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Die Liebenden von Leningrad

Die Liebenden von Leningrad

Titel: Die Liebenden von Leningrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paullina Simons
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Krankenhaus werde ich gebraucht. Ich lebe. Ich habe zu essen.« »Aber du musst doch einsam sein, Tania!«
    »Warum soll ich denn einsam sein? Ich bin ständig von Menschen umgeben. Und außerdem denkst du doch, ich treffe mich mit einem Arzt! Komm, lass uns aufhören. Es ist schon spät.« Er stand auf und trat einen Schritt auf sie zu. Tatiana streckte abwehrend die Hände aus. »Dimitri, jetzt ist Schluss. Wir passen nicht zusammen. Und obwohl du das schon immer gewusst hast, hast du mich trotzdem bedrängt. Warum nur?« Lachend erwiderte Dimitri: »Vielleicht habe ich gehofft, liebe Tania, dass die Liebe einer anständigen jungen Frau, wie du es bist, einen Kerl wie mich rettet.«
    Tatiana blickte ihn kalt an. »Es freut mich, dass du für dich noch Rettung erhoffst.«
    Wieder lachte er. »Ach was, Tania, das tue ich ja gar nicht, weil ich nie von einer anständigen jungen Frau wie dir geliebt worden bin.« Leiser fügte er hinzu: »Aber welcher Mann wird schon von solch einer Frau geliebt?«
    Tatiana schwieg. Auf einmal wurde ihr bewusst, dass sie an der Stelle stand, wo sich früher ihr Esstisch befunden hatte, bevor Alexander ihn zu Feuerholz zersägte. Zu viele Gespenster in einem kleinen, dunklen Zimmer ...
    Dimitri funkelte sie an. »Ich verstehe nicht«, sagte er laut, »warum du eigentlich zur Kaserne gekommen bist? Warum hast du dich nach mir erkundigt? Ich dachte, du wolltest, dass ich zu dir komme. Willst du mich an der Nase herumführen?« Seine Stimme wurde noch lauter, und er trat noch einen Schritt näher. »In der Armee gibt es ein Wort für solche Mädchen. Wir nennen sie Mütter.« Er lachte.
    »Glaubst du wirklich, Dima, dass ich dich nur an der Nase herumführe? Dass ich nicht meine, was ich sage? Hältst du mich im Ernst für so ein Mädchen?« Er grummelte etwas.
    »Das dachte ich mir«, fuhr Tatiana fort. »Nun, ich habe an der Kaserne nach Marasow und dir gefragt, weil ich einfach ein vertrautes Gesicht sehen wollte.«
    »Ach, hast du vielleicht auch nach Alexander gefragt? Der ist nämlich nicht in der Garnison. Der ist entweder in Morosowo, wenn er Dienst hat, oder in irgendeinem Bordell in Leningrad, wenn er freihat.«
    Tatiana konnte nur hoffen, dass es Dimitri nicht auffiel, wie blass sie wurde. »Ich habe nach allen gefragt, die ich kenne.« »Nach allen - außer Petrenko«, erwiderte Dimitri. »Obwohl du doch mit ihm ganz gut befreundet warst, so oft wie du im letzten Jahr vorbeigekommen bist. Warum hast du denn nicht nach deinem Freund Iwan Petrenko gefragt? Bevor er fiel, hat er mir erzählt, dass er dich manchmal zum Rationsladen begleitet hat. Auf Befehl von Hauptmann Below natürlich. Er hat dir und deiner Familie sehr geholfen. Warum hast du denn nicht nach ihm gefragt?«
    Sie hatte selbstverständlich nicht nach ihm gefragt, weil sie aus Alexanders Brief wusste, dass er tot war, aber das durfte sie Dimitri gegenüber natürlich nicht zugeben. Tatiana war die ganze Situation auf einmal so leid, dass sie Dimitri am liebsten die Wahrheit gesagt hätte. Aber der Gedanke an die Konsequenzen hielt sie zurück.
    Sie richtete sich auf und blickte Dimitri kalt an. Mit fester Stimme sagte sie: »Dimitri, was zum Teufel willst du eigentlich aus mir herauslocken? Hör auf, mich mit deinen Fragen zu manipulieren. Entweder du fragst mich geradeheraus, was du wissen willst, oder du hältst den Mund. Ich bin zu müde für deine Spielchen. Also, du willst wissen, warum ich nicht nach Petrenko gefragt habe? Weil ich zuerst nach Marasow gefragt habe, und als er zum Tor kam, habe ich nicht mehr nach anderen Personen gefragt. Und jetzt reicht es!« Dimitri starrte sie unbehaglich und überrascht an. Es klopfte an der Tür. Inga steckte den Kopf herein. »Was ist los?«, fragte sie. »Ihr seid so laut! Ist alles in Ordnung?« »Ja, danke, Inga«, erwiderte Tatiana und schlug ihr die Tür vor der Nase zu. Mit ihr würde sie später abrechnen. Dimitri trat auf sie zu und sagte kleinlaut: »Es tut mir Leid, Tania. Ich wollte dich nicht wütend machen. Ich habe nur deine Absichten missverstanden.«
    »Ist schon gut, Dimitri. Es ist spät. Du gehst jetzt besser,« Dimitri wollte sie umarmen, aber sie wich zurück. Achselzuckend sagte er: »Ich habe mir immer gewünscht, dass es mit uns beiden funktionieren würde.«
    »Tatsächlich, Dimitri?«, fragte Tatiana. Dann schwieg sie. Es hatte keinen Sinn, ihm erklären zu wollen, dass es ihm nur um sich selbst ging und nie um irgendjemand anderen. Offenbar

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