch Alexander immer noch mit ihm auseinander setzen musste, also würde sie es auch tun. Er ist nicht nur Alexanders Freund, sondern unser Freund. Tatiana briet Dimitri ein paar Sojabohnen auf dem Primuskocher, den sie sich von Slawin geliehen hatte - als Gegenleistung kochte sie Slawin ab und zu etwas. Sie schnitt ein paar kleine Karotten in die Bohnen und auch eine halbe Zwiebel. Dann gab sie ihm noch eine Scheibe Schwarzbrot mit einem Teelöffel Butter.
    Als Dimitri sie um einen Wodka bat, behauptete sie, sie habe keinen, weil sie nicht mit ihm allein sein wollte, wenn er betrunken war. Die Küche wurde von einer Kerosinlampe nur schwach beleuchtet; es gab zwar Strom, aber in den Läden konnte man keine Glühbirnen kaufen.
    Dimitri hielt den Teller auf den Knien. Tatiana setzte sich ans andere Ende des Sofas.
    »Warum ist es so kalt hier drin?«, fragte Dimitri. »Der Ofen funktioniert nicht«, erwiderte Tatiana. Sie trug immer noch ihre Schwesterntracht, und auf ihren Haaren saß das weiße Häubchen.
    »Ach, Tania, erzähl mir doch, wie es dir ergangen ist. Du siehst gut aus«, sagte Dimitri. »Gar nicht mehr wie ein Mädchen.« Er lächelte. »Eher wie eine junge Frau. Du hast zugenommen, seit ich dich das letzte Mal gesehen habe ...« Ein Blick von ihr brachte ihn zum Schweigen. »Als du mich das letzte Mal gesehen hast, Dimitri«, erwiderte sie kühl, »war ich in Kobona und habe dich gebeten, mir zu helfen, meine Schwester zu beerdigen. Vielleicht hast du das ja vergessen. Aber ich nicht.«
    »Tania, oh, ich weiß«, sagte er und winkte ab. »Wir haben uns völlig aus den Augen verloren! Aber ich habe immerzu an dich gedacht. Es freut mich, dass du aus Kobona herausgekommen bist. Vielen ist das nicht gelungen.«
    »Nein, meiner Schwester zum Beispiel nicht.« Tatiana hätte ihn am liebsten gefragt, warum er Alexander wegen Dascha angelogen

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