Die Liebenden von Leningrad
in Ordnung?« »Es gibt Gerüchte, dass wir hier in der Falle sitzen.« »Wir sitzen nicht in der Falle, Chernenko«, sagte Marasow. »Wir sind hier, um Leningrad zu verteidigen.« »Die Finnen sind in den Krieg eingetreten«, schnaubte Dimitri verächtlich. »Wenn sie sich mit den Deutschen zusammentun, sind wir so gut wie tot. Dann können wir uns auch gleich aufhängen.«
»Das ist die richtige Einstellung«, sagte Marasow. »Below, haät du mir diesen Soldaten empfohlen?«
Alexander wandte sich an Dimitri. »Leutnant Marasow hat Recht, Dima. Deine Einstellung überrascht mich.« Dimitri lächelte verschlagen. »Alexander, das ist nicht das, was wir uns erhofft hatten, als wir in die Armee eintraten, was?« Als Alexander nicht antwortete, fuhr er fort: »Den Krieg meine ich.«
»Nein, Krieg habe ich mir nicht erhofft. Wer tut das schon?« Alexander schwieg.
»Du weißt, wie ich darüber denke. Aber ich hatte weitaus geringere Wahlmöglichkeiten als du.«
»Hattest du überhaupt eine Wahl, Below?«, fragte Marasow. Alexander legte seine Karten auf den Tisch, drückte seine Zigarette aus und stand auf. »Ich bin gleich zurück«, wandte er sich an die anderen Offiziere und ging hinaus. Dimitri folgte ihm.
Im Flur hielten sich viele Offiziere auf, also gingen sie die Treppe hinunter und traten durch die Seitentür hinaus auf den gepflasterten Hof. Es war bereits nach ein Uhr morgens und der Himmel war noch immer nicht ganz dunkel. Ein paar Meter von ihnen entfernt standen drei Soldaten und rauchten. Alexander sagte: »Dima, du musst mit dem Unsinn aufhören. Ich hatte auch keine Wahl. Glaub das doch endlich! Was soll ich denn für eine Wahl gehabt haben?« »Zum Beispiel, irgendwo anders hinzugehen.« Alexander antwortete nicht und Dimitri fuhr fort: »Finnland ist im Moment zu gefährlich für uns.«
»Ich weiß.« Alexander hatte keine Lust, über Finnland zu reden. »Es stehen zu viele Männer auf beiden Seiten. Um Lisiy Nos herum ist alles voller Truppen und Minen. Es ist überhaupt nicht sicher dort. Ich weiß nicht, was wir tun sollen. Glaubst du, die Finnen kommen aus Vyborg nach Lisiy Nos?« Alexander rauchte schweigend. Schließlich sagte er: »Ja. Irgendwann bestimmt. Sie wollen ihre alten Grenzen zurück.« »Was können wir bloß tun?«, fragte Dimitri. Als Alexander nicht antwortete, fuhr er fort: »Ob das Leben wohl jemals wieder normal wird, Alex?«
»Ich weiß nicht, Dima. Wir müssen einfach abwarten.« Dimitri seufzte. »Nun gut. Kannst du mich in der Zwischenzeit wenigstens aus dem Ersten Infanterieregiment herausholen?« »Dima, ich habe dich schon aus dem Zweiten Infanteriebataillon geholt.«
»Ich weiß, aber ich bin immer noch möglichen Angriffen ausgesetzt. Marasows Männer stehen in der zweiten Linie. Ich möchte lieber in der Putzschwadron sein oder Nachschub liefern.« Er schwieg. »Für Nachschub zu sorgen ist wahrscheinlich das Beste, meinst du nicht auch?«
»Du willst Nachschub liefern? Munition für die Truppen an vorderster Front?«, fragte Alexander überrascht. »Ich dachte mehr an Post und Zigaretten für die Truppen in den hinteren Linien.«
Alexander lächelte. »Nun, ich werde sehen, was ich tun kann.« »Na, komm«, forderte Dimitri ihn auf und trat seine Zigarette auf dem Pflaster aus. »Sei doch mal ein bisschen fröhlicher!
Was ist in der letzten Zeit mit dir los? Noch ist doch alles in Ordnung. Die Deutschen sind noch nicht hier und wir haben einen großartigen Sommer.« Alexander schwieg.
»Alex, ich möchte gern noch über etwas anderes mit dir reden ...«, fuhr Dimitri fort. »Über Tania. Sie ist so ein nettes Mädchen ...«
»Wie?«
»Tania. Sie ist ein nettes Mädchen.« »Ja.«
Dimitri hielt inne. »Und ich möchte auch, dass es so bleibt. Sie sollte wirklich nicht hierher kommen. Und vor allem nicht mit dir reden.«
»Da stimme ich dir zu.«
»Ich weiß, dass wir alle gute Freunde sind, und sie ist die kleine Schwester deiner Braut, aber ehrlich gesagt möchte ich nicht, dass dein Ruf auf mein nettes Mädchen abfärbt«, sagte Dimitri. »Schließlich ist sie nicht eine deiner Garnisonsnutten ...«
Alexander trat einen Schritt auf Dimitri zu und sagte laut: »Das reicht!«
Dimitri lachte. »Ich habe doch nur einen Witz gemacht. Ich war in der letzten Zeit nur selten bei den Metanows. Tania arbeitet wie verrückt. Kommt Dascha dich immer noch besuchen?«
»Ja.« Dascha tauchte jeden Abend auf und versuchte alles, um ihn zurückzugewinnen. Aber er
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