Die Lilith Verheißung: Thriller (German Edition)
alles für ihn war, und von einem Volk im Osten, das die Ur-Arier sein sollten. Als ich mich von ihm lossagte, suchte ich dennoch nach diesem Volk. Ein Fehler, verstehst du? Nur er konnte mir helfen. Aber stattdessen nahm ich die Hilfe dieses Kretins an.«
Sie japste jetzt. Jan wusste nicht mehr, was echt und was Wahnsinn war.
»Finanziert hat diese Expedition also mein alter Schulfreund Arwed Köhn. Ich fand auf meinen Ausgrabungen im Irak und Iran sehr viele Hinweise auf eine Zivilisation, die von diesen Gogs besiegt und zerstört wurde. Es ist das Volk von Aratta. Sie lebten vor mehr als 5000 Jahren dort, verehrten eine Göttin, Lilith. Aber dann kamen die Krieger aus dem Nordosten. In der Bibel werden diese Krieger die ›Gogs aus Magog‹ genannt. Sie galten als das Böse schlechthin. Bei den Ausgrabungen wiederum fand ich auch heraus, warum sie immun waren. Diese Gogs hatten ein Volk besiegt, älter, als wir uns vorstellen können, und es war im Besitz vieler Antiseren. Diese Kultur, dieser Staat kannte die Pest, die Pocken und die meisten anderen Krankheiten. Sie waren sowohl im Besitz der Erreger als auch im Besitz ihrer Gegenmittel. Und die Gogs profitierten davon. Ich konnte nur wenige Mengen dieser getrockneten und in Harz eingelegten Seren bergen.«
Jan war sich nicht sicher, ob er träumte. Das klang alles so bizarr. »Woher wusstest du, dass sie wirksam waren?«
Almut lächelte. »Ich ließ sie in einem Labor in Istanbul auf ihre Wirksamkeit testen. Ein großer Teil der Seren kam hier nach Deutschland. Dann hat Arwed noch eine Probe erhalten, um sie in seinen Labors in Holland zu testen. Ohne es mir zu sagen, entwickelte er daraus ein Antiserum.«
»Also steckt er hinter den Anschlägen?«
Sie nickte, und ihr Gesicht verzerrte sich vor Schmerz. »Die Menschen aus Aratta kannten nicht nur diese Krankheiten, sondern waren wohl auch viel hochzivilisierter, als wir es uns vorstellenkönnen. Die Gogs zerstörten zwar fast alles. Aber das Wissen, das dieses Volk besaß, wurde in einem Text aufgeschrieben, in Karten festgehalten und von wenigen Überlebenden nach Indien gebracht. Von dort gelangte es auf sonderbare Weise wieder in den Westen. Mein Bruder hatte herausgefunden, dass Hieronymus Bosch dieses Wissen in Venedig einsah, es in seinem Werk verarbeitete und nach Norden schmuggelte. Wer also dieses Werk besitzt, hat das Wissen aus dieser Zeit in der Hand, aber er sieht auch das Antlitz der Lilith und das Grauen des eigenen …«
Faruk trat ein. Jan konnte deutlich seine Anspannung erkennen.
»Ich glaube, wir haben ein Problem. Jemand hat die Schüsse gehört. Ich habe zwei Pfleger mit Pistolen gesehen. Und ich fürchte, sie waren nicht auf dem Weg zu einer Operation. Wir sollten hier nicht bleiben.«
Jan sah sich um. Gab es hier die Möglichkeit, die Kinder zu holen? Almut jetzt wegzubringen, war kaum möglich. Er war Arzt. Vor ihm lag eine Hochschwangere mit einer mehr als spektakulären Geburt von abnorm großen Zwillingen. Hier war der beste Ort, sie zur Welt zu bringen. Alles andere würde Almut und ihre Kinder in Lebensgefahr bringen.
Die Welle des Schmerzes ließ nach. Almut sah, wie Jan mit sich rang. »Schaff mich hier weg. Die Pfleger werden zu Sandmanns Team gehören. Es ist von Hermel ausgesucht worden. Wenn sie erfahren, dass Hermel geflohen ist und Sandmann hier liegt, werden sie mich und euch töten.« Sie nahm Jans Hand. »Du musst mir helfen, du bist Arzt.«
Faruk sah durch den Türspalt auf den Flur. »Sie kommen.«
Der Alte Südfriedhof in München teilt sich in zwei Areale, die von einem Radweg und einem Kinderspielplatz, auf dem in normalen Zeiten wohlhabende und zufriedene Mütter auf die von ihnen vergötterten Kinder blicken, durchschnitten werden. 1563 wütete eine Pestepidemie in der Stadt, die zahlreichen Toten warf man auf dieses Gelände, das damals außerhalb der Stadtmauern lag. Nach und nach avancierte das Areal zum Zentralfriedhof.München wuchs, und es wurde kräftig gestorben, der Boden war nach 300 Jahren »übersättigt«, wie es in der Sprache der Friedhofsverwaltung heißt, und so wechselte seine Bestimmung vom Gottesacker zum Park mit verwitterten Grabsteinen. An jedem Eingang weisen Schilder auf die großen Berühmtheiten hin. Metzger, Brauereibesitzersfrauen und Privatiers wetteifern miteinander mit ihren zu Stein gewordenen Allmachtsphantasien. Nur die wirklich Großen bekamen eine Grabplatte. Wie Max von Pettenkofer, das Universaltalent aus
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