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Die Liebenden von Leningrad

Die Liebenden von Leningrad

Titel: Die Liebenden von Leningrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paullina Simons
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nahmen nicht wie sonst die Tram Nummer zwei, sondern gingen die fünf Kilometer bis zu Tatianas Wohnung zu Fuß.
    Sie traten durch das Eisentor. Dahinter lag die Tür.
    Alexander wies darauf und sagte: »Solche Tore und Türen haben Ohren, immerzu wirst du belauscht, durch Wände hindurch beobachten sie dich, sei es bei Kirow oder wenn du im Bett liegst...«
    »Du machst Witze. Hinter dieser Tür sind irgendwo meine Großeltern. Du willst doch nicht etwa andeuten, dass sie Informanten sind?«
    »Das sage ich ja gar nicht.« Er schwieg. »Ich warne dich nur ... man kann niemandem vertrauen. Hier ist niemand sicher.«
    »Niemand?«, fragte Tatiana neckend und sah ihn an. »Noch nicht einmal du?« »Vor allem ich nicht.«
    »Du bist nicht sicher?« Sie lächelte ungläubig. Er erwiderte ihr Lächeln. »Ich bin nicht sicher.« »Aber du bist doch Offizier der Roten Armee!« »Ach? Sag das mal den Offizieren der Roten Armee von 1937 und 1938. Sie wurden alle erschossen. Deshalb will auch jetzt niemand Verantwortung für diesen Krieg übernehmen.« Nach einer Weile fragte Tatiana: »Bin ich denn sicher?« »Tatiana«, flüsterte er ganz dicht an ihrem Ohr, »wir werden verfolgt, immer und überall. Eines Tages wird vielleicht plötzlich jemand vor dir stehen, und dann wirst du zu einem Mann gebracht, der wissen will, was Alexander Below auf dem Heimweg zu dir gesagt hat.«
    »Du hast mir schon viel zu viel erzählt, Alexander Below«, erklärte Tatiana und rückte von ihm ab. »Warum hast du das getan, wenn du denkst, dass ich deinetwegen verhört werde?« »Ich brauchte jemanden, dem ich vertrauen konnte.« »Warum hast du es denn nicht Dascha erzählt und ihr Leben in Gefahr gebracht?«
    Alexander schwieg für eine Weile, bevor er antwortete: »Weil ich dir vertrauen wollte.«
    »Du kannst mir vertrauen«, sagte Tatiana fröhlich und schubste ihn leicht. »Aber tu mir einen Gefallen, erzähl mir nichts Wichtiges mehr, ja?«
    »Dazu ist es schon zu spät«, erwiderte er und schubste sie ebenfalls.
    »Willst du damit sagen, dass wir sowieso bereits dem Untergang geweiht sind?«, fragte sie lachend. »Auf ewig«, erwiderte Alexander. »Darf ich dir ein Eis kaufen?« »Ja, bitte.« Sie strahlte. »Karamell, richtig?« »Genau.«
    Sie setzten sich auf eine Bank, während Tatiana das Eis aß. Auch anschließend blieben sie noch sitzen und redeten miteinander, bis Alexander auf die Uhr blickte und aufstand. Als sie an der Ecke Grecheskij und Zweite Sowjet, drei Blocks von ihrem Haus entfernt, stehen blieben, war es fast schon zehn Uhr.
    Tatiana seufzte. »Du kommst gleich zu Besuch, nicht wahr?
    Dascha hat es erzählt.«
    »Ja.« Auch er seufzte. »Mit Dimitri.«
    Tatiana blickte ihn schweigend an. Er war so nahe, dass sie ihn riechen konnte. Tatiana hatte noch nie jemanden gekannt, der so gut und sauber roch wie Alexander.
    Sie hatte das Gefühl, als wolle er etwas sagen. Er hatte den Mund geöffnet und sich stirnrunzelnd vorgebeugt. Sie wartete angespannt. Einerseits wollte sie unbedingt hören, was er zu sagen hatte, und andererseits auch nicht. Sie verabscheute ihre hässlichen braunen Arbeitsstiefel und wünschte, sie trüge die roten Sandalen. Sie dachte daran, dass sie Dascha gehörten, dass sie selbst gar keine hübschen Schuhe besaß, und am liebsten hätte sie barfuß vor ihm gestanden. Tatiana wich einen Schritt zurück.
    Auch Alexander entfernte sich ein Stück von ihr. »Geh jetzt hinein«, sagte er, »ich sehe dich dann heute Abend.« Als sie ins Haus lief, spürte sie seine Blicke im Rücken. Sie drehte sich um und stellte fest, dass er ihr wirklich nachschaute.

    Alexander und Dimitri kamen erst nach elf Uhr. Draußen war es noch immer hell. Dascha war noch nicht zu Hause. Ihr Chef ließ sie Überstunden machen, weil er vielen Leuten das Gold aus den Zähnen nehmen musste. In Krisenzeiten besaßen die Menschen gern Gold statt harter Währung, denn Gold behielt seinen Wert. Dascha musste jeden Tag länger arbeiten, und sie fand es schrecklich. Es wäre ihr am liebsten gewesen, wenn das Leben in Leningrad genauso weitergegangen wäre wie bisher. Sie wünschte sich einen Sommer wie die Jahre zuvor - ein wenig träge, warm, staubig und voller junger Verliebter. Tatiana, Dimitri und Alexander standen verlegen in der Küche herum. »Na, was ist mit euch beiden los?«, fragte Dimitri.
    »Nun, ich bin müde«, sagte Tatiana. Das war nur die halbe Wahrheit.
    »Und ich habe Hunger«, fügte Alexander hinzu und blickte

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