Die Liebeslist
Ehe steckt.“
„Allerdings. Liebst du ihn denn?“
Schniefend wollte Rosamund die Unterhaltung schon abbrechen, brachte aber unter dem forschenden Blick ihrer Mutter den Mut nicht auf. „Ja!“
„Gervase wird dir seine Liebe nicht gestehen können, wenn du ihm keine Gelegenheit gibst. Er wird ja wohl kaum einen Herold schicken und seinen Gefühlszustand laut vor den Mauern verkünden lassen, oder?“
„Nein. Und selbst von Angesicht zu Angesicht wird er mir höchstwahrscheinlich eher eine Allianz anbieten – in aller Öffentlichkeit im Burgsaal, alles in Gegenwart von Zeugen, verbrieft und versiegelt, wie ein Friedensvertrag. Könnte aber natürlich auch sein, er überlegt es sich anders und jagt uns zum Teufel.“
Petronilla schnalzte bedauernd mit der Zunge angesichts solcher Schwarzseherei. „Dann musst du es so hinkriegen, dass er das nicht kann.“
„Was nicht kann? Uns eine Allianz anbieten oder zum Teufel jagen?“
„Beides. Beziehungsweise beides nicht. Habe ich meine Tochter etwa zu einem Feigling erzogen? So können wir nicht weitermachen, Rose. Sonst hocken wir noch als Greisinnen hier und schicken angebotene Geschenke zurück. Ich ganz bestimmt.“
Wie beabsichtigt musste Rose lächeln. „Entschuldige, dass ich immer nur von mir rede. Soll ich dir freies Geleit aushandeln? Das wird er bestimmt genehmigen. Dann sitzt du demnächst gemütlich in deinem Lower Broadheath.“
„Nein, daran liegt mir nichts. Aber an deinem Glück schon!“
„Ich möchte Liebe und keine Geschenke“, betonte Rosamund wehmütig. „Ich möchte sein Herz. Denn meins hat er, daran gibt es keinen Zweifel.“
„Dann sag es ihm.“
„Wie denn? Soll ich das Tor aufreißen und vor Gervase auf die Knie fallen? Ich habe schließlich auch meinen Stolz.“
„Zu viel davon, wie ich finde.“ Damit verabschiedete Petronilla sich, allerdings nicht ohne Grummeln über Töchter, die keine Ahnung hätten, was gut für sie sei.
Zurück blieb eine verunsicherte Rosamund, die sich fragte, wie Gervase ihr wohl bei all ihren Fehlern verzeihen sollte, selbst wenn sie es schaffte, ihm ihr Herz zu öffnen. Immerhin hatte sie ihn ja blamiert, indem sie sich an den König wandte. Gewiss, er hatte sie geküsst, sie besessen, doch Wollust hatte mit Liebe nichts zu tun. Einmal mehr musste sie sich die Tränen verbeißen, die ihr vor lauter Scham über ihre Schwachheit wieder in die Augen drängten. Da aber fiel ihr plötzlich der Ratschlag der Königin ein: „Wenn Ihr so einen Mann laufen lasst, seid Ihr nicht ganz bei Trost.“
Ich will ihn ja gar nicht laufen lassen! Das ist doch gerade das Problem!
Und was hatte ihre Hoheit weiter gesagt? „Ein Mann hat seinen Stolz. Soll er ruhig glauben, er habe sich am Ende durchgesetzt. Eine Frau sollte sowohl ihren Verstand als auch ihren Leib einsetzen, um den Mann, den sie auserkoren hat, für sich zu gewinnen. Auch wenn es ein Sturkopf namens Gervase Fitz Osbern ist.“
Als sie sich an Eleanors selbstbewusstes Lachen erinnerte, da waren Rosamunds Tränen erstaunlich schnell getrocknet. Noch geraume Zeit grübelte sie über den königlichen Ratschlag nach.
Ja, brächte sie nur den Mut auf, ihn in die Tat umzusetzen!
„Sie beißt nicht an, Ger.“ Hugh klopfte der Stute liebevoll auf die Flanke und ließ sie wegführen. „Und ich dachte, das Pferdchen schafft es.“
„Tja, dachte ich auch.“ Gervase sah hinüber zu seiner Kiste mit den Handschuhen und der Fibel. Jetzt musste draußen an den Seilen auch noch Platz geschaffen werden für eine Vollblutstute aus eigener Zucht.
„Wie viele Geschenke müssen wir denn noch aussitzen? Wenn es noch sehr viele sind, hätte ich nämlich nicht übel Lust, meine Zelte abzubrechen und nach Hause zu reiten.“
„Keins mehr. Ich bin der Bittstellerei überdrüssig. Jetzt werden wir zur Tat schreiten.“
„Na endlich. Die Ecke im rückwärtigen Areal ist die anfälligste. Niederbrennen allerdings ginge schneller …“
„Dauert zu lange und ist auch nicht nötig. Wir machen irgendwo einen Scheinangriff und stürmen dann auf der anderen Seite. Sie hat nicht genug Burgwehrleute, um uns aufzuhalten, wenn wir von zwei Seiten attackieren. Ehe sie sich’s versieht, sind wir über die Mauer.“
„Aha, schon vorgesorgt, hm?“
Jawohl, er hatte alles geplant. Der Ausgang seiner Überredungsversuche kam nicht ganz überraschend, auch wenn er gehofft hatte, das Pferd würde die Waagschale zu seinen Gunsten senken. Er war enttäuscht, das
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