Die Liebeslist
erkrankt, als sie befürchtet hatte? Und wenn es sich um eine Vergiftung handelte – wer hatte den Giftstoff verabreicht? Aus lauter Furcht, sie könne in Tränen ausbrechen, holte sie tief Luft. „Ist es Gift? Wenn, dann habe ich nichts verbrochen, was Euren ungeheuerlichen Vorwurf rechtfertigen würde.“
„Warum sollte ich Euch das abnehmen? Ich kann Euch doch kaum aus den Augen lassen!“ Verächtlich wischte er ihren Einwand beiseite. Offenbar glaubte er ihr kein Wort und war auch anscheinend nicht zu besänftigen. Wie konnte er ihr nur so etwas Niederträchtiges unterstellen? Dass sie absichtlich das Leben seiner Männer und auch anderer Personen aufs Spiel setzte? Hielt er sie etwa für so hinterhältig? „Ihr habt doch auch veranlasst, dass meine Männer gepanschtes Ale zu trinken bekommen haben. Gebt es doch endlich zu!“
„Aber doch kein Gift! Das ist die Wahrheit! Ich räume ja ein, dass ich Eure Stellung hintertreibe, aber ich lüge nicht. Im Übrigen ist meine eigene Mutter erkrankt.“ Sie riss sich zusammen und schluckte die aufsteigenden Tränen hinunter. „Mag ja sein, dass ich Euch das Leben schwer mache, aber ich würde doch meiner eigenen Mutter keinen Schaden zufügen! Was Ihr von mir denkt, ist mir gleichgültig, aber das müsst Ihr mir glauben!“
Seine Antwort bestand in einem unverständlichen Brummen. Er musterte sie nur weiter wutentbrannt.
„Wenn Eure Männer tatsächlich vergiftet wurden, dann ist es meine Mutter auch …“ Bei dem jähen, erschreckenden Gedanken, ihre Mutter könne tatsächlich in ernsthafter Gefahr schweben, schlug sie eine Hand vor den Mund, um nicht in Schluchzen auszubrechen.
„Und wie steht es um sie?“, fragte Fitz Osbern. Sein Blick wurde eindringlich, forschend, seine Stimme mitfühlender.
„Ihr ist nicht gut. Mistress Kempe, eine Heilerin aus dem Dorf, hat sie untersucht und ihr Eisenkraut verabreicht …“
„Und? Wirkt es?“
„Ich glaube, es geht ihr besser. Der Brechreiz hat nachgelassen …“
Sie merkte, dass er nicht mehr zuhörte. Offenbar mit den Gedanken woanders, wandte er sich brüsk von ihr ab und starrte die Jagdszene auf dem Wandteppich an, stirnrunzelnd, als gehe ihm etwas Unangenehmes durch den Sinn.
„Was ist?“, fragte sie.
Er wehrte kopfschüttelnd ab. „Wenn Ihr es nicht wart“, knurrte er grollend, „dann bleibt nur eine Möglichkeit. Sollte sich aber herausstellen, dass Ihr doch dahintersteckt …“
Rosamund verzichtete auf eine Entgegnung, nickte nur kurz zum Abschied und verließ dann hastig seine Räumlichkeiten.
Wenn also für diese Krankheitswelle, die manche betroffen, andere wiederum verschont hatte, nicht Gift verantwortlich war – was dann? Petronillas Hinweis auf den gesottenen Hammel noch im Hinterkopf, stellte Rosamund auf eigene Faust Nachforschungen an. Sie trug dem widerwilligen Master Pennard auf, sämtliche Bewohner der Burg zu befragen, was sie zuletzt gegessen hatten. Das Ergebnis schien den Anfangsverdacht zu bestätigen. Rosamund passte Fitz Osbern ab, als der gerade aus der Küche gestiefelt kam, anscheinend höchst vergrätzt, weil er nichts erreicht hatte. Wahrscheinlich wäre er wortlos an Rosamund vorbeimarschiert, hätte sie sich ihm nicht in den Weg gestellt.
„Habt Ihr gestern Abend von dem Hammel gegessen, Mylord?“
„Nein.“ Ungeduldig wollte er sie schon beiseiteschieben, aber sie hielt ihn am Ärmel fest.
„So wartet doch!“, beharrte sie, bemüht, ihre Ungeduld zu zügeln, denn offenbar hätte er sie am liebsten einfach abgeschüttelt. „Ich nämlich auch nicht. Aber meine Mutter, die schon. Genauso wie Eure erkrankten Männer.“
Er hielt inne und sah sie an. „Na warte!“, stieß er mit erzürnter Stimme hervor, machte auf dem Absatz kehrt und verschwand schnurstracks wieder in der Küche.
Von diesem Augenblick an übernahm Fitz Osbern das Kommando. Er hatte eine Handvoll Männer um sich herum versammelt, mit denen er nun draußen im Burghof am Brunnen sprach. Nach einem beruhigenden Besuch bei ihrer schlafenden Mutter, die schon deutlich weniger angegriffen wirkte, beobachtete Rosamund das Treiben aus sicherer Entfernung von der Außentreppe vor dem Burgsaaleingang. Die Beteiligten waren Fitz Osbern, der von der Krankheit verschont gebliebene Hugh de Mortimer sowie vier Soldaten, die es ebenfalls nicht erwischt hatte, dazu der Knappe Owen mit einem Stück Tau.
Ein Holzeimer wurde in den Brunnenschacht abgelassen und wieder hochgezogen, der Eimerinhalt
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