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Die Liebenden von Sotschi

Die Liebenden von Sotschi

Titel: Die Liebenden von Sotschi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Gesicht, auf Befehl der CIA. Warum sollte man da Mitgefühl heucheln? »Bleibt es bei Nummer sechs?«
    »Ich denke – ja.« Irene nickte.
    »Bitte eine klare Entscheidung!«
    »Ja!« sagte Bubrow laut. »Ja! Ja! Ja! Muß ich noch eine Abtretungserklärung für mein altes Gesicht unterschreiben?«
    Tucker war nicht beleidigt. Nervosität der Patienten war ihm geläufig, wer liegt schon gern unter dem Chirurgenmesser und erkennt sich nachher nicht wieder? Auch CIA-Agenten dieses Kalibers haben Nerven. Cohagen hatte Tucker über die Hintergründe nicht aufgeklärt – dem Inhaber der Klinik genügte es, wenn man ein neues Gesicht bestellte.
    »Also Nummer sechs«, sagte Tucker ruhig. »Ich werde alles vorbereiten. Bis Freitag, Mr. Jefferson, haben Sie ein volles Programm! Wir müssen Ihr Gesicht im Detail vermessen, Blutuntersuchungen sind notwendig, außerdem könnten Sie ein Narbentyp sein.«
    »Was, bitte, könnte ich sein?«
    »Narbentyp nenne ich die Patienten, deren Narben zu Wulstbildungen neigen. Bei den meisten heilen sie völlig ab, bei den anderen liegen sie wie Würmer auf der Haut.«
    »Ich heile gut!« Bubrow streckte seinen Arm aus und zeigte die weiße Narbe auf seinem Handrücken. »Überzeugen Sie sich, Herr Professor.«
    Tucker warf einen Blick auf Cohagen. »Diese Narbe schleifen wir Ihnen ab! Man könnte sie später daran erkennen. In meinem Auftrag steht: Völlige Unkenntlichkeit. – Haben Sie sonstwo nach Narben, Mr. Jefferson?«
    »Am Knie«, sagte Bubrow. »Ich bin als Kind mal gefallen.«
    »Schleifen wir weg.«
    »Und an der linken Schulter hast du auch noch eine Narbe«, sagte Irene leise.
    »Stimmt!« Bubrow lächelte schief. »Da hat man einen Furunkel gespalten. Vor neun Jahren.«
    »Kommt alles weg.« Tucker wedelte mit beiden Händen durch die Luft. »Wir werden Ihren Körper genau untersuchen, Mr. Jefferson. Vielleicht haben Sie noch andere Narben und wissen es gar nicht. Wer denkt daran, was vor dreißig oder mehr Jahren passiert ist und Spuren hinterlassen hat? Jeder Mensch hat Narben, von denen er nichts mehr weiß. Auf jeden Fall ist jetzt klar, daß wir zwei Sitzungen brauchen, bis Sie vollkommen neu sind. Rundum! Wie nach einer gründlichen Autolackierung.«
    Es sollte ein Witz sein, aber niemand lachte. Tucker hob resignierend die Schulter. War er schon einmal humorvoll, was selten vorkam, dann traf er auf so staubtrockene Typen wie die von der CIA.
    »Also dann bis morgen!« sagte er kühl. »Wollen Sie die ganze Zeit in der Klinik bleiben, Mrs. Jefferson?«
    »Ja.«
    »Es wird Ihnen langweilig werden. Sie haben keinen Kontakt zu den anderen Patienten. Nichts als Ihr Zimmer und den abgeschirmten Balkon.«
    »Das genügt doch.« Irene hielt noch immer Bubrows Arm umklammert. »Ich habe Radio, Fernsehen, Bücher. Und Anthony …« Zum erstenmal sprach sie den neuen Vornamen aus. Anthony Jefferson. »Und außerdem bin ich Ärztin!« fügte sie laut hinzu.
    Prof. Tucker ging zu dem Couchtisch, schob die Bilder zusammen und trug sie zu dem Stapel seiner Akten zurück. »Wollen Sie bei den Operationen assistieren?« fragte er.
    »Wenn das erlaubt ist?«
    »Warum nicht? Unter Kollegen …«
    »Nein, ich möchte nicht assistieren«, sagte sie fest. »Ich hätte nicht die Nerven, zuzusehen, wie man sein Gesicht wegschneidet. Jede andere Operation – nur nicht diese!«
    »Das kann ich verstehen.« Prof. Tucker war wieder an seinen Globus getreten und ließ ihn in der Holzwanne kreisen. Fasziniert blickte er auf die herumwirbelnden Staaten.
    »Haben Sie Erfahrung in Wiederherstellungs-Chirurgie? Ich hasse den Ausdruck Schönheitschirurgie genauso wie Kosmetische Chirurgie.«
    »Nein.«
    »Dann lade ich Sie ein, Mrs. Jefferson, mein Gast am OP-Tisch zu sein. Bei anderen Operationen. Sie können da etwas lernen, was Sie später vielleicht bei Ihrem Mann anwenden können.« Er blickte vom Globus zu Bubrow. »Sie stehen da wie eine Eiche und werden zur Platane umfunktioniert! Irgendwann kommt dann der Tag, an dem Sie Ihr neues Gesicht hassen lernen bis zur Selbstzerfleischung. Dann kann Ihnen nur Ihre Frau helfen. Ich habe erlebt, daß ein Kranker – und ein solcher sind Sie dann – sein Gesicht mit einem Rasiermesser zerschnitt und mich anflehte: Nun ist die verfluchte Fratze hin … Geben Sie mir mein altes Gesicht wieder!« Tucker brachte den Globus wieder in Schwung. »Und genau das kann ich nicht! Sagen Sie nicht, Mr. Jefferson, mir passiert so etwas nicht! Sie könnten sich noch

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