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Die Liebenden von Sotschi

Die Liebenden von Sotschi

Titel: Die Liebenden von Sotschi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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bloß nicht in Europa. Wer hier über die Beamten stöhnt, der kennt keine amerikanische Amtsstube.« Reinberg hob sein Weinglas und lächelte Bubrow ermunternd an. »Soll ich Ihnen helfen?«
    »Auf welche Weise, Herr Reinberg?«
    »Zunächst: Ich bürge für Sie und Ihre Frau.«
    »Das würden Sie tun?«
    »Noch mehr: Ich sorge dafür, daß Sie eine Stellung in unserem Konzern erhalten. Vorerst. Wenn sie erst mal drüben sind, sehen wir weiter. Damit hätten wir zwei grundlegende Einwandererprobleme bereits erledigt. Nur die Zeit kann ich nicht schneller laufen lassen.«
    Nun komm doch, dachte er. Die goldene Brücke habe ich dir gebaut. Steig hinüber zu mir!
    Bubrow schüttelte den Kopf. Ich habe nur noch drei Tage Zeit, dachte er. Orlowskij in seinem Hotel wartet. Mit ihm wartet Ussatjuk in Moskau. Und im Hintergrund wartet General Butajew von der GRU. Sie alle wissen nun, daß ich aussteigen will. Nur weil ich den Mikrofilm besitze, falten sie noch die Hände.
    »Ich muß überlegen«, sagte er mit belegter Stimme. Er mußte die Zeit schneller laufen lassen. »Trotzdem, ich danke Ihnen herzlich, Herr Reinberg. Sie wollten mir helfen, das rechne ich Ihnen hoch an. Dabei kennen wir uns kaum.«
    »Sie waren mir sofort sympathisch, Herr Bubrow.« Er weicht aus, dachte Cohagen. Er ist wie der tänzelnde Boxer im Ring. Er taucht weg, ist wieder da, sucht eine Chance. Wobei ich immer noch nicht weiß, ob er der große Gegner oder nur ein kleiner Alltagsidiot ist. »Ah! Da kommt der Ober. Ein solches Lammcarrée haben Sie bestimmt noch nicht gegessen.«
    Später brachte Reinberg-Cohagen Bubrow mit seinem Ford zur Dienststelle zurück, versprach, ihn wieder anzurufen, bestellte Grüße an Frau Dr. Walther und fuhr davon. Bei einem im Abbruch befindlichen Haus hielt er an, klappte den Handschuhkasten heraus und verwandelte damit das Armaturenbrett in eine Telefonstation.
    »Hier Ronny!« sagte er, als sich die CIA-Außenstelle in der Kaserne meldete. »Bereitet alles zum Empfang des Knaben vor. Keine Minute wird er aus den Augen gelassen, habt ihr verstanden? Er hört um 18 Uhr im Büro auf. Nach Steinebach gehen zwei Mann! In den nächsten 72 Stunden knallt es.«
    Orlowskij platzte fast vor Ärger.
    Abgesehen von kleinen Pannen, die immer und überall vorkommen, selbst bei dem überragenden israelischen Geheimdienst, hatte die Sektion Westeuropa des Obersten Michail Jefimowitsch noch keinerlei Anlaß zur Klage gegeben. Er hatte seine Agenten fest im Griff, die Agentenführer der einzelnen Plätze waren vorzüglich getarnt und ausgebildet, und Top-Leute saßen überall dort, wo keiner sie vermutete: in den Ministerien, in den Industrieverbänden, in großen rüstungswichtigen Werken, in Verwaltungen und Polizeipräsidien, im Bonner Abgeordnetenhaus, im Presseclub, bei den einzelnen Lobbys. Hervorragendes leisteten die Prominentenbordelle; auf breiten Fellbetten und vor Spiegelwänden, unter fleißigen, zärtlichen Händen gab es manchmal keine Geheimnisse mehr. Kein Anlaß zum Mißmut also.
    Aber nun war aus diesem Bubrow eine Affäre geworden, die lag Orlowskij schwer auf dem Herzen.
    Immerhin konnte Michail Jefimowitsch zu seiner Entlastung sagen, daß nicht er Boris Alexandrowitsch Bubrow nach Deutschland gebracht hatte, sondern daß ihm dieses Kuckucksei von Moskau ins Nest gelegt worden war. Somit war eigentlich Oberst Ussatjuk für das Fehlverhalten seines Mannes verantwortlich – aber sage das mal einer den Genossen in Moskau! An Orlowskij blieb der Fall hängen, und er hatte sich nun Gedanken darüber zu machen, wie man Bubrow zur Raison bringen konnte.
    Natürlich fuhr Orlowskij nicht zu der sich in der Zeitung anbietenden Blondine. Er hatte andere Sorgen, als sich Individualmassagen zu unterziehen. Beim Etagenkellner bestellte er eine halbe Flasche Wodka – die beiden kleinen Fläschchen in der Minibar wirkten ja geradezu lächerlich! –, goß ein Wasserglas halb voll, nahm den Inhalt mit zwei Schlucken und seufzte wohlig auf.
    Über Bubrow machte er sich keine Illusionen. Es waren schon etliche Agenten abgesprungen, übergelaufen oder ›umgedreht‹ worden. Vor allem das ›Umdrehen‹ war geradezu ein Leistungssport der Geheimdienste. Zumeist aber waren es kleine Pfeifen gewesen oder bereits ausgebrannte Lichter. Jeder Sieg der Gegenseite tat weh, gewiß, aber er ging nicht an die Substanz.
    Bubrow war ein anderes Kaliber. Ihn ziehen zu lassen, das bedeutete einen Verlust, der nicht so bald wettgemacht

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