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Die Liebeslotterie

Die Liebeslotterie

Titel: Die Liebeslotterie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Nicoll
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Verkauf von modernen,
    antiken und antiquarischen Büchern
     
    Tibo liebte den Laden. Er liebte jeden Moment, den er jemals dort verbracht hatte. Zu Hause in seinem Bücherregal bewahrte er immer noch das erste Buch auf, das er je bei Knutson gekauft hatte – als Junge, an einem regnerischen Tag, das Wasser war von seinem Regenmantel getropft und hatte auf dem dunklen Holzfußboden einen Ring gebildet wie das Glas, das er verbotenerweise ohne Untersetzer auf den Tisch gestellt hatte.
    «Alle Bücher in der Kiste dort kosten dasselbe», hatte Frau Knutson gesagt. «Sonderangebot – einer pro Buch.»
    Tibo wusste noch, wie er vor der Kiste gestanden und überlegt hatte. Er hatte so lange gezaudert, dass Frau Knutson längst gegangen war und ihrem Mann die Kasse übergeben hatte, als Tibo endlich zwei alte Schinken hinüberreichte.
    «Tja, junger Mann, was sollen wir dir dafür berechnen?»
    Tibo erinnerte sich an die Welle aus Scham und Angst, die ihn in jenem Moment überflutet hatte. Das Geld war knapp gewesen – so knapp, dass er sich nicht erlauben konnte, wählerisch zu sein. Schon damals hatte er sich auf den Tag gefreut, an dem er so tun konnte, als drehe er nicht jeden Pfennig dreimalum, und mit einem trockenen Krächzen in der Stimme sagte er: «Die Dame hat gesagt, alle hätten denselben Preis – einer pro Stück.»
    Herr Knutson zog eine Augenbraue über den Rand seiner Brille. «Tja, so etwas Dummes hätte die Dame nicht sagen dürfen, denn die Dame hat den Inhalt dieser Kiste weit weniger aufmerksam untersucht als du.» Der Ladeninhaber dachte kurz nach. «Zu diesem Preis kann ich dir nicht mehr als ein Buch überlassen. Welches soll es sein?»
    «Danke», sagte Tibo. Er wusste, man stellte ihn auf die Probe.
    Es war eine schwere Frage für ihn, für den jungen Mann – für den Jungen, der es wagte, hier in Knutsons Buchladen seinen Mann zu stehen und auf seine Rechte zu pochen, während sein Mantel einen Ring auf den Boden tropfte. «Danke», sagte er, «ich nehme das hier.» Und damit tippte er auf den Rücken einer illustrierten Dante-Ausgabe.
    «Sicher?», fragte Knutson. «Ganz sicher? Du kannst es dir immer noch anders überlegen. Du könntest das andere nehmen.»
    «Nein, vielen Dank, ich bleibe dabei.»
    «Dann werde ich es dir einpacken.» Herr Knutson zog einen Streifen braunes Packpapier von der Rolle, die hinter dem Tresen hing, riss es mit einer schwungvollen Armbewegung ab und wickelte das Buch routiniert ein. Er streckte eine Hand nach der Münze aus.
    «Tut mir leid», sagte Tibo, «ich habe nur einen Fünfer.»
    «Und jetzt soll ich dir vier zurückgeben? Junge, du hast ja keine Ahnung, was du mir antust. Du ruinierst mich.» Herr Knutson drehte die Kurbel der Kasse, und die Schublade sprang mit einem metallischem Klingeln auf. Mit mürrischerGeste zählte er vier Münzen in Tibos Hand, und dann ließ er Tibo bis zur Tür nicht mehr aus den Augen. «Du hast die richtige Wahl getroffen. Das Buch ist vierhundert wert», sagte Herr Knutson.
    Tibo war entgeistert. «Das tut mir sehr leid! Sie bekommen es selbstverständlich zurück.»
    Aber Knutson hob abwehrend die Hand. «Selbstverständlich wirst du es behalten. Du und ich, wir haben einen Vertrag. Und Vertrag ist Vertrag, Junge – das solltest du dir merken. Hier wird keiner über den Tisch gezogen. In Knutsons Buchladen wird niemand über den Tisch gezogen – niemals. Das ist eine Frage der Ehre. Aber, in Gottes Namen, trage das Buch unter dem Mantel nach Hause. Es regnet!» Und die Hand, die eben noch als Stoppschild fungiert hatte, entließ Tibo mit einem knappen Wink.
    Das kalte, helle «Ping» der Türglocke, das Tibo damals in die Gasse entlassen hatte, hieß ihn heute willkommen. Und im Ladeninnern war alles unverändert, abgesehen von dem Platz, an dem früher Herr Knutson gestanden hatte und den Frau Knutson jetzt allein ausfüllte wie eine Buchstütze ohne Gegenstück, wie ein übrig gebliebenes Mängelexemplar.
    Sie begrüßte Tibo mit einem herzlichen «Bürgermeister Krovic!», dabei hätte sie ihn, nach so langer Zeit und wo sie ihn doch von Kindheit an kannte, natürlich mit Vornamen ansprechen dürfen.
    Aber Frau Knutson schien der Meinung zu sein, es nütze dem Ansehen ihres Ladens, den Bürgermeister von Dot zu ihren Kunden zu zählen, und so benutzte sie seinen Titel mit mütterlichem, besitzergreifendem Stolz. Er war nicht bloß irgendein Bücherwurm, der sich zwischen den Regalen herumdrückte, Bücher

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