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Die Liebeslist

Die Liebeslist

Titel: Die Liebeslist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ANNE O'BRIEN
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ungewöhnlich streng drein. Sollte Rosamund also auf mütterliches Mitgefühl gehofft haben, so schien dies alles andere als sicher. Vermutlich musste sie jetzt teuer dafür bezahlen, dass sie ihrer Mutter nichts von dem Brief an den König gesagt hatte. Sie ließ sich auf die Bank vor der Feuerstelle sinken und fuhr sich mit den kalten Händen übers Gesicht.
    Was hatte sie bloß getan? Ihr war, als habe sie in ihrem Inneren ein Raubtier entfesselt, und dieses Raubtier fiel sie nun an, weckte in ihr Gefühle für Gervase Fitz Osbern, Empfindungen, die sie zwar geahnt, sich aber nie eingestanden hatte. Das konnte sie wohl kaum ihrer Mutter erklären.
    „Er war sehr aufgebracht“, begann sie.
    „Gervase? Na, das überrascht mich nicht. Was hast du denn erwartet? Ihn so beim König anzuschwärzen! Hättest du mich um Rat gefragt …“
    Rosamund seufzte. „Habe ich aber nicht. Das kann ich jetzt leider nicht mehr ändern.“
    „Unbedacht war das, Rose.“ Petronilla nahm neben ihr Platz, hielt aber ein wenig Distanz – eine winzige Kleinigkeit nur, die Rosamund jedoch sehr wohl auffiel. Von ihrer Mutter war demnach kein Beistand zu erwarten. „Jetzt müsst ihr euch beide mit den Folgen herumschlagen“, ergänzte sie mit einem merklich schärferen Unterton in ihrer sonst so beherrschten Stimme. „Earl William pflegte immer zu sagen: ‚Wecke keine schlafenden Hunde.‘ Einer seiner wenigen vernünftigen Grundsätze. Henry neigt dazu, sich überall einzumischen und keine Ruhe mehr zu geben, bis er mit dem Ergebnis zufrieden ist. Ihm ist durchaus zuzutrauen, dass er plötzlich selbst beginnt, ein Interesse an der Burg zu hegen, und dir aus diesem Grunde einen Ehemann aufzwingt, der dir womöglich noch weniger zusagt als Ralph de Morgan.“
    „Mir war nicht klar, dass er das darf!“ Die Last, die auf ihrer Brust lag, wurde noch schwerer. Dass jetzt schon beide gegen sie waren, Fitz Osbern und ihre Mutter ebenso, ließ sie doch ins Schwanken geraten. Das hatte sie nun von ihrem Eigensinn!
    Und sie hatte Fitz Osberns Antrag schnöde abgelehnt!
    „Was mache ich denn jetzt?“
    „Das weiß ich, ehrlich gesagt, auch nicht“, gestand Petronilla freimütig.
    „Ich begreife gar nicht, wieso Fitz Osbern so wütend war …“
    „Ich schon. Du hast ihn bloßgestellt, Rose. In seinem Stolz verletzt, indem du dich über seinen Kopf hinweg an eine höhere Instanz gewendet hast. Besser wäre es gewesen, der König hätte sich persönlich herbemüht. Einen dünkelhaften, blasierten Wichtigtuer zu schicken, der die ganze Zeit höhnisch grient …“ Aha, Hugh hatte Petronilla tatsächlich alles bis in alle Einzelheiten berichtet, stellte Rosamund bei sich fest. „… und einen Heißsporn wie Fitz Osbern einfach herumkommandiert … Ein Mann hat seinen Stolz, das müsstest du eigentlich inzwischen wissen. Die Burg war an die hundert Jahre im Besitz seiner Familie. Da brauchst du dich nicht zu wundern, dass ihn dein Handeln erzürnt.“
    Rosamund war sprachlos. Sie presste die Hand an die Lippen, die immer noch brannten von Gervases wilden Küssen. Sie fasste sich ans Herz, das unvermindert hämmerte, voller Sehnsucht nach seiner Nähe. Gleichzeitig war sie zutiefst bestürzt, dass sie Gervase diese Freiheiten erlaubt, ja ihn sogar dazu ermuntert hatte. Als er sie auf den Mund geküsst hatte, da war alles zu spät gewesen … als er sanft mit der Zungenspitze ihre Lippen öffnete … Ein Schauer überlief sie, so sehr schämte sie sich nun, dass sie sich ihrem Widersacher so wehrlos ergeben hatte!
    „Er hat mir einen Heiratsantrag gemacht.“
    „Tatsächlich? Wann?“
    „Heute Morgen. Kurz bevor der Abgesandte des Königs eintraf.“
    „Wie überaus passend.“ Rosamund zuckte unter den Worten ihrer Mutter regelrecht zusammen. „Und?“
    „Er wollte bloß die Besitzverhältnisse klären und eine Burgherrin für Clifford. Ich habe es ihm auf den Kopf zugesagt, und er hat es nicht geleugnet. Also habe ich abgelehnt.“
    „Wusste ich es doch!“ In einer Geste der Verzweiflung hob Petronilla die Hände. „Ihr seid zwei ausgemachte Sturköpfe, einer wie der andere!“
    Sie hatte offenbar umsonst auf das Mitgefühl ihrer Mutter gehofft! Allmählich beschlich Rosamund das Gefühl, dass sie auch keines verdiente. „Soll das etwa heißen, ich hätte annehmen sollen? Obwohl …?“ Ganz unvermutet brach sie in Tränen aus.
    „Obwohl was, Rose?“ Immerhin rutschte ihre Mutter jetzt näher heran, legte den Arm um sie,

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