Die Liebesluege
spielen: Jede Klasse schleppt drei Arme mit. Du kannst die Last erleichtern, indem du zehntausend Euro im Jahr spendest. Damit rückst du in der Beliebtheitsskala einen Schritt vor. Spende zwanzigtausend Euro, dann darfst du zwei vorrücken … und so weiter und so fort. Die Grenze nach oben ist offen, merk dir das, Charly.«
Max lächelte verbindlich. »Aber selbstverständlich kann dein Erzeuger die Spende steuerlich geltend machen, was die Ausgabe für ihn um die Hälfte reduziert. Zurück zu dir und deinem scheußlichen Outfit, Elena. Hast du kein Interesse an Kleidung? Oder hast du kein Geld, weil dein Vater ein Geizhals ist?«
Unwillkürlich biss Elena auf ihrem Zeigefingerknöchel herum. Wie sollte sie das so auf die Schnelle erklären? Klar war ihr Vater ein Geizhals. Es hätte nichts gebracht, sich
schöne Kleider zu wünschen, alles, was er je locker machte, ging ja an ihre Schwester …
»Das Baby lutscht noch am Daumen!« Mia verzog angewidert das Gesicht.«
»Sorry.« Elena verschränkte die Hände hinter dem Rücken. Plötzlich sah sie das Gesicht ihres Vaters vor sich, und unwillkürlich stieß sie hervor: »Ja, mein Vater ist krankhaft geizig, und ja, ich hatte nie Geld für anständige Kleider, und nochmals ja, deshalb war’s mir schließlich egal, dass ich wie eine Vogelscheuche daherkomme.« Entsetzt über ihren Ausbruch verkroch sie sich in sich selbst.
»Obwohl dein Vater geizig ist, besuchst du Villa Rosa?«, erkundigte sich Mia ungläubig. »Das macht doch keinen Sinn.«
O doch, dachte Elena wütend. Wenn du einen Vater hättest, der dich kleinmachen möchte, dann macht das sehr wohl Sinn.
»So ist es nun mal.« Sie zuckte die Schultern.
»Abartig. Tatsache ist, dass du dich mit dieser Kleidung als Spießer outest. Dazu kommen noch dein Haarschnitt und die unsägliche Brille. Ist ein Kassengestell, was?« Mia schüttelte den Kopf. »Was machen wir nur mit dir?«
Elena hätte am liebsten gefragt, weshalb die fünf so besorgt um sie waren.
Max deutete ihren Gesichtsausdruck richtig. »Ne, wir sind keine Gutmenschen, Elena. Es ist nur so, dass jeder von uns am Anfang seine Schwierigkeiten hatte, allerdings waren wir in Klasse Fünf alle in derselben beschissenen Lage. Ihr jedoch -«
Mia trat einen Schritt vor. »Wir geben jedem neuen Mitschüler eine gewisse Schonfrist. In dieser Zeit habt ihr euch einzufügen. Wenn euch das gelingt, dann bekommt ihr den
Hauspulli. Wenn nicht, bekommt ihr den Pulli nicht und müsst gehen. So einfach ist das.«
»Hauspulli?« Charly runzelte die Stirn.
»Hast wohl das Kleingedruckte nicht gelesen?« Max schüttelte den Kopf. »Wir tragen keine vollständige Schuluniform; als Zeichen der Zugehörigkeit bekommen die Neuen nach drei Monaten den Schulpulli. Der ist so was wie unser Adelsprädikat und zeigt, dass man in die Gemeinschaft von Villa Rosa aufgenommen wurde.«
»Er ist der Beweis dafür, dass man’s geschafft hat«, ergänzte Victoria.
»Wo kann man ihn kaufen?«, erkundigte sich Charly sofort.
Die fünf lachten.
»Darling« - Sophia-Leonie liebte das Wort offensichtlich - »du kannst ihn nirgends kaufen. Du bekommst ihn verliehen!«
»Von wem?«
»Von Professor Mori natürlich. Du bekommst den Pulli, deine Eltern die Rechnung.«
»Gibt es eine Möglichkeit, ihn vorzeitig zu erwerben? Ich würde ihn selbst bezahlen.«
»Wir verleihen keine Vorschusslorbeeren.«
»Schade.«
»So ist das nun mal. Bleibt die Frage, was wir mit Elena machen. Wie hoch ist dein Taschengeld, Elena?«
Elena nannte zögernd einen Betrag, der die fünf gequält aufjaulen ließ. Als Max Elena zum Sozialfall erklärte, legte Charly ihr den Arm um die Schultern.
»Ich kümmere mich um sie«, sagte sie entschieden. »Eine Frage noch: Warum seid nicht ihr unsere Paten? Warum Valerie und Swetty?«
»Swetty!« Sophia-Leonie kicherte. »Der Name ist göttlich, Darling! Tja, warum?«
»Weil es Professor Mori so wollte«, antwortete Max leichthin. »Haben euch die beiden das Haus gezeigt?«
Charly und Elena nickten.
»Die Turnhalle? Den Park? Haus Shelley, wo die Jungs untergebracht sind?«
»Nein.«
»Haben sie euch wenigstens die Story unseres Pavillons erzählt?«, ergänzte er.
»Nein. Gibt es da was Besonderes?«
»Und ob! Aber was habt ihr bisher gemacht?«
»Wir haben ausgepackt. Wieso?«
Die fünf schauten sich bedeutungsvoll an. »Wir hätten«, begann Max zögernd, »noch vor dem Abendessen Zeit, euch mit der Anlage von Villa Rosa bekannt zu machen
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