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Die Lilie von Florenz

Die Lilie von Florenz

Titel: Die Lilie von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Gordon
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lag sorgfältig zusammengefaltet ein Reisekleid aus Samt. Sie hängte es auf, bevor sie ins Bett ging. Doch als sie die Kerzen löschte, konnte sie immer noch das dunkle Kleid sehen, das sich wie eine drohende Gestalt vom Schrank abhob.
    Ab morgen war sie wieder daheim. Ab morgen war sie wieder eine Frau, und sie musste fürchten, dass Matteo jederzeit auftauchte, um die Eheschließung einzufordern.
    Doch sie beschloss, sich darüber erst morgen Sorgen zu machen.

11. KAPITEL
    Obwohl seit ihrem Fortgang nur knapp zwei Wochen vergangen waren, hatte Allegra das Gefühl, in einer anderen Welt anzukommen, als die Kutsche am nächsten Tag zur Mittagsstunde in das Rondell vor dem Landgut einbog.
    Und sie begriff auch schon bald, woran das lag.
    Denn mit dem Regen und dem Sturm, der in der Nacht an dem Fensterchen ihrer Kammer gerüttelt und ihr den Schlaf geraubt hatte, war der Herbst gekommen.
    Blätter fegten über den ungepflegten Rasen, auf dem vor kurzem noch das größte Fest gefeiert worden war, das dieses Haus je erlebt hatte.
    Als die Kutsche anhielt, kamen zwei Diener aus dem Haus geeilt. Einer öffnete den Schlag und klappte die winzige Stiege aus, während der andere die kleine Reisetasche entgegennahm und etwas ratlos wirkte, da die Tochter des Hauses mit so wenig Gepäck anreiste.
    â€žBring es in mein Zimmer“, sagte Allegra. „Wo ist mein Vater?“
    Der Diener, der ihr aus der Kutsche geholfen hatte, verneigte sich. „Er liegt zu Bett, Signora Allegra. Ihm ist seit Tagen schon nicht wohl gewesen, daher hielt es Signore Tabucchi für geraten, Euren Bruder zu benachrichtigen.“
    â€žMein Bruder ist in Florenz unabkömmlich.“
    Allegra ging auf das Haus zu. Ihr war dieses Landhaus immer groß und mächtig vorgekommen, aber nun, da sie die Paläste von Florenz kannte, kam es ihr klein und beinahe schäbig vor. Es schnürte ihr das Herz zu, als sie die dunkle Halle betrat und die Treppe ins Obergeschoss ansteuerte.
    Sie musste dringend mit dem Verwalter reden. Doch später war genug Zeit, sich um die Aufgaben zu kümmern, die die tägliche Arbeit auf dem Gut mit sich brachte. Jetzt wollte sie zu ihrem Vater. Sofort.
    Das Schlafzimmer ihres Vaters lag im Dämmerlicht. Die schweren Vorhänge waren zugezogen, und die Luft war stickig, da im Kamin ein Feuer brannte. Das Holz hatte Feuchtigkeit gezogen, und als Allegra das Zimmer betrat, spürte sie den Rauch, der in ihrer Kehle kratzte.
    Sie hätte ihren Vater beinahe nicht wiedererkannt.
    Die letzten Wochen ohne seine Kinder hatten Giancarlo Bandinelli viel Kraft gekostet. Er war nie von besonders guter Konstitution gewesen, doch allein in dem alten Haus, das ebenso wie er dem Verfall preisgegeben war, hatte er sich von Tag zu Tag schwächer gefühlt. Nun lag er den ganzen Tag im Bett. Als Allegra an sein Bett trat, erschrak sie. Seine Wangen waren eingefallen, und die Hände, die stets so gütig über ihr Haar gestreichelt hatten, fuhren in wilder fiebriger Unruhe über die Decke.
    â€žMir ist so kalt“, flüsterte er, als er die Gegenwart eines anderen Menschen spürte. Er hielt die Augen geschlossen, und als Allegra an seinem Bett auf die Knie fiel und nach seiner Hand griff, entzog er sie ihr.
    â€žFeuer! Macht Feuer, verdammt noch mal! Und Licht, ich will meine Frau sehen! Marie“, rief er mit rauer Stimme, die sich im nächsten Moment in einem bellenden Husten verlor.
    Seine Hand glühte von dem inneren Fieber, das ihn aufzehrte. Allegra versuchte, ihn zu beruhigen. Sie streichelte seine Hand. Beruhigend flüsterte sie auf ihn ein.
    â€žVater, ich bin’s. Allegra. Erkennst du mich denn nicht?“, flüsterte sie verzweifelt.
    Endlich öffneten sich flatternd seine Augenlider. Er lächelte. „Marie, mein Engel. Ja, ich erkenne dich.“
    Allegra erstarrte. Er nannte sie Marie … er dachte tatsächlich, ihre Mutter sei zu ihm zurückgekehrt. Sie hielt stumm und verzweifelt seine Hand, während sich auf seinem Gesicht ein so seliges Lächeln ausbreitete, als wäre endlich ein lang gehegter Wunsch für ihn in Erfüllung gegangen.
    Ein Geräusch an der Tür ließ sie herumfahren. Lucia betrat das Schlafzimmer. Sie hielt in den Händen ein Tablett, auf dem eine Schüssel stand. Der würzige Duft einer frisch zubereiteten Brühe stieg von der Schüssel auf.
    Lucia knickste, als sie Allegra sah.

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