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Die Liebeslist

Die Liebeslist

Titel: Die Liebeslist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ANNE O'BRIEN
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Wye. Es zählte zu den ursprünglichen Lehen derer zu Fitz Osbern. Seinen Vorfahren war es nach der normannischen Eroberung Englands im Jahre 1066 verliehen worden, und zwar als Dank von Wilhelm dem Eroberer höchstpersönlich. Schon allein deshalb war es unweigerlich Teil seines Erbes.
    Dann allerdings hatte sich der Earl of Salisbury die Burganlage unter den Nagel gerissen. Seinerzeit weilte Gervases Vater, Lord Henry Fitz Osbern, gerade zu einem Feldzug in Anjou, und Gervase selbst hielt zu dem Zeitpunkt als Stellvertreter seines Vaters Gericht in Monmouth. Bei Lord Henrys Heimkehr war der Diebstahl bereits vollzogen; da konnte er auch keine eigene Streitmacht mehr aufbieten und von Monmouth aus gegen Clifford ziehen. Salisbury hockte schon in den Mauern und lachte sich eins ins Fäustchen.
    Seitdem war Clifford ein ständiger Stachel im Fleisch derer zu Fitz Osbern, eine Demütigung, die Gervases Vater ins Grab gebracht hatte. Ohnehin nicht der Gesündeste, hatte er den Verlust als Schmach begriffen, als einen Schandfleck auf seiner Ehre. Ein Jahr später starb er an einer schwärenden Schwertwunde. An eine gewaltsame Rückeroberung des Kastells war nicht zu denken. Hätte Gervase das gewagt, wäre ihm Salisbury mit einem ganzen Kriegsheer, finanziert durch den immensen Reichtum derer de Longspey, zu Leibe gerückt. Dass Salisbury zudem noch König Stephen auf seiner Seite hatte, machte ein solches Unterfangen noch aussichtsloser.
    Nun aber waren beide tot, sowohl der König als auch Salisbury. Und auf Clifford Castle hatte ein Kind das Sagen …
    „Bedeutet es dir denn so viel?“ Hugh war das Wechselspiel der Gefühle auf den Zügen seines Freundes nicht entgangen. „Es ist klein und muss von Grund auf erneuert werden, sonst hält es keiner Belagerung stand. Ich glaube kaum, dass es seit dem Bau des ersten Turms und der Wallanlagen ausgebessert oder erweitert wurde. Liegt es dir so am Herzen, die Burg wiederzukriegen?“
    „Und ob!“ Der flammende Blick in Gervases Augen war unmissverständlich, ebenso wie der überzeugende Unterton in seiner Stimme. „Es bedeutet mir alles.“
    „Wegen deines Vaters.“
    „Seinetwegen. Und vermutlich wegen der Familienehre.“ Er hielt kurz inne. „Und wegen Matilda …“
    „Ach so, ja. Hatte ich ganz vergessen.“
    „Ich nicht.“ Gervase umfasste den Humpen so fest, dass die Knöchel seiner Hand weiß hervortraten. „Das vergesse ich nie. Sie ist dort gestorben, und ich war nicht zugegen, um sie zu retten.“
    Die unterdrückte Trauer im Gesicht des Freundes verriet Hugh, dass es wohl besser war, das Thema nicht zu vertiefen. Er räusperte sich. „Also: Was hast du vor?“
    „Morgen ziehe ich gen Clifford. Eine noch günstigere Gelegenheit wird sich ja wohl kaum ergeben, oder?“
    „Nein. Soll ich dich begleiten?“
    Forschend musterte Gervase das Gesicht des Markgrafen. Für einen Vorstoß in feindliches Gebiet konnte man sich eigentlich kaum eine noch bessere Unterstützung wünschen. Eine kräftige, schnelle Hand, gepaart mit Kampfgeist und Mut. Außerdem wusste Hugh in allen Lebenslagen stets fundierten Rat. In den vergangenen Jahren hatte Gervase sich daran gewöhnt, auf eigene Faust zu handeln. Ein Einzelgänger, wie seine Mutter ihm zuweilen in unverblümten, ehrlichen Worten an den Kopf warf. Da war es vielleicht gar nicht so übel, ein vertrautes Gesicht an der Seite zu wissen …
    „Also?“, hakte Hugh nach. „Soll ich, oder soll ich nicht?“
    Gervase nickte sichtlich gelöst. „Einverstanden. Wenn es dir zusagt, mitzukommen und dir anzuschauen, wie ich hämisch über meinen Triumph frohlocke – dann bitte sehr.“
    „Darauf heben wir einen!“
    Mit vereinten Kräften machten sich die beiden Freunde mit Gervases Männern am folgenden Morgen auf den Weg. In westlicher Richtung ging es von Hereford aus Richtung Clifford. Der Tag begann mit stürmischen Winden und hellen, jagenden Wolken. Immer schärfer wurden die Umrisse der Black Mountains, die sich vor ihnen aus der Ebene erhoben. Das Ziel, die kleine Grenzfeste, stand am Südufer des Wye, nördlich des Höhenzuges.
    In der vertrauten Umgebung ritt es sich locker und entspannt. Hugh dehnte die Glieder im Sattel und rollte die Schultern. Zwar sagte ihm das Stadtleben durchaus zu – das süße Nichtstun, wie Gervase es nannte –, doch es tat ihm gut, mal wieder mit Gleichgesinnten unterwegs zu sein. Anfangs unterhielt man sich über alles Mögliche, bis das Gespräch sich nach und nach

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