Die Liebeslist
ihrer Magengegend breitete sich ein ungutes Gefühl aus. Das war also der Haken an der Sache! Die drei Befestigungen an der walisischen Grenze, die waren nur eine Falle. Wie sie es schon geargwöhnt hatte! Und sie selbst war der Lockvogel. Jetzt begriff sie auch, was es mit Clifford und Ewyas Harold und Wigmore auf sich hatte. Langsam atmete sie aus.
„Um wen handelt es sich?“
„Um Ralph de Morgan of Builth. Großgrundbesitzer dort in der Gegend.“
„Ralph de Morgan?“ Der war ein recht häufiger Gast auf Salisbury. Bei seinem Namen erschien ihr schlagartig sein Bild vor Augen, und dabei wurde ihr so bang ums Herz, dass ihre Handflächen schweißfeucht wurden. „Aber der ist ja noch älter, als Earl William es war!“ Freilich, das war zwar eine Übertreibung, traf jedoch in etwa zu.
„Er ist eine wichtige Persönlichkeit, Rose.“ Weiterhin lächelnd, beugte Gilbert sich vor, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen. „Und frisch verwitwet obendrein. Er wünscht eine Braut, die seine Ländereien innerhalb Englands vermehrt. Und er will für Ruhe in der Grenzmark sorgen, womit er mir sehr entgegenkommt. Einen Besseren kriegst du nicht, also solltest du nicht zögern. Außerdem bietet er ein ansehnliches Brautgeld.“
„Das kann ich mir denken.“ Wer täte das nicht, wenn dabei ein Bündnis mit den mächtigen de Longspeys heraussprang?
„Dir bleibt keine Wahl, Schwesterherz“, stellte der Earl fest, als könne er ihre ablehnenden Gedanken lesen. „Die Sache ist abgemacht. Ralph ist einverstanden, und die Bedingungen sind akzeptabel. Er wird uns nächste Woche seinen Besuch abstatten, um eure Bekanntschaft aufzufrischen, und zwar als Brautwerber.“
Rosamund wahrte mit Würde die Fassung. „Ist recht, Gilbert.“
Der Earl beäugte sie misstrauisch, als traue er ihr nicht ganz. „Und um eines möchte ich dich bitten, Schwesterchen: Vergraul den Kerl bloß nicht!“
„Nicht doch, Gilbert! Was für Ideen du immer wieder hast!“ Sie lächelte hoheitsvoll.
Von wegen! Meine Hand würde ich dafür jedenfalls nicht ins Feuer legen!
Auf einmal kam es ihr gar nicht so abwegig vor, Clifford zu ihrem neuen Zuhause zu machen, und wenn es bedeutete, dahin flüchten zu müssen.
Ein einziges Treffen mit Ralph de Morgan reichte, um Rosamunds schlimmste Befürchtungen zu bestätigen, sodass sie zur offenen Meuterei überging. Aufgelöst stürmte sie ins Schlafgemach ihrer verwitweten Mutter. Die beaufsichtigte gerade ihre Zofe Edith beim Packen für die Reise nach Lower Broadheath.
„So, das hat gereicht! Nicht mit mir!“
Lady Petronilla ließ das tiefgrüne seidene Überkleid sinken, das sie gerade zusammenfaltete, und betrachtete ihre Tochter mit einer kummervollen Mischung aus Mitleid und Resignation. „So erging es mir damals auch, als mir die Heirat angetragen wurde. Zuweilen jedoch, mein Kind, bleibt uns einfach nichts anderes übrig, als uns zu fügen.“ Mit fahrigen Händen glättete die Witwe ihre schwarzen Röcke und trat an eine Truhe, die Becher sowie einen Krug Ale enthielt. Wenn auch nicht allzu hochgewachsen, hatte Petronilla doch eine ansehnliche Figur. Ihre grünen Augen blickten wach; ein schlichtes Diadem zierte das Haar, das noch keinerlei Grau zeigte. Mit einer resoluten Bewegung schenkte sie Rosmunde einen Becher Ale ein.
„Nichts anderes übrig? Das gilt es abzuwarten!“ Rosamund nahm kein Blatt vor den Mund. „Dieser Ralph de Morgan, der ist hässlich und hat eine Glatze. Seine Kleidung stinkt erbärmlich. Und hast du nicht gesehen, wie der sich die Fettfinger an der Tunika abwischte? Weiß der Himmel, wann der sich das letzte Mal die Pfoten in heißem Wasser gewaschen hat! Und der Mundgeruch, als er bei der Begrüßung vor mir stand …“ Rosamund wirbelte so entrüstet um die eigene Achse, dass das Haar unter den Bändern nur so flog, und drosch mit den Fäusten gegen die Bettvorhänge. „Nein, niemals werde ich einen derart widerlichen Mann heiraten!“
„Zugegeben, er bietet nicht gerade verlockende Aussichten … aber deine Brüder haben sich das nun mal in den Kopf gesetzt …“
„Brüder? Die sind doch gar nicht blutsverwandt mit mir! Ich lasse mir von diesen eingebildeten Jungspunden keine Vorschriften mehr machen! Ich höre mir das nicht mehr an, was gut für mich sei und was unklug. Es ist genug!“
„Gemach! Gewiss, Ralph ist sicher kein schöner Mann … irgendwie stämmig …“
„Stämmig? Ein Fettwanst ist das! Lieber heirate ich diesen zerlumpten,
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