Die Liebeslist
nun muss ich aber gehen, nach meinen Leuten sehen.“
„Mistress Kempe befindet sich noch in der Burg. Ich schicke sie zu Euch.“
Er holte tief Luft. „Ich muss Euch um Verzeihung bitten, Lady. Ich habe mich geirrt.“
„Ja.“
„Ich hoffe, Ihr nehmt meine Entschuldigung an.“ Die Hand bot er ihr vorsichtshalber nicht; er kannte seine Grenzen. Womöglich hätte er gleich die ganze Frau an sich gerissen und sie geküsst, bis ihr Kummer verflogen war.
„Hoffentlich wird Lady Petronilla bald gesund.“
Wieder allein, ließ Rosamund bekümmert die Ereignisse des Tages und der vergangenen Wochen Revue passieren. Im kalten Tageslicht betrachtet, lasteten ihr unziemliches Verhalten sowie die Erkrankung ihrer Mutter schwer auf ihr – eine unangenehme Erfahrung, gespickt mit Selbstvorwürfen, die ihr keine Ruhe ließen.
Petronilla, zwar noch geschwächt, doch am folgenden Abend immerhin in der Lage, aufrecht zu sitzen und zu sprechen, war da keine große Hilfe.
„Du siehst so verdrießlich aus“, teilte sie ihrer Tochter mit. „Ich bin morgen bestimmt wieder gesund. Mir ist nur noch ein wenig flau. Wundert mich unter den gegebenen Umständen auch nicht. Wie man hört, soll ja eine Katze schuld sein. Nun ja, ich habe ja nie etwas für diese Katzenviecher übrig gehabt.“ Sie warf einen abfälligen Blick auf das Kätzchen, das es sich am Fußende ihres Bettes bequem machte, und beäugte misstrauisch den Napf Hühnerbrühe, den Rosamund ihr auf den Schoß gestellt hatte. „Am liebsten möchte ich das gar nicht anrühren, aber du bleibst ja doch hier sitzen und schaust mich böse an, bis ich wenigstens mal probiert habe.“
Rosamund bemerkte schmunzelnd, dass ihre Mutter ihren Sinn für Humor offenbar nicht verloren hatte. Das war ein gutes Zeichen. „Er hat mir unterstellt, ich hätte seine Leute vergiftet“, berichtete sie knapp.
„Das überrascht mich nicht. Was hast du denn erwartet? Ich habe dich gewarnt, den Bogen nicht zu überspannen. Du tischst ihm angebranntes oder kaltes Essen auf, du vergraulst ihn aus dem ungeheizten Burgsaal …“
Das kam einer symbolischen Ohrfeige schon ziemlich nahe, und es wirkte auch so. Rosamund wand sich unbehaglich und spürte, wie ihr eine feine Röte ins Gesicht stieg.
Seufzend legte Petronilla den Löffel nieder, ohne die Suppe einmal angerührt zu haben. „Hat Lord Hugh von dem Hammelfleisch gegessen?“
„Nein.“ Rosamund warf ihr einen amüsierten Seitenblick zu. „Sei unbesorgt. Den schmeißt so schnell nichts um. Übrigens erkundigt er sich erstaunlich häufig nach dir. Ich musste ihn unter Aufbietung aller Kräfte daran hindern, dich zu besuchen. Sonst säße er vermutlich ständig an deinem Krankenbett. Das wäre dir vermutlich nicht recht, oder?“
„Nein, aber ich bin trotzdem froh, dass er von so einer robusten Gesundheit ist.“ Obwohl geschwächt, rang sie sich doch ein Lächeln ab. „So, und nun möchte ich bitte ein wenig schlafen.“
Damit war es Rosamund selbst überlassen, ihr Gewissen zu erforschen. Fitz Osbern hatte sich in aller Form entschuldigt. Allem Anschein nach musste sie ihm jetzt ihrerseits entgegenkommen, falls sie vermeiden wollte, dass er sie weiter mit seinem kalten Blick quälte. Allerdings war ihr ein Rätsel, wieso sie dies überhaupt beschäftigte und ihr den Schlaf raubte.
Zwar war die Sonne schon untergegangen, und die Nacht zog bereits herauf, aber Rosamund begab sich doch noch einmal zu der Kammer im Westturm. Die Sache duldete keinen Aufschub, sollte ihr Gewissen ein sanftes Ruhekissen sein. So aufgewühlt wie jetzt war sie noch nie gewesen.
„Auf ein Wort, Mylord. Es ist wichtig.“ Sie nahm sich vor, peinlich genau auf Höflichkeit zu achten, auf würdevolle Haltung, mochte er sie noch so reizen. Das Verhältnis zwischen ihr und Fitz Osbern musste unbedingt ein für alle Mal geklärt werden, anderenfalls war ein gleichberechtigtes Nebeneinander unmöglich, bis … ja, bis sich ihre Unabhängigkeit auf andere Weise sichern ließ.
Dass Hugh de Mortimer bei Fitz Osbern war und bei einem Krug Wein Dokumente mit ihm sichtete, empfand sie als unglücklich. Hugh stand auf, Gervase desgleichen, wenn auch langsam, und sprach als Erster. „Wie geht es Eurer Mutter?“
Dass er die Frage überhaupt stellte! Dass er an Petronilla dachte, da es doch so viele Meinungsverschiedenheiten zwischen ihnen gab! Wie kam es bloß, dass er sie dermaßen schnell aus dem Gleichgewicht brachte? „Viel besser, Mylord. Sie
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