Die Liebenden von Sotschi
Nuß-Pfannkuchen …«
»Orechowyje ljepeschki …«
»Mir tränen jetzt noch die Augen, wenn ich daran denke … Dieses paradiesische Sotschi!« Reinberg kam immer mehr ins schwärmen, seine Wangen röteten sich vor Begeisterung. »Ich habe nie einen schöneren Strand gesehen als den von Lasarewskoje.« Er schielte zu Bubrow hinüber, der etwas zusammengesunken neben ihm saß und schweigend durch die Frontscheibe starrte. Seine Backenknochen spannten die Haut, er biß wohl die Zähne fest zusammen. Reinberg-Cohagen war sehr zufrieden mit sich. »Sie kennen Sotschi nicht, Herr Bubrow?«
»Ich kenne ein Sotschi, wo man in den für Ausländer geöffneten Hotels alles bekam, während die normale Bevölkerung manchmal wochenlang kein Fleisch sah. Und wenn, dann mußte sie sich schon nachts anstellen.« Bubrow winkte ab, als wolle er sich selbst das Wort abschneiden. »Sie haben recht, Herr Reinberg. Sotschi ist eine Stadt zum Verlieben. Ein poliertes Werbeschild. Aber das braucht man ja nicht so zu sehen.«
»Wann waren Sie in Sotschi?« fragte Reinberg vorsichtig. »Dürfen Sie da überhaupt noch hin, als Exilrusse?«
»Jetzt nicht mehr.«
»Was heißt jetzt?«
»Das ist nicht so einfach zu erklären.« Bubrow schwieg, blickte auf den starken Straßenverkehr, und Reinberg war klug genug, nicht weiter zu fragen. Schmor du jetzt im eigenen Saft, dachte er zufrieden. Ich koche dich schon gar.
Im türkischen Restaurant bekamen sie einen Tisch in einer Nische. Dort saßen sie allein, das Lokal vor sich. Der Nachbartisch, durch eine halbhohe bespannte Holzwand von ihnen getrennt, war mit drei Türken besetzt, die einen Hammelspießbraten verzehrten und sich lauthals unterhielten.
»Überlassen Sie mir die Zusammenstellung des Menüs?« fragte Reinberg, als sie die Speisekarte bekamen. »Was mögen Sie nicht?«
»Ich esse alles. Nur nicht gerade gesottene Raupen.«
»Wir sind nicht in Taipeh, sondern in München.« Reinberg grinste. »Fangen wir mit einem Aperitif an, einem Honigschnaps?«
»Einverstanden.«
Reinberg stellte das Essen zusammen und orderte eine Flasche Weißwein, der honiggelb schimmerte und einen herrlichen, an Waldbeeren erinnernden Nachgeschmack hatte. Dann sah er Bubrow mit schräg geneigtem Kopf an. »Sie sehen nicht fröhlich aus«, sagte er.
Bubrow hob die Augenbrauen.
»Wer in Amerika eine Daueraufenthaltsgenehmigung haben will«, sagte er ohne Umschweife, »braucht den Nachweis einer Arbeitsstelle, einen Bürgen, einen festen Wohnsitz – stimmt das?«
»Und noch einiges mehr. Aber das ist alles zu schaffen.«
»In kürzester Zeit?«
»Was nennen Sie kurz?«
»Innerhalb von drei Tagen.«
»Nie und nimmer!« Reinberg-Cohagen spürte ein Kribbeln unter der Kopfhaut. Da braut sich was zusammen, spürte er. Gott im Himmel, liege ich richtig? Ist dieser Bubrow wirklich mehr als ein liebestoller Phantast?! »Sie wollen innerhalb von drei Tagen in die Staaten? Das ist schon für Touristen schwierig, wegen des Visums B 2! Aber immerhin, dieses Besuchsvisum bekommt man im allgemeinen sehr schnell beim Amerikanischen Generalkonsulat in München. Aber bei Ihnen wird es länger dauern; Sie sind Russe … Warum wollen Sie denn so schnell hinüber? Ich kenne einen der Konsulatsbeamten ganz gut, ich könnte mit ihm reden. Aber eine Woche wird es doch dauern. Sie sind noch nicht in Deutschland eingebürgert?«
»Nein.«
»Also noch Sowjetrusse?«
»Ja.« Bubrow sah keinen Anlaß, nicht die Wahrheit zu sagen. Seine Ausbürgerung wegen der Flugzeugentführung war ja nur ein Trick des KGB gewesen, um ihn in den Augen des Westens fleckenlos weiß werden zu lassen.
»Man müßte mal mit den amerikanischen Behörden sprechen«, sagte Reinberg-Cohagen nachdenklich. Komm aus dir heraus, Junge, dachte er. Spuck es aus! Leg die Karten auf den Tisch. Wir sollten jetzt einen Null ouvert spielen. »Haben Sie ernsthaft vor, in den USA zu arbeiten?«
»Ja.«
»Und Ihre Frau?«
»Sie ist noch nicht –«
»Ich weiß.« Reinberg winkte ab. »Nicht auf dem Papier, noch nicht. Aber sie gehört doch zu Ihnen.«
»Das ist der richtige Ausdruck.« Bubrow sah Reinberg groß an. »Sie wissen, daß sie Ärztin ist?«
»Nein.« Reinberg log vollendet – er riß bei seinem Nein sogar erstaunt die Augen auf. »Eine richtige Ärztin?«
»Ja.«
»Für sie gäbe es in den USA gute Arbeitsmöglichkeiten. Aber, wie gesagt, das braucht alles seine Zeit. Die Bürokratie! Auch darin ist Amerika führend, man weiß das
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