Die Liebeslist
bekenne ich mich schuldig. Ich sah keine andere Möglichkeit. Es gab ja niemanden, der mir geholfen hat. Könnt Ihr das nicht begreifen?“ Stumm flehte sie ihn um Verständnis an. Auf einmal lag ihr sehr viel daran, dass er sie nicht für hinterhältig hielt. „Da musste ich mich eben an den König wenden. Der ist der Einzige, der meinen Anspruch unterstützt.“
Sie wich nicht von der Stelle, obgleich sie mit derselben Heftigkeit rechnete wie vorhin, als er den königlichen Gesandten beim Kragen gepackt hatte. Aber er blieb ganz ruhig, trotz seiner Wut eiskalt, doch gespannt wie eine Bogensehne, von der jeden Moment der tödliche Pfeil losschnellen konnte.
„Dann genießt Ihr doch gewiss Euren Triumph, Mylady. War ganz recht von mir, Euch nicht über den Weg zu trauen.“
„Was blieb mir denn anderes übrig?“, klagte sie verzweifelt. Ihr war, als könne sie seinen Zorn nahezu schmecken, metallisch und schal wie Blut. „Ihr wart nicht zu bewegen, und ich bin bereit, alles dafür zu tun, um einer Ehe mit Ralph de Morgan zu entgehen! Aber Euch war meine Lage ja gleichgültig …“
„Gleichgültig? Ich habe Euch doch die Ehe angetragen! Reicht das etwa nicht?“ Er machte einen Satz auf das Podest, wodurch Rosamund gezwungen war, steil zu ihm aufzublicken. „Dadurch hätte ich Euch aus einer für Euch unerträglichen Lage gerettet. Eurem Anspruch auf Clifford wäre Genüge getan, Eure Position unangefochten gewesen. Ihr habt mich abgewiesen, weil Ihr wusstet, dass Euer Dolchstoß den Stein schon ins Rollen gebracht hatte. Ihr gabt mir einen Korb, und gleichzeitig habt Ihr darauf gewartet, dass König Henry mit einer Streitmacht anrückt und mich mit Gewalt zum Einlenken zwingt. Lieber hetzt Ihr mir den König auf den Hals, als dass Ihr auch nur einen Gedanken an einen akzeptablen und dauerhaften Ausgleich zwischen uns verschwendet.“
Rosamund lauschte der kalten Stimme und den harten Worten. Die Vorwürfe trafen sie wie Hammerschläge und taten genauso weh. Ja, sie hatte ihn abgewiesen und getäuscht, allerdings nur, weil …
Sie holte tief Luft, denn keinesfalls würde sie jetzt den Rückzug antreten. Und dann ließ sie sich zu etwas hinreißen, was sie unbedingt hatte vermeiden wollen. „Ja, ich wies Euch ab. Wundert Euch das? Genauso seid Ihr doch mit mir verfahren! Ohne mich eines Blickes zu würdigen! Ihr habt mich ja nicht einmal wiedererkannt, als wir uns hier begegneten! Weil Ihr damals nicht das Mindestmaß an Höflichkeit aufbrachtet, mich überhaupt nur anzuschauen! Damals, als man mich Euch als Gemahlin anbot!“ Sie schmerzte noch immer, die Schmach, selbst nach all der Zeit. Eigentlich hatte Rosamund es nicht sagen wollen, doch es brach gleichsam aus ihr heraus, ehe sie es verhindern konnte.
„Was redet Ihr da? Ich – Euch abgewiesen?“
Jetzt geriet sie erst recht in Rage. „Seht Ihr? Da haben wir es! Damals, als Earl William Euch eine Allianz mit dem Hause de Longspey anbot. Da habt Ihr das Eheangebot ausgeschlagen.“
„Ausgeschlagen habe ich den kaum verhüllten Versuch Eures Stiefvaters, mich an etwas zu ketten, das ich nicht wollte.“ Er antwortete ohne Zögern. „Ihr wart das also, die er mir da vorgeführt hat? Ich kann mich nicht erinnern. Ach was, ich gebe es zu: Es interessierte mich auch nicht. Ein Fitz Osbern und eine de Longspey heiraten? Mein Vater würde sich im Grabe umdrehen, wüsste er mich in solchen Fesseln. Ich wollte vielmehr den mir gestohlenen Grund und Boden zurück, nicht aber mit einer Frau vertröstet werden, die meine Unterwerfung unter ihren Vater gefordert hätte.“
„Folglich habt Ihr mich kurzerhand abgelehnt.“
„So ist es.“
Sie reckte das Kinn. „Vielleicht dachtet Ihr, auf Euch warte eine Braut noch höheren Standes?“
„Na, auf den Dünkel derer zu Longspey kann ich jedenfalls verzichten. Und eine fügsamere Frau finde ich allemal. Überall im Land.“
Sie konnte sich den Seitenhieb nicht verkneifen. „Was – ein Raubritter wie Ihr?“
Ihre Worte zeigten Wirkung, denn er verzog den Mund, als habe sie einen wunden Punkt getroffen. „Ach, meint Ihr? Jedenfalls steht mein Wort – das eines Raubritters, wie Ihr sagt – für Ehre und Recht. Euer Vater hingegen war ein skrupelloser, wortbrüchiger Halsabschneider, der raubte und plünderte, wie es ihm gerade passte.“
„William de Longspey war nicht mein Vater!“ Sie biss sich auf die Unterlippe. Fitz Osbern hatte ihren Stiefvater recht zutreffend beschrieben.
„Dann
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