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Die Lilie von Florenz

Die Lilie von Florenz

Titel: Die Lilie von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Gordon
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Studium der Rechnungsbücher eines klar gemacht: das Vermögen ihrer Familie bestand nur noch aus wenigen Geldreserven. Und Luigis Stimme.
    Ihr Vater hatte in den letzten Jahren jeden Fiorin für Luigis Ausbildung aufgewendet. Monat für Monat hatte er eine unvorstellbar hohe Summe an das Konservatorium in Florenz gezahlt. Allegra hatte bisher immer gedacht, Luigis Ausbildung sei nicht so teuer. Hatte er nicht auch ein Stipendium bekommen? Und warum hatte ihr Vater so viel Geld aufgewendet?
    Aber sie ahnte die Wahrheit. Ihr Vater war alt und seine Investitionen, die er in Luigis Stimme gemacht hatte, waren eine Investition in die Zukunft. Denn Luigi hatte keine reiche Heirat zu erwarten. Seine einzige Chance, zu Reichtum zu gelangen, war seine Stimme. Allegra wusste, dass viele Kastraten in den ersten Jahren ihrer Karriere nicht für die eigene Tasche sangen, sondern zunächst die Schulden beim Konservatorium begleichen und ihre Ausbildung mit Zins und Zinseszins zurückzahlen mussten.
    Das hatte ihr Vater zu verhindern gewusst. Doch die Verlobungsfeier, die er für Allegra und den Conte ausrichtete, hatte seine finanziellen Möglichkeiten bei weitem überstiegen, und darum hatte er Luigi gebeten, sein Debüt verkaufen zu dürfen. Allegra hatte in dem Rechnungsbuch eine Schuldverschreibung gefunden, die einem römischen Adeligen Luigis Honorar zusicherte.
    Sie seufzte und setzte sich wieder an den Schreibtisch. Ohne Appetit knabberte sie an dem hellen knusprigen Brot, das sogar noch ein bisschen warm war. Dabei hatte sie seit dem kargen Frühstück, das sie noch vor Sonnenaufgang in dem Gasthof zu sich genommen hatte, nichts mehr gegessen.
    Endlich nahm sie den Brief zur Hand, der ihren Vater so sehr erzürnt hatte. Sie konnte dem Unausweichlichen nicht länger entgehen und entfaltete den Brief, den Matteo geschrieben hatte. Der Brief, der Schuld war am Wahnsinn ihres Vaters und der damit einhergehenden schweren Erkrankung.
    Sie begann zu lesen.
    Die Zeilen verschwammen vor ihren Augen.
    â€¦ Muss ich Euch an unsere Abmachung erinnern, Signore? … nicht unbeträchtliche Summe vorgeschossen … Verlobung lösen … falls Ihr nicht die Schuld von zweitausend Fiorini begleicht …
    â€žSignora, Signora!“
    Allegra schrak hoch. Was war passiert? Sie hatte das Gefühl, als wäre ihr Kopf leicht. Und doch war er schwer auf die Tischplatte geknallt, als sie wohl plötzlich das Bewusstsein verloren hatte. Der Brief in ihrer Hand war zerknüllt, an einer Ecke sogar eingerissen.
    Lucia beugte sich besorgt über sie.
    â€žSignora, warum habt Ihr nichts gegessen? Geht es Euch nicht gut? Seid Ihr krank?“
    Angst schwang in Lucias Stimme mit. Allegra konnte es ihr nicht verdenken.
    â€žEs ist schon in Ordnung“, sagte sie mit tränenerstickter Stimme.
    â€žAber Ihr habt nichts gegessen.“ Beinahe vorwurfsvoll klang jetzt die Stimme ihrer Zofe. Sie hielt Allegra eine Decke entgegen. „Und Ihr friert bestimmt.“
    Ohne Allegras Antwort abzuwarten, begann sie, ihre Herrin in die Decke zu wickeln. „Und Eure Finger sind auch eiskalt“, schimpfte sie leise.
    Allegra lächelte nachsichtig. Sie fuhr sich mit einer Hand durch das erhitzte Gesicht und versuchte, ihre Gedanken zu ordnen, aber Lucia hatte es sich jetzt in den Kopf gesetzt, sich ernsthaft um ihre Herrin zu sorgen und sie ein wenig zu bemuttern.
    â€žEsst.“ Sie schob die Schüssel mit der Suppe über den Tisch. Streng war ihr Blick, und Allegra nahm gehorsam den Löffel und begann, die Suppe zu löffeln.
    â€žWie geht es meinem Vater?“, fragte sie zwischendurch, doch Lucia klopfte mit dem Fingerknöchel nachdrücklich auf die Tischplatte.
    â€žErst essen“, sagte sie streng. Dann fügte sie hinzu: „Er schläft. Signore Tabucchi hat ein kleines bisschen trockenes Holz im Dorf aufgetrieben, und wir haben das Krankenzimmer durchgelüftet und neu eingeheizt, wie Ihr es befohlen habt. Der Arzt ist im Nachbardorf, ein Mann ist dort wohl vom Hausdach gefallen. Er lässt ausrichten, dass er so schnell wie möglich kommen wird, noch in dieser Nacht.“
    â€žGut“, sagte Allegra leise. Sie aß schweigend. Als sie die Suppenschüssel beiseite schob, breitete sich bereits eine wohltuende Wärme in ihrem Innern aus.
    â€žHier.“ Lucia schob ihr den Teller mit dem Hühnchen hin. Allegra seufzte und begann, auch diese

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