Die Liebenden von Leningrad
Alexander sie. Er hielt sie fest, und als sie schwieg, zog er ihr vorsichtig die Bluse und das Unterhemd aus. Klein und schwach lehnte sie mit nacktem Oberkörper an ihm. Ihre Haut war warm. Sie braucht mich so sehr, dachte Alexander. Und ich brauche sie. »Wo tut es weh?« »Dort, wo du mich berührst«, flüsterte sie. »Direkt unter deinen Fingern.«
Er betrachtete ihren Rücken. Das Blut trocknete bereits. »Es ist wahrscheinlich ein Schnitt. Ich wasche deinen Rücken, aber ich glaube, es ist nichts Ernstes.« Alexander drückte ihren Kopf an seine Brust und küsste sie auf die feuchten Haare. Danach legte er sie wieder auf das Laken. Sie bedeckte ihre Brüste mit den Händen und schloss die Augen. »Tatiascha, ich muss dich waschen«, sagte Alexander.
Sie hielt die Augen geschlossen. »Das kann ich selbst tun«, flüsterte sie.
»Aber du kannst ja noch nicht einmal allein sitzen«, wandte er ein.
»Gib mir ein nasses Tuch.«
»Tatia, lass mich dich doch pflegen!« Er holte tief Luft. »Bitte! Hab keine Angst! Ich würde dir nie wehtun.« »Das weiß ich«, murmelte sie, ohne die Augen zu öffnen. »Ich habe eine Idee. Bleib so. Ich ... ich wasche ...drum herum.«
Er wusch ihre Arme, ihren Bauch und den oberen Teil ihres Brustkorbes im flackernden Licht der Kerosinlampe. Tatiana stöhnte laut auf, als er an die Rippen kam. Als sie sauber war, flüsterte Alexander: »Irgendwann wirst du mir erklären, was du während der Bombardierung in dem Bahnhof gemacht hast, ja? Du hast so viel Glück gehabt! Heb deine Arme ein bisschen hoch. Wenn ich dich abgetrocknet habe, bandagiere ich deine Rippen. Sie wachsen von allein wieder zusammen. Danach bist du so gut wie neu.« Tatiana hielt die Augen geschlossen und wandte das Gesicht ab. Alexander zog ihr die zerschnittene Hose aus, so dass sie nur noch ihre Unterhose anhatte, und wusch ihr die Beine. Als er an ihr gebrochenes Schienbein kam, zuckte sie zusammen und verlor das Bewusstsein. Er wartete, bis sie wieder zu sich kam. »Tut es sehr weh?«
»Es ist ein Gefühl, als ob es abgeschnitten würde«, murmelte Tatiana. »Hast du etwas gegen die Schmerzen?« »Nur Wodka.«
»Ich mag nicht so gern Wodka.«
Als er ihren Bauch abtrocknete, flüsterte Tatiana: »Bitte, sieh mich nicht an.« Ihre Stimme brach.
Alexander erwiderte leise: »Ist schon gut, Tatiascha.« Er beugte sich über sie und küsste ihre Brust. »Ist schon gut.« Einen Moment lang verweilten seine Lippen auf ihrer Haut, dann richtete er sich auf. »Ich muss dich umdrehen, um auch den Rest zu waschen.«
Er säuberte ihren Rücken mit der gleichen Sorgfalt und Vorsicht wie die anderen Körperteile. »Dein Rücken ist bis auf ein paar Schnittwunden in Ordnung. Was so brennt, sind die Rippen.«
Das Gesicht gegen das Laken gedrückt, murmelte Tatiana: »Was soll ich denn anziehen? Etwas anderes habe ich nicht.« »Mach dir keine Sorgen. Wir finden morgen schon etwas für dich.« Er bandagierte ihre Rippen, und als er den Verband unter den Armen befestigte, hätte er sie am liebsten auf die Schulter geküsst. Aber er beherrschte sich.
Anschließend bedeckte er Tatianas Oberkörper mit einer Decke und verband ihr Bein, das er mit einem Holzstab stabilisierte. »Und jetzt halt dich an mir fest!« Sie konnte kaum die Arme heben.
Alexander trug sie neben seinen Mantel, auf dem er schlief, und als er sie dort absetzte, ließ Tatiana ihre Arme ein wenig länger als nötig um seinen Hals liegen. Dann deckte er sie mit einer Decke zu.
Sie zog sich die Decke bis zum Hals und sagte: »Warum ist mir so kalt? Muss ich sterben?«
»Nein«, entgegnete Alexander, während er die Laken und die Handtücher zusammenräumte. »Du wirst wieder gesund.« Er lächelte. »Wir müssen dich nur bald in die Stadt bringen.« »Ich kann doch nicht laufen! Wie sollen wir das denn schaffen?« Alexander tätschelte leicht ihr gesundes Bein und sagte: »Solange ich bei dir bin, brauchst du dir keine Gedanken zu machen. Ich kümmere mich um dich.«
»Ich mache mir keine Gedanken«, erwiderte Tatiana und blickte ihn unverwandt an.
»Vielleicht sind ja bis morgen die Schienen repariert. Das sind nur drei Kilometer von hier. Ich wünschte, ich hätte noch meinen Lastwagen, aber den hat die Armee genommen. Sie braucht ihn dringender als ich.« Er schwieg. »Wir müssen morgen früh zeitig aufbrechen.« Er rückte ein wenig näher an Tatiana heran. »Wo warst du, bevor du zum Bahnhof gegangen bist?«
»Flussabwarts. Da haben die
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