Die Liebeslist
Ein Söldner war das, ein Räuberhauptmann – und er hatte sie einfach so in die Arme genommen! Hatte sie sich gebührlich benommen? So einen Dahergelaufenen, den durfte man doch auf keinen Fall anziehend finden! Sie legte ihre ganze Abscheu in ihre nächsten Worte, denn offenbar hielt er es für passend, sie kurzerhand wie eine Dienstmagd abzukanzeln und stehen zu lassen, mitten auf ihrem inzwischen total verdreckten Burghof.
„Was fällt Euch ein, Euch anzueignen, was mir gehört! Ein flegelhafter Banause seid Ihr! Jawohl!“
Ihr Wutausbruch verfehlte seine Wirkung nicht. Der Ritter fuhr herum, das Gesicht hochrot vor Zorn. Geraume Weile schaute er sie schweigend an, was Rosamund Gelegenheit verschaffte, sich selbst wortlos zu verwünschen. Warum hatte sie nicht nachgedacht, bevor ihr die Worte über die Lippen gekommen waren? Genau in dem Augenblick, als sie den Druck auf ihrer Brust kaum noch aushalten konnte, verzog er das Gesicht zu einem Grinsen und verbeugte sich spöttisch, was überhaupt nicht zu seinem verdreckten Äußeren passte. Freundlich war es mitnichten, sein Lächeln. Sein Gesichtsausdruck und seine Worte waren von einer eisigen Kälte, die ihr das Mark in den Knochen gefrieren ließ.
„Unter den gegebenen Umständen, Teuerste, müsstet Ihr eigentlich beten, dass Ihr Euch in der Einschätzung meines Äußeren und meines Charakters irrt. Wäre ich ein Rüpel ohne Kinderstube, hätte ich es nicht nur auf Eure Burg abgesehen, sondern auch auf Euch.“ Er trat einen Schritt auf sie zu. Zu ihrer eigenen Bestürzung wich sie zurück, doch Fitz Osbern blieb nicht etwa stehen – nein, er kam ihr vielmehr beängstigend nahe. Erschrocken stellte Rosamund fest, dass sie ihn mit ausgestrecktem Arm auf Distanz hielt, indem sie sich mit ihrer Hand auf seiner Brust gegen ihn stemmte.
Sie keuchte erstickt auf. Es war, als würde die Berührung sie gleich einer Flamme versengen. Sie konnte seine Körperwärme durch den Stoff seiner Kleidung spüren – es war beileibe nicht nur eine rein äußerliche Wärme; nein, das Herz ging ihr dermaßen auf in der Brust, dass sie kaum atmen konnte. Sie spürte ein Kribbeln im Bauch, und ihr war, als fühle sie die beklemmende Gegenwart des Ritters mit jedem Zoll ihrer Haut. Obwohl er sie gar nicht anfasste, spürte sie seinen Blick geradezu körperlich. Der Mund wurde ihr trocken, sodass ihr das Schlucken schwerfiel; sie merkte, wie ihr die Röte heiß in die Wangen stieg, und ärgerte sich darüber, dass sie sich nicht besser im Griff hatte. Nach Worten ringend, starrte sie ihr Gegenüber mit großen Augen an. Unter der Handfläche fühlte sie das stetige Klopfen seines Herzens.
Plötzlich machte der Ritter einen Schritt zurück. Erleichtert atmete sie auf.
„Keine Bange, ich will Euch nichts“, knurrte er wütend, wobei eine Reihe ebenmäßiger Zähne aufblitzte. „Was Euch persönlich angeht, so sitzt Ihr auf einem ziemlich hohen Ross, bedenkt man, dass Ihr mir auf Gnade und Verderb ausgeliefert seid!“
Errötend bis in die Haarwurzeln, fand Rosamund endlich die Sprache wieder. „Euch ausgeliefert? Ich? Dass ich nicht lache!“
„So, meint Ihr? Lasst es lieber nicht darauf ankommen.“ Er musterte sie von oben bis unten, als wolle er noch etwas hinzufügen, doch offenbar überlegte er es sich anders. „Genug davon. Ich habe zu tun, Lady. Wir können diese kleine Meinungsverschiedenheit ja heute beim Mittagsmahl erörtern. Zumindest muss überlegt werden, wie und wann wir Euch anderswo unterbringen. Seid derweilen so freundlich und lasst Euch bei meinem Verwalter den Proviant für warme Verpflegung aushändigen. Für meine Männer. Für Euch übrigens auch …“
Ohne sie noch eines Blickes zu würdigen, ließ Fitz Osbern sie stehen und wandte sich den Stallungen zu. Bei meinem Verwal ter! Zornig ballte sie die Hände zu Fäusten. Hätte sie nicht mit den Stiefeletten im Morast festgesteckt, so hätte sie auch noch wütend mit dem Fuß aufgestampft. Lasst Euch den Proviant aus händigen! Als wäre ich seine Dienstmagd! Als müsste ich nach seiner Pfeife tanzen! Wortlos und erhobenen Hauptes eilte sie an ihrer Mutter vorbei die Treppe hinauf in den Burgsaal. Ihr wurde klar, dass sie keine Wahl hatte, dass es nur dann einen Ausweg aus diesem Dilemma gab, wenn man sich noch einmal zu einem Gespräch zusammensetzte und versuchte, die Besitzverhältnisse zu klären. Sie hatte nicht die Absicht, hinter ihm herzulaufen und sich ihm aufzudrängen. Deshalb nahm
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