Die Liebeslist
Leinwand vom Boden auf und wickelte die Handschuhe ordentlich wieder darin ein, denn herrlich waren sie allemal.
„Mylady …“ Nach einer Verbeugung saß Owen auf und trat, sichtbar erleichtert, den Rückzug an.
„Na, hat die Lady abgelehnt?“
„Jawohl, hat sie, Mylord“, meldete Owen. „Lady Rosamund lässt Euch mitteilen, ihre Burg und ihre Hand, die wären mehr wert als ein Paar Handschuhe.“
„Das habe ich nicht anders erwartet.“
Gervase nahm das Bündel entgegen und verstaute es sorgsam in der im Zelt stehenden Feldkiste. Dabei musste er zwar seine ihm zu eigene Ungeduld zügeln, war aber insgesamt weder enttäuscht noch ungehalten. Schließlich war nicht damit zu rechnen gewesen, dass sie sich ihm bereitwillig zu Füßen werfen würde, sonst wäre sie nicht die Frau, die er liebte. Damit war jedenfalls noch nicht aller Tage Abend.
Aber ist dies der rechte Weg zu Rosamunds Herz?
Na, das wollte er doch hoffen! Wieso war es eigentlich so weit gekommen? Als Lord of Monmouth hätte er sich die höheren Töchter aus einflussreichem Hause regelrecht aussuchen können! Und er, er verliebte sich ausgerechnet in so ein rothaariges Satansweib. Da hatte er sich ja etwas Schönes eingebrockt mit seinem Versuch, so einem widerspenstigen Geschöpf den Hof zu machen und gleichzeitig ihre Burg zu belagern! Und wenn sie ihm auch weiterhin die Tore nicht öffnete, was dann? Schmerzhaft verzog er das Gesicht. Über diese wenig ermunternde Möglichkeit wollte er lieber nicht nachdenken.
„Was machen sie jetzt?“, erkundigte sich Petronilla, die sich am Torhaus zu ihrer Tochter gesellte.
„Nichts.“
Langsam wurde Rosamund ungeduldig. Mit über der Brust verschränkten Händen spähte Rosamund angestrengt hinüber zum Feldlager, damit ihr auch nichts entging. Rastlos trommelte sie mit den Fingern gegen die Mauer. Wie konnte dieser Halunke nur glauben, sie würde mit ihm verhandeln und sich mit ihm einigen? Sie merkte, wie ihr ganz plötzlich warm wurde bei diesem Gedanken, wie ihre Haut kribbelte. So ein Einvernehmen war sowieso ein Ding der Unmöglichkeit, solange er da draußen lagerte und sie in ihrer Burg eingesperrt war! Im Grunde legte sie auch gar keinen Wert darauf, mit ihm Frieden zu schließen. Als sie beide unter einem Dach wohnten, hatten sie sich ja auch nie vertragen. Wieso sollte das nun anders sein? Sie seufzte leise. Vermutlich musste sie sich darauf einstellen, dass Fitz Osbern da unten Däumchen drehte. So eine Belagerung konnte dauern. Doch wenn er sich einbildete, sie würde aufgeben, dann irrte er sich gewaltig.
„Guten Morgen, Owen“, rief Rosamund lächelnd.
„Eine Nachricht von meinem Herrn. Und das hier, Mylady …“ Der Junge reichte ihr eine kleine, lederbezogene Schatulle. „Mylord lässt ausrichten, er findet sich mit Eurer Ablehnung nicht ab und ringt weiter um Eure Zustimmung. Er hofft, Ihr überlegt es Euch noch einmal.“
Die schon recht milde Sonne, ein Vorgeschmack auf den nahenden Frühling, ließ das in der Schachtel liegende Kleinod flammend aufblitzen. Ein Familienerbstück, so vermutete Rosamund, offenbar schon sehr alt. Sie drehte das Kästchen so, dass das Sonnenlicht über die fein gearbeitete Oberfläche des Schmuckstücks tanzte. Erstaunlich, dass Fitz Osbern ihr ein solch kostbares Geschenk machte, das sicherlich einmal einer längst verstorbenen Ahnin gehört hatte. Eine Fibel aus den Tagen der normannischen Eroberung, perlenbesetzt, von kundigen Fingern hergestellt, damit sie einen Mantel sicher zusammenhielt. Das massige Gold wirkte durch filigran geschmiedete Ränder geradezu zierlich. In der Mitte thronte ein dunkelblauer Stein, dem Glanz nach offenbar ein Saphir.
„Mein Herr meint, der Saphir würde Euch gut stehen, wenn Ihr errötet.“ Die Hand höflich aufs Herz gelegt, sagte Owen einmal mehr treuherzig sein Sprüchlein auf.
Rosamund blickte ihn scharf an. „Was hat denn dein Herr gesagt, als du ihm die Handschuhe zurückbrachtest?“
„Er sagte, er habe nichts anderes erwartet.“ Kaum war das heraus, wurde er krebsrot. Anscheinend ging ihm auf, dass er zwar ehrlich, aber nicht sonderlich dezent geantwortet hatte.
Rosamund nahm ihm das nicht weiter übel. „Bestell ihm, die Antwort ist Nein. Es gibt nichts zu überlegen.“
Mit Bedauern gab sie ihm die Fibel zurück, gegen ihren Willen doch beeindruckt von diesem ungewöhnlichen Werbeversuch – falls es sich überhaupt um einen handelte wohlgemerkt. Mittlerweile war auch Owen weniger
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