Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Liebenden von Sotschi

Die Liebenden von Sotschi

Titel: Die Liebenden von Sotschi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Alpen?«
    »Ja.«
    »Wie ich dich beneide! Jetzt beginnt die Wiesenblüte auf den Almen.«
    »Willst du nachkommen?« Er beugte sich über den Tisch zu ihr. »Ich rufe dich sofort an, wenn ich dort ein Zimmer bekommen kann. Irininka, komm nach!«
    »Ich habe mit Dr. Ewingk gesprochen.« Ihre Augen leuchteten glücklich. »Ich kann schon in vier Wochen Urlaub bekommen! Ein verheirateter Kollege mit Kindern ist zurückgetreten, er baut ein Haus und bleibt hier. Ist das nicht toll? Schon in vier Wochen. Wohin wollen wir fahren?«
    »Überallhin, wo ich mit dir glücklich sein kann«, sagte er etwas gepreßt. Wie fröhlich sie ist, dachte er. Nur noch vier Wochen … Irina, wo werden wir in vier Wochen sein?! Morgen, übermorgen werden wir es wissen. Und dann werde ich auch wissen, wie groß deine Liebe ist. »Es ist das erstemal seit meiner Flucht, daß wir uns für zwei Tage trennen«, sagte er. »Es hat ein Jahr lang keinen Tag ohne dich gegeben.«
    »Wirklich, das stimmt!« Sie sah ihn so zärtlich an, daß sein Herz zu zucken begann. »Es ist das erstemal.«
    »Wirst du an mich denken? Du mußt immer an mich denken!«
    »Es wird merkwürdig sein ohne dich, auch wenn es nur zwei Tage sind. Bestimmt, ich spüre es schon jetzt.« Sie lachte. »Aber es sind ja nur zwei Tage und zwei Nächte. Ich werde sie ausnutzen und die Wohnung gründlich putzen.«
    »Denk immer an mich«, sagte Bubrow dumpf. »Und vergiß deine Liebe nicht.«
    Sie hielt den letzten Satz für reichlich dumm; er klang so, als könne sie sich in diesen zwei Tagen für einen anderen Mann interessieren. Sie meinte zum erstenmal, bei Boris einen Anflug von Eifersucht feststellen zu können.
    In der Nacht liebten sie sich, als sollten sie am Morgen getötet werden. Und einmal war es ihr sogar, als weinte Boris Alexandrowitsch, während er sein Gesicht zwischen ihre Brüste preßte.
    Gegen Morgen, als sie erschöpft und fest schlief, schlich sich Boris hinaus und schrieb einen Brief an sie. Er warf ihn unten in den Kasten, während er zum Frühstück die Zeitung heraufholte, wohl wissend, daß sie erst am Abend, bei ihrer Rückkehr vom Labor, den Briefkasten aufschließen würde.
    Dann war alles schon geschehen.
    Die völlige Auslöschung des Boris Alexandrowitsch Bubrow.
    Die ›Fahrt zur Baustellenbesichtigung‹ fand erst am späten Vormittag statt. Irene mußte früher zu ihrer Arbeitsstelle, Bubrow blieb noch in der Wohnung. Der kleine Koffer für zwei Tage war gepackt.
    Sie nahmen voneinander Abschied, als gehe Bubrow in eine andere Welt. Immer und immer wieder küßte er sie, ging mit ihr hinunter zur Haustür, stand dann auf der Straße und winkte ihr nach, bis das Auto um die Ecke bog. Ob ich sie wiedersehe? dachte er und fühlte einen Druck auf dem Herzen. Ob sie mir das verzeihen kann? Ob sie es überhaupt begreifen kann?! Ist der Brief genug für eine Erklärung? Ein Feigling bist du, Boris Alexandrowitsch. Wahrhaftig, eine Memme! Flüchtest dich in geschriebene Worte, statt mit ihr zu reden. Gerade das wird sie nie begreifen. Wovor hast du eigentlich Angst, Bubrow? Vor ihren Tränen, vor ihren entsetzten Augen, vor ihrer Fassungslosigkeit? Vor ihrem Entsetzen, daß man ihr so etwas antun konnte? Wo ist der furchtlose Bubrow geblieben, von dem Ussatjuk einmal gesagt hatte: »Wenn der Befehl käme, den amerikanischen Präsidenten zu entmannen – auch dafür käme nur Bubrow in Frage!«
    Er blickte noch immer auf die Kurve, hinter der Irene verschwunden war, als von der anderen Seite ein auf Hochglanz polierter Jaguar heranrollte und vor ihm bremste. Ein Mann in elegantem Kamelhaarmantel stieg aus, schlug die Wagentür zu, musterte Bubrow und vergrub die Hände lässig in den Manteltaschen.
    Bubrow, seit Orlowskijs Warnung vorsichtig wie ein gejagtes Tier, trat in den Hauseingang zurück und stellte sich mit dem Rücken gegen die Wand. So sieht kein Liquidator aus, dachte er. Sie kommen nicht in Kamelhaar und mit einem Luxuswagen.
    »Wenn ich Sie so ansehe«, sagte der elegante Mann mit leicht spöttischem Unterton, »können Sie nur der Russe sein.«
    Das war ein Anfang, der Bubrow beruhigen konnte, ihn aber dennoch wütend machte. »Ja!« antwortete er. »Was wollen Sie?«
    »Ich habe gesehen, daß Irene weggefahren ist. Ich stand dort hinten auf der Lauer, in der Hoffnung, den Russen noch anzutreffen. Und da sind Sie ja!«
    »Wieso sagen Sie Irene?«
    »Pardon. Das muß Sie verwundern. Mein Name ist Hanns Heroldt.« Er wartete eine Reaktion

Weitere Kostenlose Bücher