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Die Liebeslotterie

Die Liebeslotterie

Titel: Die Liebeslotterie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Nicoll
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aus Dot eingeladen. Liegt ganz oben auf dem Stapel.»
    Tibo schnaubte. «Das bringt mein Amt wohl mit sich. Sie wissen, wie sehr die Dottianer die Umlauter hassen. Aber vermutlich werde ich es mir ansehen müssen. Danke für den Hinweis. Und wie haben Sie das eben mit dem Kaffee gemeint?»
    Agathe merkte, dass Tibo sie im Goldenen Engel nicht gesehen hatte, und aus irgendeinem Grund wollte sie, dass es dabei blieb. «Tut mir leid. War nur ein Versprecher. Möchten Sie einen Kaffee? Das wollte ich sagen. Irgendeinen Kaffee. Nein?»
    «Nein, danke», sagte Tibo.
    «Schön. Wie Sie möchten. Um halb elf müssen Sie beim Amtsgericht sein. Nur zur Erinnerung. Der Gerichtsdienersagt, es handele sich um die üblichen Fälle. Meistenteils Trinker und Männer, die ihre Frauen schlagen.» Auf dem Weg hinaus zog Agathe die Tür hinter sich zu.
    Tibo stand auf, legte die lange Strecke um seinen Schreibtisch herum und bis zur Tür zurück und öffnete sie wieder. So könnte er in der Stunde, die ihm noch blieb, wenigstens flüchtige Blicke auf Agathe erhaschen.
    Um neun Uhr fünfundzwanzig hatte er die Post durchgesehen. Das meiste davon war Unsinn, der bis zum Nachmittag warten konnte. Um neun Uhr siebenundzwanzig bat er Agathe wieder herein, weil er ein paar dringende Briefe diktieren musste. Als sie sich setzte und die Beine übereinanderschlug, starrte Tibo angestrengt aus dem Fenster, um die Kuppel der Kathedrale zu studieren.
    «An den sehr verehrten Bürgermeister Zapf, Rathaus, Umlaut», sagte Tibo in geschäftlichem Ton. «Ich brauche das in doppelter Abschrift. Anfang. Lieber Bürgermeister Zapf, der Bürgermeister und der Stadtrat von Dot haben Ihre Einladung erhalten, den Feierlichkeiten anlässlich des Jubiläums der Stadtgründung von Umlaut beizuwohnen. Nach gründlicher Überlegung haben der Bürgermeister und der Stadtrat von Dot beschlossen, diese nur dünnverschleierte Beleidigung zurückzuweisen. Sie können nicht ernsthaft glauben, Umlauts lange Geschichte aus Verrat, Betrug und Doppelbödigkeit mit einer Einladung zu Bier und angeschimmelten Broten in jenem unhygienischen Bordell, welches bei Ihnen unter der Bezeichnung Rathaus firmiert, aus der Welt schaffen zu können. Was mich persönlich betrifft, so würde ich mich lieber freiwillig zum Spielzeug eines türkischen Kavallerieregiments erklären, als mir in Ihrer schäbigen Stadt die Schuhe schmutzig zu machen. Wie ich jedoch gehört habe,sind die Türken mit den Ehefrauen der Stadträte von Umlaut voll und ganz ausgelastet. Mit freundlichen Grüßen und so weiter. Können Sie das bitte noch einmal vorlesen?»
    Agathe las vor.
    «Das ‹Bordell› gefällt mir nicht», sagte Tibo. «Zu krass. Machen Sie ‹Bordello› daraus. Klingt hübscher.»
    Agathe machte mit ihrer Bleistiftspitze ein paar winzige Zeichen. «Bordello», wiederholte sie. «Doppel-l und in doppelter Kopie.»
    Tibo warf ihr vom Fenster aus einen Blick zu. «Bereit für den nächsten?»
    Sie nickte.
    «An den Bürgermeister Zapf in Umlaut. Anfang. Lieber Zapf, danke für die Einladung. Hoffe auf baldigen Gegenbesuch. Plane übernächstes Wochenende einen Angeltrip. Üblicher Treffpunkt. Bring Bier mit. Grüße, Tibo. Den nur einmal, Frau Stopak, und nehmen Sie einen neutralen Umschlag dafür, nicht das städtische Briefpapier, und nichts davon in die Akten, danke. Ach, und schreiben Sie lieber ‹persönlich› drauf. Danke, das wär fürs Erste alles.»
    Agathe stand auf und ging, und Tibo schaute ihr dabei zu, er wartete ab, bis sie ganz aus seinem Blickfeld verschwunden war, bevor er sich wieder an den Schreibtisch setzte. Nebenan fing Agathes Schreibmaschine zu rattern und zu sirren an, während Tibo verträumt lauschte.
    Um zehn Uhr wurde der Rathausplatz abermals von Glockengeläut erfüllt. Tibo warf einen Blick auf seine Armbanduhr und machte sich bereit, zum Amtsgericht zu gehen.
    In der Mappe auf Agathes Schreibtisch lagen die drei Briefe schon bereit. Sie hielt Tibo die Mappe hin, als er vorbeikam. «Zur Unterschrift, Herr Bürgermeister.»
    Tibo klopfte seine Jackentaschen ab, fand den Füller und unterschrieb zwei der Briefe. Auf den letzten Umschlag kritzelte er eilig etwas, bevor er ihn unordentlich zusammenfaltete und in seiner Brieftasche verschwinden ließ. «Das ist ein sehr hübsches Kleid», sagte er. «Sie sehen heute sehr hübsch aus. Nun ja, wie immer, wollte ich sagen. Sehr hübsch.»
    «Danke», sagte Agathe bescheiden.
    «Sehr. Hübsch.» Tibo fing an zu

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