Die Liebenden von Sotschi
heraus. »Ich –« stöhnte er endlich, »ich –«
»Sag nicht, du hättest denen Medikamente verkauft! Die haben ihre eigenen, und die sind oft besser als unsere! Was war also?«
»Ich habe nur …« Heroldt begann wieder zu weinen. Der Besucher beugte sich über das Bett und gab ihm zwei schallende Ohrfeigen.
»Was hast du erzählt? Was weißt du von den Labors der ›Bio-Agrar‹?«
»Nichts!«
»Oh, bitte nicht!« Der Besucher hieb wieder zu, rechts, links, rechts. Heroldts Kopf flog hin und her. »Was wollten die Sowjets von dir?«
»Nichts!«
»Hänschen, ich mach' dir Rühreier, wenn du dich weiter so idiotisch benimmst!«
»Ich – ich habe Bilder hingebracht …« röchelte Heroldt. Er wollte sich auf den Bauch wälzen, um seinen Unterleib zu schützen, aber der Gast warf ihn mit einem Faustschlag auf den Rücken.
»Bilder?!«
»Fotos …«
»Wovon?«
»Von Irene.«
»Keine Unterlagen aus den Labors?«
»Nein! Ich – ich konnte doch nie – darankommen. Unmöglich …«
»Fotos von Irene Walther hast du hingebracht?« Der Besucher tippte hart auf Heroldts Unterleib. Ein lautes Stöhnen war die Antwort. »Seit wann arbeitest du für die Sowjets?«
»Gar nicht! Ich habe nie –«
Es folgten sieben Ohrfeigen, Heroldt weinte wieder und zitterte am ganzen Körper.
»Was ist nun?« fragte der Gast.
»Ich schwöre es! Ich schwöre es – und wenn Sie mich umbringen: ich bin kein Spion! Ich habe nichts mit den Sowjets!« Heroldt heulte es fast hinaus. »Es war nur Rache, nur Wut auf Bubrow – weil er Irene – und Rache gegen Irene, weil sie mit Bubrow … Ich schwöre es Ihnen, bitte, glauben Sie mir!«
»Du bist ein schönes Schweinchen!« sagte der Gast ruhig. »Ob ich dir glaube oder nicht – was spielt das für eine Rolle? Hast du was zu trinken?«
»Eine ganze Hausbar voll …«
»Dann werden wir jetzt gemeinsam das Leben hochleben lassen, was?« Der Besucher stand auf. »Und bleib brav liegen! Denk an die Rühreier!«
Heroldt nickte.
Er war gar nicht fähig aufzustehen, etwa ans Fenster zu laufen und um Hilfe zu schreien. Er war froh, daß er liegenbleiben konnte.
Mit Staunen sah er, daß sein Peiniger vollbeladen mit Flaschen ins Schlafzimmer zurückkam. Kognak, Whisky, Wodka, Gin, Enzian, Aquavit. Alles hochprozentige Destillate.
»So, dann wollen wir mal feiern!« sagte der Gast und baute die Flaschen rings um den Fellsessel auf. »Das vertreibt auch die Schmerzen. Was darf's denn sein?«
»Einen Kognak bitte.«
»Sehr wohl, mein Herr!«
Am nächsten Morgen fanden Radfahrer, die zur Arbeit in ein Tonwerk fuhren, am Rande eines Baggersees den Jaguar. Der schöne 12-Zylinder ragte nur noch mit den beiden Hinterrädern und dem Kofferraum aus dem Wasser heraus. Vorn, hinter dem Steuer, unter Wasser, saß ein elegant gekleideter Mann, die Hände noch um das Lenkrad gekrallt.
Als nach zwei Stunden ein Kran den Wagen herausgezogen hatte und der Tote im Gras vor der Mordkommission lag, brauchte der Polizeiarzt für die Grunddiagnose nur zu schnuppern.
»Total besoffen!« sagte er.
Später lagen die Laborberichte von der Autopsie vor: Blutalkohol 2,5 Promille, Tod durch Ertrinken. Unfall durch völlige Alkoholisierung. Und als man dann den Namen kannte, hatte man auch ein Motiv für den Alkoholexzeß: Liebeskummer. Der ›Ehemalige‹ von Irene Walther.
Unbeantwortet blieb die Frage: War der ›Telegrammbote‹ von der CIA oder vom KGB gekommen?
Die Vorbereitungen zur Operation begannen am frühen Morgen. Mit verchromten Zirkeln und Instrumenten, die wie Zwingen aussahen, wurde Bubrows Kopf vermessen. Er wurde von allen Seiten fotografiert, eine Menge Blut wurde ihm abgenommen, man machte Röntgenaufnahmen und Nerventests, belastete seinen Kreislauf, indem man ihn, den nackten Körper voller Kontakte und Drähte, auf eine Tretmaschine setzte. Es war erstaunlich, was man mit ihm anstellte.
»Machen Sie das auch bei jedem, dem ein abstehendes Ohr gerichtet wird?« fragte Bubrow schweißüberströmt, als er aus einer Maschine stieg, in der er liegend Pedale nach oben hatte treten müssen.
»Nein.« Dr. Haddix, der die Vorbereitungen leitete, lachte. »Nur bei Ihnen. Wir müssen das geringste Risiko ausschalten. Es bleibt noch immer genug übrig, was sich nicht voraussehen läßt. Sie müssen bedenken: Was wir sonst in mehreren Sitzungen Stück für Stück machen, soll bei Ihnen in einem Durchgang gelingen! Die Korrektur einer Nase, ein Lifting, ein Pealing, auch größere
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