Die Liebeslist
er, Gervase, am Ende doch noch dem Rat des Königs folgen musste. Doch dazu würde es sicherlich nicht kommen. Da brauchte er sich nur daran zu erinnern, wie ihr bei seinen Küssen das Herz gepocht hatte.
Und dieses Herz, das galt es zu erobern.
Rosamund beugte sich über die Brustwehr. Aha, anscheinend wollte er verhandeln. Oder?
„Nun?“ Stirnrunzelnd blickte sie hinunter zu den drei Reitern mit dem Hund. Kein Fitz Osbern!
„Eine Botschaft von Mylord. Für Lady Rosamund de Longspey.“ Eine jugendliche, leicht zittrige Stimme.
„Owen? Wieso erscheint er nicht selbst?“
„Ich soll bloß die Nachricht überbringen und Eure Antwort mitnehmen, Mylady.“
Das machte alles einen recht friedlichen Eindruck. Fitz Osberns Knappe, zwei Reiter als Eskorte und der ständig neugierige Bryn. Alles sehr akkurat, der Knappe in blitzblanker Montur. Rosamund gab der Wache ein Zeichen, die Tore zu öffnen, und lief nach unten, um den Jungen zu begrüßen.
„Also, Owen“, begann sie. „was sagt dein Herr und Meister zu diesem rechtswidrigen Angriff auf mein Eigentum? Und hör mit dem Gezappel auf, ich fresse dich schon nicht! Zumindest jetzt noch nicht, es ist ja noch früh am Tage.“
Mit belämmertem Grinsen kletterte Owen vom Pferd und verneigte sich. Der Hund kam herbeigetrottet, beschnüffelte ihren Rocksaum und holte sich ein freundschaftliches Tätscheln ab. Mochte sein Herrchen sie auch zur Verzweiflung treiben – der arme Bryn konnte ja nichts dafür; an dem durfte man seinen Groll nicht auslassen.
„Ich soll folgende Nachricht überbringen, Mylady.“ Der Junge atmete tief durch, offenbar hatte er ein Sprüchlein auswendig gelernt. „Seine Lordschaft hat nicht die Absicht, die Burg im Sturmangriff zu nehmen. Aber erobern wird er sie so oder so, am liebsten ohne Blutvergießen. Eingedenk all dessen, was zwischen ihm und Euch ist, bietet er Euch, falls gewünscht, seine getreuen Dienste an und bittet Euch um Eure Hand. Zum Zeichen soll ich Euch dies hier überreichen …“
Er ließ sich formvollendet auf ein Knie nieder, griff in sein Wams und holte ein Bündel heraus, das er Rosamund hinhielt, als wäre eine Schlange darin.
Verdutzt starrte sie das Ding an. War es wohl so harmlos, wie es aussah? Es war ja nicht das erste Mal, dass Fitz Osbern ihr einen Heiratantrag machte. Beim ersten Versuch indes, damals, als sie oben auf dem Wehrgang auf die Ankunft des Königs wartete, da hatte er ihr die Ehe angeboten, weil er sie für die eleganteste Lösung eines ansonsten unlösbar erscheinenden Konflikts hielt. Diesmal war es anders. Diesmal hatte sie die Wahl zwischen Regen und Traufe: Heirat oder gewaltsame Vertreibung aus ihrem Heim. Oder sollte Fitz Osbern etwas ganz anderes im Sinn haben? Sie wickelte das flache Bündel aus der Umhüllung, die sie zu Boden fallen ließ.
„Wahrlich, der Lord of Monmouth ist ein rechtes Schlitzohr!“
In Händen hielt sie ein Paar fein gearbeitete Handschuhe – eine ganz bewusste, sorgsam geplante Huldigung, von Owen als Morgengabe überbracht. Ein klug ausgedachter Hinweis, mit dem Gervase ihr signalisierte, dass er in ihrer Schuld stand, weil sie ihm vor dem König die Stange gehalten hatte. Ein Paradebeispiel für ritterliches Taktieren, ein Gebiet, auf dem er sich offenbar gut auskannte. Na, da hatte sie sich ja fein vorführen lassen, was?
„Und damit hofft er mich und meine Burg gewinnen zu können?“ Sie wandte sich wieder Owen zu, der sich unter ihrem hoheitsvollen Blick unbehaglich wand. „Ich sollte dich ins Verlies sperren für deine Unverfrorenheit!“ Kaum waren die Worte heraus, da taten sie ihr auch schon leid, denn der Arme schluckte krampfhaft. „Aber du kannst ja nichts dafür, richtig?“
„Nein, Mylady.“
Ungeachtet der Umstände entzückt, richtete sie ihr Augenmerk noch einmal auf das Geschenk, das sie sorgsam begutachtete. Solche Wertarbeit hatte sie zuletzt bei Händlern in Salisbury gesehen – feinstes spanisches Leder vermutlich, bestimmt kostspielig, wunderschön genäht, die Stulpen meisterhaft mit goldfarbenen Seidenfäden verziert. Jede Frau wäre angesichts einer solchen Liebesgabe hingerissen gewesen. Sie konnte sich lebhaft vorstellen, wie sich das weiche Leder seidig um ihre Finger schmiegte …
Sie riss sich zusammen und funkelte den armen Owen mit strenger Miene an. „Richte Seiner Lordschaft aus, dass ich seine großzügige Gabe nicht annehme. Die Burg und meine Hand sind mehr wert als ein Paar Handschuhe.“ Sie hob die
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