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Die Liebeslotterie

Die Liebeslotterie

Titel: Die Liebeslotterie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Nicoll
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nicht. Er ist in Ordnung. Wirklich!»
    «Nach allem, was er getan hat?», zischte Agathe.
    «Das war nicht der Rede wert. Er hat es nicht böse gemeint. Schnee von gestern.»
    «Du bist zu nachgiebig», sagte sie. «Aber ich mag dich so.» Und mit der freien Hand drückte sie Tibos Arm, sie kuschelte sich an ihn und legte ihre Wange an seine Schulter, so, wie sie es auf der Albrechtstraße gemacht hatte, bevor das Taxi gekommen war. «Oh, ich habe Puder auf dein Sakko geschmiert. Entschuldige», sagte sie und wischte über den Stoff.

 
    NUN PASSIERT so etwas tatsächlich ja niemals, außer in Märchen, aber sagen wir, eine Möwe überfliegt Dot auf dem Heimweg nach einem langen, anstrengenden Tag, an dem sie um den Schornstein der Fähre nach Dash herumgejagt ist, einen Ausflug zu den Docks oder zu den Abfalleimern des Fischmarktes immer im Hinterkopf – wenn also jene Möwe in ausreichender Höhe geflogen wäre und zufälligerweise nach unten geschaut hätte, hätte sie am einen Ende der Stadt Agathe sehen können, die sich aufgrund von Wärmemangel an Tibo schmiegte, und Tibo, der sich aufgrund von Platzmangel an Yemko schmiegte; und hätte die Möwe ihren Blick auf das andere Ende von Dot gerichtet, hätte sie möglicherweise durch das Küchenfenster einer Wohnung in der Aleksanderstraße zwei Männer beim Essen sehen können. Selbstverständlich hätte die Möwe das Gespräch der beiden unmöglich hören können, da sie in großer Höhe unterwegs war und ihr ein kräftiger Wind aus Dash um die Ohren pfiff. Da aber die besten Geschichten – und so auch diese – aus Wörtern gemacht sind, so wie Häuser aus Ziegelsteinen und Strände aus Sandkörnern, wäre es wohl das Beste, nicht allzu viel Zeit mit jener Möwe zu vergeuden.
    Wenn aber beispielsweise der Kater Achilles in der Wohnung in der Aleksanderstraße am Ofen in der Küche gesessen hätte, hätte er jedes einzelne Wort gehört. Und in der Tat war Achilles sich gerade mit der Pfote über die Ohren gefahrenund hatte sich vorgenommen, die nächsten Minuten mit dem Ablecken seiner Genitalien zu verbringen, als ihn der Knall von Agathes neuer Bratpfanne, die in die Spüle geworfen wurde, unter das Sofa jagte.
    «Ist noch Brot da?», fragte Stopak.
    «Nur ein Rest», sagte Hektor, zog eine dicke Scheibe durch das Bratfett auf seinem Teller und verschlang sie mit einem wölfischen Schnappen.
    «Sind noch Eier da?»
    «Du hast einen ganzen Karton davon gegessen. Kein Wunder, dass du groß wie ein Ochse bist.»
    «Ich muss in Form bleiben.»
    «Klar», sagte Hektor. «Deine Agathe setzt dir wieder mächtig zu, was? He? Richtig?»
    Stopak gab sich empört. «Sie ist ein wildes Tier. Kann ihre Finger nicht von mir lassen. Die ganze Zeit geht das so, pausenlos. Ich habe keine Minute Ruhe.»
    Er biss ein hufeisenförmiges Stück Brot aus einer dicken Scheibe heraus und hinterließ einen buttergelb leuchtenden Zahnabdruck.
    «Noch Bier da?»
    «Im Eckschrank.»
    Hektor stand auf, um nachzusehen. «Sind nur noch ein paar Flaschen übrig», sagte er. «Aber die Drei Kronen öffnen gleich. Weil du mein Kumpel bist, werde ich dir gestatten, mir einen auszugeben.»
    Für eine Weile saßen sie schweigend da. Stopak stocherte in einem Haufen aufgewärmter Bratkartoffeln herum, während Hektor sich zurücklehnte und Rauchkringel an die Decke blies.
    «Diese Agathe, hm?»
    «Ja, diese Agathe – was für eine Frau, das kann ich dir sagen.»
    «Klar. Lieber Cousin, du bist ein Glückspilz.»
    Stopak brachte kein Wort heraus. Er mühte sich mit einem riesigen Brocken Speck ab, bis er schließlich wieder sprechen konnte: «Hör mal, Hektor, manches wird einfach überschätzt. Wenn eine Frau so gut aussieht wie meine – der reinste Fluch, mein Freund. Der reinste Fluch. Sie ist wie ein wildes Tier.»
    «Es muss die Hölle sein.»
    «Die Hölle.»
    «Sicher hättest du einiges zu berichten.»
    «Du würdest nicht die Hälfte davon glauben, mein Freund.»
    «Wenn diese Matratze reden könnte, was?»
    Stopak grunzte mit vollem Mund, sagte aber nichts. Selbst, als Hektor schweigend dasaß und ihn zum Sprechen aufforderte, indem er die Art von Konversationslücke entstehen ließ, die nach einer Anekdote von der nackten, gierigen Agathe nur so schrie, sagte Stopak nichts.
    Er nahm einen großen Schluck aus seiner Flasche. «Was tust du da?»
    «Ich zeichne dich.»
    «Viel Spaß.»
    «Du bist ein ausgezeichnetes Modell. Ich habe ganze Skizzenblöcke voll mit dir.»
    «Ich bezahle

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