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Die Liebenden von Leningrad

Die Liebenden von Leningrad

Titel: Die Liebenden von Leningrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paullina Simons
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sich nicht mehr als ein Dutzend Finnen in den Wäldern herumtreiben. Du könntest mit mir im Lastwagen dorthin fahren, vor der Grenze lassen wir den Laster stehen und dann ...«
    »Dima!«, flüsterte Alexander. »Den Laster stehen lassen? Sieh dich doch an! Du kannst doch kaum laufen. Wir haben im Juni schon darüber geredet...«
    »Nicht nur im Juni. Wir haben immer wieder darüber geredet. Ich bin es leid. Ich bin es auch leid, noch länger abzuwarten. Ich kann nicht mehr warten. Lass uns einfach abhauen, und entweder wir schaffen es oder wir schaffen es nicht und werden erschossen. Was ist da schon der Unterschied? So haben wir zumindest unsere Chance genutzt.« »Hör mir zu ...«, begann Alexander und stand auf. »Nein, du hörst mir zu! Dieser Krieg hat mich verändert...« »Ach ja?«
    »Ja! Er hat mir gezeigt, dass ich um mein Leben kämpfen muss. Mit allen Mitteln, die mir zur Verfügung stehen. Bis jetzt hat bloß kein Mittel funktioniert. Weder die Versetzungen von einer Einheit in die andere noch die Schusswunde im Fuß noch die Monate im Krankenhaus und auch nicht das Zwischenspiel in Kobona - nichts! Die Deutschen sind entschlossen, mich umzubringen. Und ich bin entschlossen, es nicht zuzulassen.« Dimitri schwieg und fügte dann leiser hinzu: »Das macht deinen Einsatz für den leider inzwischen verstorbenen Jurij Stepanow rückblickend noch ärgerlicher. Er ist tot und wir sind immer noch hier. Und alles nur, weil du ihn unbedingt zurückbringen wolltest. Wenn du das nicht getan hättest, wären wir jetzt in Amerika.«
    Alexander wahrte nur mühsam die Beherrschung. Er baute sich vor Dimitri auf und zischte mit zusammengebissenen Zähnen: »Und ich habe dir damals dasselbe gesagt, was ich dir jetzt sage: Geh. Verschwinde. Hau ab! Ich gebe dir die Hälfte meines Geldes. Du weißt ganz genau, wie du nach Helsinki und von da aus nach Stockholm kommst. Also verschwinde endlich!« Dimitri wich vor ihm zurück. »Und du weißt ganz genau, dass ich ohne dich nicht gehen kann. Ich spreche kein Wort Englisch.«
    »Du brauchst auch nicht Englisch zu sprechen. Geh einfach nach Stockholm und lass dich als Flüchtling registrieren. Sie werden dich schon aufnehmen, Dimitri.« »Aber jetzt, mit meinem Bein ...«
    »Vergiss dein Bein. Zieh es hinter dir her, wenn es sein muss. Ich gebe dir die Hälfte meines Geldes ...« »Was zum Teufel redest du da? Wir wollten zusammen fliehen, weißt du nicht mehr? Das war doch unser Plan, oder? Ich gehe nicht allein!«
    »Wenn das so ist, dann wirst du eben warten müssen, bis ich der Meinung bin, dass der richtige Zeitpunkt gekommen ist. Und jetzt ist es noch nicht so weit. Im Frühling wird ...« »Ich warte nicht noch bis zum Frühling!« »Was bleibt dir schon anderes übrig? In Wahrheit weißt du doch, dass die Grenztruppen des NKWD Deserteure auf der Stelle erschießen.«
    »Bis zum Frühling bin ich so oder so tot!« Dimitri sprang von seinem Stuhl auf und versuchte, sich vor Alexander aufzubauen. »Und du auch! Was ist eigentlich mit dir los? Was zum Teufel ist in dich gefahren? Willst du nicht mehr abhauen? Willst du lieber sterben?« Alexander antwortete nicht.
    Dimitri blickte ihn finster an. »Vor fünf Jahren, als du noch ein Niemand warst, als du mich noch brauchtest, da habe ich dir einen Gefallen getan, Hauptmann der Roten Armee.« Mit einem raschen Schritt stand Alexander so dicht vor Dimitri, dass dieser erschreckt zurückwich, auf den Stuhl sank und ängstlich zu Alexander aufblickte.
    »Ja, das stimmt«, sagte Alexander. »Und ich habe es niemals vergessen,«
    »Schon gut, schon gut«, erwiderte Dimitri beschwichtigend, »Mach nicht...«
    »Habe ich mich deutlich ausgedrückt? Wir warten auf den richtigen Zeitpunkt.«
    »Aber die Grenze bei Lisiy Nos ist jetzt ungeschützt!«, rief Dimitri aus. »Worauf wartest du denn, verdammt noch mal? Jetzt ist der ideale Zeitpunkt, um zu verschwinden. Später, wenn der Krieg dort weitergeht, gibt es auf beiden Seiten wieder viel mehr Soldaten ...«
    »Dimitri, zum letzten Mal, ich gehe jetzt nicht.« »Wann dann?«
    »Das sage ich dir früh genug. Zuerst werden wir die Blockade brechen. Es wird unsere ganze Kraft erfordern, aber wir werden es schaffen, und dann im Frühjahr ...« Dimitri schmunzelte plötzlich. »Vielleicht sollten wir die Blockade von Tania brechen lassen.«
    Einen Moment lang dachte Alexander er hätte sich verhört.
    Hatte Dimitri gerade Tatiana erwähnt?
    »Was hast du gesagt?«, fragte er

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