Die Liebeslist
begutachtet und dann ausgeschüttet. Der Sinn dahinter war für Rosamund nicht zu erkennen.
„Wir werden schon herausfinden, was geschehen ist. Owen, du bist dran. Bei deiner Körpergröße bist du der Einzige, der nicht stecken bleibt.“ Fitz Osberns Stimme hallte bis zu Rosamund herüber. Anschließend band man den Jungen an einen weiteren Strick, ließ ihn in den Schacht hinab und warf noch einen Eimer hinterher. Rosamund hatte genug gesehen. In gewisser Hinsicht war sie froh, dass Fitz Osbern die Ermittlungen übernommen hatte. Da hielt sie sich lieber zurück und verfolgte das Geschehen aus der Ferne. Hier weiter herumzustehen und zu warten, das führte zu nichts. Ein banges Gefühl sagte ihr, dass Fitz Osbern sie sowieso aufsuchen werde, unabhängig von dem Ergebnis dieser Unternehmung.
„Daran lag es also!“ Mit der Stiefelspitze stupste Hugh de Mortimer das vor ihm liegende Beweisstück an – ein nasses, halb verwestes Häuflein aus schwarzem Fell und Krallen.
„Würde ich auch meinen“, knurrte Gervase und wandte sich an den Knappen, der schlotternd neben ihm stand. „Gut gemacht, Junge. Ab in die Küche mit dir. Die Köchin soll dich mit trockener Kleidung und einem Becher Ale versorgen. Und einer Stärkung, aber kein Hammelfleisch!“
Das ließ der Knappe sich nicht zweimal sagen. Gervase musste derweil die Tatsache zur Kenntnis nehmen, dass der Grund für das Unwohlsein seiner Männer verseuchtes Wasser war. So einfach war das. Abgesehen von der Entgiftung des Brunnens galt es nun, eine weitere dringende Pflicht zu erfüllen: Er musste zugeben, dass er einem Irrtum unterlegen war, als er diesem Satansweib Rosamund de Longspey unterstellt hatte, die Burgbesatzung vergiftet zu haben. Dabei hatte er gar keine Beweise gehabt! Nun musste er sie wohl oder übel um Verzeihung bitten. Genau genommen hätte ein ungehobelter Waldschrat sich dazu gar nicht verpflichtet zu fühlen brauchen, aber so weit wollte er es denn doch nicht treiben. Eine solche Vorstellung war ihm körperlich widerwärtig. Gewiss, mit ihren törichten Streichen hatte sie sich einiges selbst zuzuschreiben, doch sie dermaßen zusammenzustauchen, wie er es gemacht hatte, das gehörte sich nicht. Das hatte sie nicht verdient. Er musste also Abbitte leisten. Leicht fiel es ihm nicht; da hätte er lieber einen halb vermoderten Tierkadaver aus der Wasserquelle gefischt. Allein, jetzt musste er wohl über seinen Schatten springen.
Er übergab Hugh die Aufsicht über die Brunnensäuberung und machte sich auf den Weg hinüber zum Burgsaal. Da er Rosamund dort nicht antraf, versuchte er es in ihrer Unterkunft. Sie ließ ihn wortlos herein. Ihr Auftreten nötigte ihm Respekt ab: aufrechte Haltung, der Blick geradeaus, beherrscht von Kopf bis Fuß. Allerdings entging ihm dabei nicht, dass sie sich, während er seinen Bericht vortrug, fahrig die Handflächen am Rock abwischte. Ihre Wangen zeigten rote Flecke der Aufregung. So gefasst, wie es den Anschein hatte, war sie offenbar doch nicht. Das verriet gleich ihr erster Satz.
„Nun, Mylord? Handelt es sich um Gift? Wenn, dann habe ich nichts damit zu tun, das schwöre ich.“
Da konnte er sie beruhigen. Weitere Vorwürfe waren unbegründet; sie kämpfte ohnehin schon mit den Tränen. Das hatte er nicht gewollt. Ja, was tun mit einer weinenden Frau? Selbst wenn es die Widersacherin ist?
„Nein, Gift war nicht im Spiel. Der Brunnen ist verunreinigt. Eine tote Katze lag drin. Habe ich schon öfter erlebt, dass Kadaver das Trinkwasser verseuchen.“ Dass es sich dabei meistens um bei Kämpfen ums Leben gekommene Menschen gehandelt hatte, ließ er vorsorglich unerwähnt. „Tja, dann ist es natürlich ungenießbar.“
„Aber das trinkt doch sowieso niemand.“
„Das Hammelfleisch war noch vom vorigen Herbst stark gepökelt. Deshalb hatte es die Köchin vorm Kochen in vermeintlich frisches Wasser eingelegt. Dadurch ist das Fleisch verdorben.“
„Ach so …“ Eine Pause trat ein, sehr zu Gervases Unbehagen. Was sollte er nun auch sagen? „Na ja, wer es verzehrt hat, der wird ja wohl nicht ewig an den Auswirkungen leiden.“
„Nein.“
„Und de Mortimer hat die Reinigung übernommen?“
„Ja, sicher.“ Sie machte es ihm nicht leicht. Unter ihrem unverwandten und bangen Blick rührte sich mehr und mehr sein schlechtes Gewissen. „Liegt alles nur an der allgemeinen Unordnung, die hier herrscht. Auf den Brunnen gehört ein Deckel. Ich habe Master Pennard entsprechend angewiesen. So,
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